Nachtasou
..., sondern ich habe sie lediglich zum Anlass genommen, mich ganz unerheblich zu bdsm-Moritaten zu äußern.
Ich habe erst mal „paraphil“ ergoogelt. Mit „Philien“ kenne ich mich sonst nicht so aus, ich hab’s eher mit Phobien. Erstaunlich, welche Zustände man innehat, ohne es zu wissen. Wenn ich nichts übersehen habe, bin ich auch paraphil, zu mindestens in Teilaspekten. Und hab mal wieder was gelernt.
Mein Käfig hat einen Garten und an zwei Seiten eine blickdichte Hecke. Die Hypothek ist abbezahlt. Aber man muss auch sagen, dass die Käfige früher deutlich kleiner waren. Und weniger komfortabel. Mein Käfig hat immerhin Heizung, Strom, fließendes Wasser und Internet. Noch früher wäre ich wahrscheinlich als Hexe verbrannt worden. Ist auch ein Aspekt.
Paraphilie ist ja auch stufenlos einstellbar, genauso wie alle Phobien, jeglicher Morbus und andere Syndrome, und auch das Alter. Letzteres leider irreversibel. Irgendwo auf dieser Schiene sitzen wir, jeder von uns.
So ist es an schlechten Tagen. An guten Tagen definiere ich mir Haus und Garten so lange schön, bis die Summe Glück heißt. Die meisten Tage liegen dazwischen. Stufenlos.
Lieber Nachtasou, ich mag es sehr, wenn man Dinge auf einen Punkt bringt und ihr Wesen herausarbeitet. Doch wenn ich deine Gedankengänge weiterverfolge, gibt es am Ende entweder nur noch BDSM Geschichten oder gar keine. Alles Eintopf.
Mit dem richtigen Blickwinkel lässt sich alles auf Eintopf relativieren. Und den mag ich nicht. Meistens jedenfalls.
Ich mag lieber kaltes Buffet, wo jeder sich seins nehmen kann. Letzten Endes geht es doch immer um eine Definition von Glück und unserem Konzept von dessen äußerem Erscheinungsbild. Wie sieht ein glücklicher Mensch aus? Wieviel Verantwortung habe ich für das Glück anderer?
Wo ist der Unterschied zwischen Glück und Selbsttäuschung? Ist es schlimm, wenn ich es selber nicht merke?
Auch Grenzen sind stufenlos. Jeder empfindet sie anders, aber jede Epoche und jede Gemeinschaft hat doch ihre gemeinsame Definition.
Man trifft ja auch manchmal Entscheidungen, ohne im Entferntesten zu ahnen, was daraus entsteht. Manches kann man rückgängig machen. Wir sind im Urlaub auch mal umgekehrt, wenn der Weg zu schwierig war. Bevor einer abstürzt …
Manchmal ist es auch zu spät um umzukehren, weil der Schaden schon angerichtet ist oder man keine Kraft mehr hat. Wenn ich zum Beispiel vorher gewusst hätte, dass das mit der Bildung so nach hinten losgeht, weil man das Elend in seinem Ausmaß erkennt. Lässt sich jetzt auch nicht mehr ändern. Höchstens mit ganz viel Alkohol.
Is jetzt eigentlich der paraphile oder der verschnarchte Dom besser? Nur für den Fall, dass ich mich mal entscheiden muss …
Gruß
hanne
25.10.2017 um 17:03 Uhr
Die Stärke der Geschichte liegt darin, Emotionen zu wecken. Es funktioniert, wie ich an den Kommentaren sehe, ganz wunderbar.
Was finde ich noch?
Der Text macht mich am Anfang neugierig, baut und steigert Spannnug, löst sie am Ende in bösem Ausgang.
Ich habe eine handwerklich stark gemachte Kurzgeschichte gelesen, ganz ohne Holper, flüssig, stilistisch gut, diszipliniert durchgearbeitet.
Was erreicht der Text?
Viel Lehre, Stirnrunzeln, erwachende Entrüstung und (treffsicher, Nachtasou), den Auslöser für das wunderbare Gefühl, ein Guter zu sein.
Weg vom BDSM sind solche Geschichten überall präsent, in der Arbeitswelt, in eheartigen Zwanssymbiosen, häufig dort, wo Abhängigkeiten verschiedener Art bestehen. Da rede ich noch gar nicht vom viel härteren Lebens-SM in Zweit- und Drittweltländern. Da kommt man, im Gegensatz zur gestörten Sophie, nicht raus.
Weshalb aber wirken diese anderen Geschichten nicht so zornauslösend? Weil sie ständig passieren, täglich, häufig, ungezälhlt ganz real? Weil sie nicht geschrieben werden? Weil sie niemand lesen will? Weil sie, konsequent weitergedacht nur eine Störung meines harmoniebedürftigen Genusses sind?
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