Bester Söldner,
Gestern Abend habe ich sie gelesen, habe mit lächelndem Gesicht beendet, war gut unterhalten, und dann im Bad gefror mir das Lächeln (*g nicht wörtlich, ich schaue inzwischen wieder wie immer, also grimmig).
Die Geschichte ist purer Existentialismus. Die Geschichte ist ein pharmazeutisches Erzeugnis, dessen Galenik darin besteht, eine bittere chemische Substanz in ein Gelatine-Kügelchen zu verpacken.
Hätte ich die Geschichte woanders nur überflogen, wäre sie vielleicht aus Versehen im Topf für „Wunscherfüllungs-Phantasien“ gelandet. Aber eine mit Angelhaken. Und da hing ich nun als Leser und weiß nicht ob man sich wünschen soll, dass Wünsche in Erfüllung gehen oder besser nicht.
Die härteste Strafe soll ja sein, dass man … nein, nicht in der Hölle schmort, sondern auf ewig seine Wünsche leben muss. Nunja, so weit reicht meine Phantasie nicht, und ich gebe mir schon alle Mühe in der Hölle zu landen. Wie der Protagonist in der Geschichte?
Wie kriegst Du das hin, Söldner. Zunächst mal, indem Du einen Quilt zusammennähst aus lauter harmlosen Flicken, die an bdsm-Normalität kaum zu überbieten sind, und in denen mann sich, bei vorhandener Selbstironie, durchaus wiederfinden kann. Also der etwas unsympathische Held, der von nebenan, der wie "Du" und ich. (nein, nicht Du, könnte ich nie behaupten).
Diese Flicken ergeben eine bunte kleinbürgerliche Tagesdecke, bei der man sagt: Schön. Und ist man an der Schlafzimmertür angelangt, also in genügender Entfernung, formen sich die Muster zu einem Gesamtbild, das erschreckt; plötzlich nacktes Weib oder so.
Was mir auch gefiel: Ich wartete von Absatz zu Absatz auf „die Hürde“. Was für eine Suspension, wenn das Monster beim letzten Wort immer noch nicht aufgetaucht ist! Stattdessen hat es sich von hinten angeschlichen. Das nenne ich mit den Leser-Erwartungen spielen! Toll. Aalglatt, schwupps ist der Kopf ab. Sauber getrennt, ohne einen Tropfen Blut zu vergießen.
Verschachtelt: Der kleine sprachliche Joke zu Beginn (Einfamilienhaus als Kerker bei Freund Fred, höhö, wie unter zwei bdsm-Freunden am Tresen erzählt, passt zu dem Dialog, den Du bei den Hassworten gepostet hast), entpuppt sich als eine der Schneiden der großen Schere, deren Pendant das Ende der Geschichte ist: Süßes Mittelstandsidyll mit bdsm-Gemütlichkeit.
Der ganz normale Wahnsinn des Leben. Ob mit oder ohne Perversion, die ist nämlich schon eingebaut. Die Existenz ist ohne Sinn, außer man gibt ihr einen (drauf).
Söldner, wenn ich die Geschichte in einem Satz zusammenfassen sollte, also ganz kurz, und nicht wie sonst, dann so: Nicht die Hoffnung stirbt zuletzt, sondern der Humor.
Prost!
Danke für die Story.