Beim Lesen des Titels hatte ich wenigstens etwas Psychologisches, wenn nicht gar etwas Philosophisches erwartet, um dann von einer sehr sexy daherkommenden – besser: daherrasenden – Geschichte überrascht zu werden. „Linke Spur“ bringt das sehr treffend auf den Punkt.
Die Einstimmung auf das Treffen aus den beiden Perspektiven gefällt mir gut; ich habe das Gefühl, die Geschwindigkeit des Wagens reißt mich mit in die Handlung. Und wie im Straßenverkehr zwingt mich der Text immer wieder dazu, langsamer zu werden, um den (vor allem mentalen) Vorbereitungen meine Aufmerksamkeit schenken zu können.
Und dann? Vollbremsung vor dem Spielzimmer, das Wasserglas bekommt seinen Auftritt, ist halbgeleert, und die Hornbrille, die sich gerade zu einem Kloß in meinem Hals verdichtet hatte, mitsamt ihrem Träger verschwunden. Aber, das weiß sie ja nicht, dass wissen er und ich, und der Wagen, der mich durch die Geschichte fährt, beschleunigt sogleich wieder, bewegt sich nun aber in eine neue Richtung. Ich fühle mich wie in einem dieser Filme, bei denen ahnungslose Frauen sich auf dem Bett sitzend die langen, blonden Haare bürsten, den Blick zum offenen Schlafzimmerfenster gerichtet, vor dem sich die Gardinen im Wind bauschen, während das Böse in der Tür lauert.
Ich weiß, was die Person in diesem Kopfkino nicht weiß. Danke für dieses Netz, das ich als Leserin habe. Ich bin erleichtert und kann mich mit meinem Wissen ein bisschen weiden an ihrer Unwissenheit. Gerne steige ich wieder in den Wagen und lasse mich im forschen Tempo weiter mitnehmen.
Am Ende – Danke, dass er das Geheimnis nicht lüftet! – steige ich aus und sage „Was für eine tolle Fahrt!“
Und ich nehme noch etwas mit, einen Satz, der beiläufig daherkommt und doch Großes benennt: die Demut des Doms gegenüber der Stärke der Sub.
Wenn ich könnte, würde ich der 1 ein Sternchen anfügen.
Wölfin