Beste Rebecca Loumé,
(erstmal winke in mein Heimatland *g).
Ich wünsche mir auf den Schattenzeilen öfter mal etwas abseits vom Mainstream zu lesen. Jeder, der sich die Handwerksbücher angeeignet hat, ist jedoch davor gewarnt, Leseerwartungen allzu krass unbedient zu lassen.
Da - soweit ich das überblicke - jeder Schreiber hier sein Geld irgendwie ordentlich zu verdienen scheint und nicht durch Bestseller, wären mehr Freiheiten möglich. (Ich selbst falle da schon mal raus, weil zu alt und ver- und eingebildet).
Von mir bekommst Du schon mal einen Vorab-Punkt für Originelles.
Jetzt käme das "Aber" ...
Kommt es aber vorerst nicht, weil Du sagst, schon seit Jahren zu schreiben (Schreibzwang?), und zwar über Deine Fantasien. Fantasien sind für mich sakrosankt und nicht zu kritisieren oder zu kommentieren. Das ist Deins. Da Du sie aber in eine Textform bringst für andere zum Lesen, darf ich vielleicht doch zu der Form etwas anmerken.
Meine Vorschreiber haben eine pädagogische Absicht in Deinem Text gesehen. Sowas gefällt mir nicht und lese ich nicht. Ich mag auch pädagogische Spiele für Kinder oder Erwachsene nicht sonderlich. (Von wenigen Ausnahmen abgesehen). Wenn das Deine Absicht gewesen ist, wär sie nicht elegant verpackt, denn zu "abstrus" sind beide Charaktere. Da bleibt niemand, mit dem ich mich im Leisesten identifizieren oder mitleiden könnte. Die Frau spinnt eindeutig, und im Text gibt es keine Hinweise darauf, warum er sie lieben sollte oder von ihr fasziniert ist. Sie fickt gut, okay, das könnte reichen. Aber darüber schreibt man keinen Text, weil zu alltäglich.
Ich nehme also nicht an, dass Du die versammelte Mannschaft hier vor Verrückten oder Tücken im BDSM warnen wolltest.
Dein Text changiert ins Genre des Thrillers hinein. Hannibal Lector ist auch gern gesehen worden. Auch er hat eine Backstory. Die meisten Thriller dieser Art bedienen sich seltsamer Küchenpsychologie mit Vergangenheits-Trallala. Womit man Spießbürger ordentlich erschrecken kann.
Ich find, als Thriller geht Dein Text gut durch. Vor allem am Ende. Massaker, oh ja.
Aber in Deinem Kopf möchte ich nicht wohnen *g.
Mangels neuer Genres ist man dazu übergangen, sie zu mischen. Vampirschnulzen zum Beispiel. Sogar sehr erfolgreich. In der Musik hat die Tonleiter ja auch nur sieben Töne (naja) und dauernd zaubert jemand was neues daraus. Warum also nicht BDSM-Thriller? Sogar der erste auf den SZ? Gratulation.
Eine Erinnyie mit Inzestphantasie ist ein Auftakt, der es in sich hat. Und ein Opfer braucht man auch noch. Leider erfährt man über diesen armen Hansel überhaupt nichts, außer dass er sie abgöttisch liebt. Das, nach konservativer Ansicht, ist ein Schwachpunkt im Personal Deiner Geschichte. Ich meine, in guten Thrillern sollten Opfer nicht farblos sein, sonst kommt kein Mitleid auf bei mir; geschweige denn andere Gefühle.
Noch etwas, was meine Geschmacksknospen strapazierte, ist der viele Sabber dieser Frau. Okay, sie schäumt, und Mösensaft ist ja mindestens so wertvoll wie Milch, aber ihr spritzt es ja nur so aus allen Körperöffnungen. Zu viel, da kommt meine Phantasie nicht mit.
Mal ohne Flachs: Weniger ist manchmal mehr. Die schlimmsten Phantasien sind im Kopf der Leser, die muss man nur ankitzeln, dann kommen sie schon von allein.
Im Redrum-Verlag (heißt er so?) gibt´s Schlachter-Thriller, wo sich die Täter und Täterinnen an Lautheit und Schaum vor´m Mund nur so übertreffen (die Autoren eigentlich). Aber dadurch lässt es sich nicht steigern. Im Gegenteil. Das ist wie bei Wagner-Musik: Zu viele Noten und zu oft zu laut für meine sensible Seele. Da werd ich als Hörer gefühlspenetriert.
Danke für diese in Form gegossene Fantasie, die sehr eigenwillig ist, Rebecca. Und Thrill auf den SZ darf ab heute auch sein.
Nur, mit BDSM hat das nix zu tun. Aber, warum eigentlich nicht? Weil die SSC-Formel vor allem vor dem Rechtsanwalt schützt, nicht jedoch vor den eigenen gedanklichen Abgründen.
p.s.
weil Erstling, hab ich "passend zu Geburtstag" angekreuzt.