Schattenwölfin
Ich erlebe gerade, wie jemand, der mir persönlich recht nahe steht und grundsätzlich den Hang dazu hat, die Dinge sich schönzusehen und schönzureden, das auf einer Ebene tut, auf der das durchas existenzielle Folgen haben kann. Und ich finde es schlimm mitanzusehen, wie dieser Jemand offenen, aber nicht sehenden Auges in sein Unglück rennt, indem er sich (und anderen) etwas vormacht, um am Ende des Tages in dem Glauben einzuschlafen, glücklich zu sein.
Woher weißt du das und bist dir da so sicher? Aus welchem Wertesystem heraus ist diese Überzeugung gewachsen?
In Suters Roman "Der Elefant" ist einer der Protagonisten der Obdachlose Fritz Schoch, der vorher bei einer Bank gearbeitet hat. Mittlere Leitungsebene mit gutem Auskommen. Er hat sich bewusst aus dem gutbürgerlichen Leben verabschiedet, weil er es leid war, die Erwartungen anderer zu erfüllen, Pflichten zu haben.
Was bitteschön ist Glück, was Unglück.
Ich würde das so nicht wollen. Andererseits gefällt mir auch nicht alles, was ich den lieben langen Tag so tue.
Gerade wir mit unserem BDSM Kontext, mit unzähligen Varianten und Fetischen, haben keinen Grund, uns selbst als Maßstab zu nehmen. Wessen Eltern würden nicht sagen, dass wir mit unsere Partnern ins Verderben rennen. Na gut, meine, die kennen ihren Schwiegersohn schon lange. Aber wenn ich als junges Mädchen mit so einem Peitschenschwinger angekommen wäre, hätten meine Eltern sich sehr gesorgt.
Schattenwölfin
Was ich nun nicht weiß: Ist der Glaube so fest, dass es eine Überzeugung ist? Oder ist es nur eine wie auch immer geartete Verdrängung? Schwant dem Jemand im ein oder anderen Moment sogar, dass er sich etwas vormacht?
Wo ist für dich der Unterschied zwischen Glauben und Überzeugung?. Es ist doch beides etwas, das ich nicht direkt beweisen kann, von dem ich aber sicher bin, dass es existiert/ richtig ist
Schattenwölfin
Und inwieweit geht mich das überhaupt etwas an, wie ein Mensch mit seinem (un)Glück und dessen Wahrnehmung umgeht, solange er damit mein Glück nicht berührt?
Da muss man zuerst definieren, was es bedeutet, dass jemand mit seinem Unglück unser Glück stört. Und auch, in welcher Beziehung wir zueinander stehen. Wie kann ein anderer mit seinem Unglück mein Glück stören? Weil ich es nicht mit ansehen kann? Dann kann ich wegsehen oder eben nicht. Das ist zuerst eine Gewissensfrage und unter Umständen sogar strafrechtlich relevant, wenn es um unterlassene Hilfeleistung geht, aber das hast du sicher nicht gemeint.
Oder weil ich für das Unglück des anderen direkt oder indirekt mit verantwortlich bin? Weil zum Beispiel ich den Job bekommen habe und nicht er/sie? Dann ist es auch eine Gewissensentscheidung. Wenn ich, um zur eigentlichen Geschichte zurückzukommen, diese Sophie in die SM Szene eingeführt hätte, bin ich dann für ihr Schicksal zuständig?
Aber vielleicht betrifft mich das Unglück auch direkt. Wenn mein Mann seine Arbeit verliert, vielleicht sogar durch eigenes Verschulden, dann hänge ich da mit drin, klar. Gibt mir das das Recht, Forderungen zu stellen?
Ein schönes Beispiel ist die Geschichte aus "Der SM Richter", wo der Mann seine Arbeit und gesicherte soziale Stellung verloren hat, als sein "fragwürdiger" Lebenswandel an die Öffentlichkeit drang. Was bedeutet für diesen Mann Glück.
Die Kernfrage für mich ist aber immer noch, was ich für mich mit dieser Sophie anfange. Warnung oder eher wohliges Gruseln - oder einfach eine weitere Facette?
Gruß
hanne