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Autorin der Woche vom 29.04.2024 bis zum 05.05.2024

Wenn schon die Geschichten der Autorinnen und Autoren der Schattenzeilen interessant sind, um wie viel mehr müssen dann die Menschen faszinieren, die ihre Fantasien, Träume und Erlebnisse - ihr BDSM - so lebendig zu Papier bringen?

Solitaire

Solitaire

Wir stellen dir in dieser Woche Solitaire vor. Mit Solitaire haben wir ein Interview geführt. Im Anschluss findest du alle Veröffentlichungen von Solitaire auf den Schattenzeilen.

Am 12.01.2005 führte Jona Mondlicht dieses Interview mit Solitaire.

 

 

Solitaire, wie kamst Du zu Deinem Nicknamen?

 

Ich weiß gar nicht, wie oft ich schon erklären musste, dass es nichts mit Kartenspiel, James Bond, Diamanten oder irgendwas zu tun hat. Aber die Geschichte ist ein wenig kompliziert. Ich bin AOL-Nutzer und dort hat man bis zu sieben Mailadressen. Und bei AOL gibt es auch so etwas ähnliches wie ICQ. Jedenfalls ist es so, wenn Du online gehst, dann sehen Dich die Anderen und du kannst nicht mal in Ruhe eine Mail schreiben... Also hatte ich das Bedürfnis nach einer einsamen Insel... Nach einer Mailadresse, die niemand kennt. So entstand "Ile Solitaire" - französisch für einsame Insel. Daraus entstand mein Nick.

 

 

War die einsame Insel für BDSM-Traumziele gedacht?

 

Nein. Aber in Ruhe BDSM-Seiten anzusurfen, war auch nicht schlecht.

 

 

Also war es eher ein Ausdruck für Einsamkeit - und die Insel ist heute nicht mehr nötig?

 

Manchmal wünsche ich mich schon auf eine einsame Insel, aber wer tut das nicht? Mal nichts hören und sehen, keine Probleme, kein Telefon, nur ausruhen und abschalten.

 

 

In welchem Ort wohnst Du? Was gefällt Dir dort besonders?

 

Ich wohne in der Nähe von Bonn, in einem kleinen Ort im Rhein-Sieg Kreis. Ich ziehe in Kürze um und das "Kaff" ist so ein bißchen mittelalterlich angehaucht. Wir haben sogar noch Reste einer alten Stadtmauer und ein Stadttor. Mir gefällt es, dass alles überschaubar ist. Jeder kennt jeden, Fremde fallen sofort auf. Es gibt mir ein Gefühl von Sicherheit. Und das Mittelalter fasziniert mich sowieso.

 

 

Findest Du, dass Menschen in kleinen Orten weniger tolerant sind als Menschen in der Stadt? Ist in der Stadt das Leben mit BDSM einfacher oder schwerer als auf dem Land?

 

Ich finde, Toleranz hat nichts damit zu tun, wo man wohnt. Oder zumindest nur bedingt. Klar, in einem Dorf mit alteingesessenen, streng katholischen Menschen mit veralteten Ansichten... da würde ich mich nicht auf die Strasse stellen und mich outen. Die Stadt ist anonymer. Keiner interessiert sich für den Anderen. Das heißt aber nicht, dass Stadtmenschen toleranter sind. Einfacher ist es wohl trotzdem. Denke da zum Beispiel an Hamburg, Köln oder Berlin. Da ist SM irgendwie inzwischen integriert wie Homosexualität. Selbst das kann in einem Dorf Ärger geben, weil man eher auffällt.

 

 

Was fasziniert Dich am Mittelalter besonders?

 

Die Folterkeller... Nein, im Ernst... Die Kleider finde ich toll. Die Burgen auch. Aber vor allem fasziniert mich die Einfachheit. Wenn man überlegt, wie schwer es damals war. Heute hat man Kühlschränke, Backöfen, Mikrowellen, Fernseher, Computer... Ich glaube, zu dieser Zeit war der Zusammenhalt größer. Man war gezwungen, sich miteinander zu beschäftigen. Man hat nicht abends vor der Glotze gesessen und kam so um ein Gespräch herum.

 

 

Es gab aber auch weniger Informationsfluss... Keine Nachrichtensendung, kein Internet, keine Zeitung. Menschen mit gemeinsamen Interessen müssen es schwerer gehabt haben, zu kommunizieren oder sich überhaupt zu finden. Könntest Du Dir in der heutigen Zeit eine BDSM-Szene ohne Internet vorstellen?

 

Nur schwer. Ich kann mir nicht vorstellen, mitten auf der Strasse jemandem anzusehen, dass er mit BDSM zu tun hat. Klar, es gibt ja Erkennungszeichen. Der Ring  zum Beispiel. Aber mal ehrlich... wer achtet bewusst darauf oder sucht danach?

 

 

Wann hast Du Deine Neigung zu BDSM entdeckt? Lebst Du sie aus?

 

Das kann ich gar nicht so genau sagen. Ich spürte einfach nur immer, dass mir irgendwas fehlt. Irgendwas war nicht richtig in meinen Beziehungen. Vor fünf Jahren bekam ich meinen Internetzugang, stieß beim Stöbern auf SM und schwankte gefühlsmäßig zwischen Ablehnung und Faszination. Es hat gedauert, zu erkennen und zu akzeptieren, dass ich dazu gehöre und trotz allem normal bin. Nach verschiedenen Spielbeziehungen stellte ich dann wiederum fest, dass SM alleine für mich nicht lebbar ist. Ich brauche einen Partner, den ich liebe, dem ich absolut vertraue, der mir wichtig ist und mit dem ich mehr teile als nur eine sexuelle Neigung. Ich meine nicht eine 24/7 Beziehung oder ähnliches. Einfach ein ganz normaler Mensch, wie ihn sich jede Frau wünscht. Freund, Partner, Geliebter... alles in einer Person, mit dem man ab und an auch SM ausleben kann. Das habe ich inzwischen gefunden und bin sehr glücklich darüber.

 

 

Hast Du zunächst geglaubt, BDSM sei etwas Unnormales?

 

Klar, schon. Ich kannte das bisher ja quasi nur aus dem Fernsehen und wie das dort oft dargestellt wird, muss ich wohl keinem erzählen. SM ist pervers, alle laufen nur in schwarzen Klamotten und mit Halsbändern herum und so weiter... Ich war schon schockiert, obwohl ich ja gar nicht so war, wie die Leute in diesen Berichten.

 

 

Was meinst Du, aus welchen Gründen in den Medien, insbesondere im Fernsehen das Thema BDSM zwar immer wieder gerne aufgegriffen, aber nie ernsthaft und vor allem richtig wiedergegeben wird?

 

Fernsehen... die sind meiner Meinung nach in erster Linie Quotenjäger. Die Berichte werden gern gesehen, vielleicht, damit die Leute wieder was zum Aufregen haben. Aber sich wirklich die Mühe machen, um einen vernünftigen Bericht abzuliefern, tun sie nicht. Bei so vielen Fernsehsendern und so vielen Mitarbeitern... Eigentlich müsste sich doch statistisch gesehen darunter einer finden, der SMler ist und etwas Gescheites dazu sagen kann. Nur würden die sich wohl auch nicht outen wollen.

 

 

Was hat Dir am meisten geholfen, zu erkennen, dass BDSM ein Teil Deines Lebens ist?

 

Das kam eigentlich durch's Ausprobieren. Ich stellte fest, dass die Fernsehberichte einfach falsch waren oder zumindest nur sehr einseitig. Und letzten Endes hat es am meisten geholfen, mich selbst so zu akzeptieren, wie ich bin und mich so zu mögen. Seitdem bin ich mit mir im Reinen und fühle mich normal. Trotzdem würde ich mich nicht jedem outen. Es gibt zwei Menschen, denen ich es erzählt habe und die es positiv aufgenommen haben. Das reicht mir auch. Meine Schwester war besonders süß. Erst sah sie mich schockiert an und meinte: "Du lässt Dich verprügeln?" Und nach längeren Erklärungen meinte sie: "Also, ein bißchen fesseln finde ich ja auch ganz schön, aber mit SM hab' ich nichts am Hut."

 

 

Was ist besser: Sich zu outen und zu riskieren, dass der eine oder andere Bekannte brüskiert ist, oder Outings zu vermeiden und lebenslänglich mit einem zweiten Ich zu leben?

 

Besser ist es wohl, sich zu outen. Aber kannst Du mir sagen, warum man es meistens nicht tut? Warum hat man Angst vor der Reaktion? Eigentlich sollte ein Freund mich so akzeptieren, wie ich bin. Er muss es nicht mögen, aber so tolerant sein zu sagen, okay, so bist Du nunmal. Bei manchen kommt natürlich auch der berufliche Aspekt dazu. Aber auf immer und ewig ein zweites Ich zu haben... Ich glaube, damit lebt es sich schlechter.

 

 

Was fasziniert Dich an BDSM besonders?

 

Hm... da muss ich überlegen. Es sind, glaub' ich, in erste Linie meine Gefühle dabei. Sie sind intensiver. Die ganze Beziehung ist intensiver, finde ich. Man geht anders miteinander um. Offener, vertrauensvoller. Das finde ich besonders... besonders schön und besonders wertvoll für mich.

 

 

Wie entstehen Deine Geschichten? Schreibst Du eher spontan oder planst Du jeden Geschichtenverlauf im Voraus?

 

Ich kann meine Geschichten nicht planen. Ich kann mich auch nicht hinsetzen mit dem Vorsatz, jetzt schreib' ich was. Das kommt immer von ganz alleine. Ein ruhiger Abend, die richtige Stimmung und dann muss ich einfach schreiben. Nicht nur SM-Geschichten. Es ist bei allem, was ich schreibe, so. Meistens setzt es sich dann auch zusammen aus Erinnerungsfetzen und Wünschen, die mir in dem Moment gerade durch den Kopf gehen.

 

 

Welche Geschichten schreibst Du, die nichts mit BDSM zu tun haben?

 

Kurzgeschichten. Meist lustige Geschichten. Was mir so im Alltag passiert ist, vieles über meine Tochter, meine Eltern, Ämter... alles mögliche. Familienkomik in der Art wie Erma Bombeck oder Evelyn Sanders beispielsweise.

 

 

Kann man diese Geschichten irgendwo finden?

Nein, die schreibe ich mehr für mich. Und falls meine Tochter vielleicht später mal Interesse daran hat, zu erfahren, wie anstrengend sie war...

 

 

Gab es Meinungen von Lesern zu Deinen auf den Schattenzeilen veröffentlichten Geschichten?

 

Nein. Aber ehrlich gesagt war mir das auch bisher nicht so wichtig. Ich schreibe in erster Linie ja mehr für mich. Es freut mich zwar, wenn's dem einen oder anderen auch gefällt, aber ich überlege beim Schreiben nicht, wie und was jetzt bei irgendwem ankommt und was nicht.

 

 

Um zurück auf die einsame Insel zu kommen, die auch half, um in Ruhe BDSM-Seiten im Internet anzusurfen... Hast Du bestimmte Ziele, wenn Du im Internet BDSM-Seiten besuchst? Wie beurteilst Du das Angebot zu BDSM im Internet?

 

Es ist ähnlich wie beim Fernsehen. Es gibt schöne Seiten. Meist private Homepages, die ich ansprechend finde. Aber zum größten Teil, finde ich, gibt es eine Menge Schrott - Seiten, die mit sämtlichen, gängigen Klischees arbeiten oder nur hoffen, Geld zu verdienen.

 

 

Wenn Du an den Schattenzeilen etwas ändern könntest, würdest Du...

 

Ändern? Nichts! Im Ernst... Warum etwas ändern, das gut ist und so Vielen gefällt? Mir fallen spontan keine sinnvollen Änderungen ein, die nötig wären.

 

 

Ein letztes Wort...

 

Amen... (Solitaire grinst)

 

 

Ich danke Dir für das kurzweilige Interview und Dein Lob für die Schattenzeilen.

Die Urheberrechte dieses Interviews liegen bei $weeklyauthor_name. Eine weitere Veröffentlichung oder Verwendung darf nur nach persönlicher Zustimmung und unter Nennung der Veröffentlichung des Interviews auf den Schattenzeilen erfolgen.

 

Alle Veröffentlichungen von Solitaire:

Autoreninterview

von Solitaire

Jona Mondlicht interviewte Solitaire am 12.01.2005.

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Die Schattenzeilen bedanken sich bei Solitaire für 5 Veröffentlichungen !

Weitere Informationen und Autorenseite von Solitaire.

 

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