Beste Ronja,
»In meinem Kopfkino beginnen sich schon erotische Szenarien zu entwickeln. Ohne dass ich dies unterbinden kann.« Steht im Text.
Nicht nur das Kopfkino, sondern auch die äußere Realität gerät in dieser Geschichte außer Kontrolle.
Du hast ohne Schnörkel geschrieben, und darin einen unerwarteten Verlauf geplant. Nach dem Wendepunkt entfernt sich das Geschehen völlig von der Eingangsszene. Das hat mich kurzzeitig befremdet. Die beiden Teile gehören jedoch zusammen, das war spürbar.
Was spielt sich ab? Der Mann gibt den Takt des Treffens vor. Während er noch mit Aufwärmen beschäftigt ist, sind die Gedanken seiner Sub schon in vollem Lauf und opulent. Sie hält sich bedeckt: Das Offensichtlichwerden des Innern nämlich könnte peinlich sein? Deshalb ihr Erröten? Offensichtlich wird dann aber so ziemlich alles, in einer ganz anderen Version. Und zwar den Feuerwehrleuten. Ein Fiasko.
So, wie die beiden beschrieben sind, werden sie es miteinander schaffen. Irgendwann, irgendwo anders. Dass man keine Gedanken lesen kann, hat nicht nur Nachteile. Der Vorteil ist, dass man sich Mühe geben muss beim Kennenlernen und es desto mehr knistert. Der Schwelbrand im Kopf lässt Wangen glühen.
Das Plot hat mir sehr gefallen. Für meinen Geschmack hätte es gern etwas mehr Schnörkel geben dürfen. Es ist sehr reduziert auf das Nötige.
Nun werden einige sagen: Mehr muss gar nicht sein, in der Kürze liegt die Würze. Die haben auch Recht, von ihrem Standpunkt aus. Ich mags mehr »unnötiger« *g. Weil: Wenn man das konsequent weiterdächte, was ist schon wirklich nötig? An einer Maschine sollten keine unnötigen Bauteile sein, ein Computerprogramm möglichst wenige Zeilen. Aber ein Bild sollte doch nicht möglichst kleinformatig und eine Geschichte nicht möglichst kurz sein.
Ich habe Bücher gelesen, bei denen ich in der Mitte dachte: Schade, bin schon bei der Mitte.
Und welche, bei denen ich dachte, jesses, erst die Hälfte geschafft ...
Die Ersteren sind mit Sicherheit die Besseren.
Ronja, wenn Du mich mit dieser luxuriösen Unzufriedenheit zurücklässt beim Lesen (»schade, schon fertig«), hast Du beim Schreiben wohl nichts falsch gemacht.