ich las die ersten acht Zeilen und ein Wort und dachte:’ Der einzige Mensch, der mir meine Würde nehmen kann, bin ich selbst.’
ich sehe diese Frau, die still, emotional gänzlichst nackt ihre Würde vor die Füsse eines Menschen legt, der sie nicht nur nicht beachtet, sondern erklärtermassen nicht will.
Beinahe bin ich geneigt, das Ganze als alltägliche Geschichte abzutun, denn das passiert unter den Dächern dieser Welt, unabhängig vom Hintergrund der sexuellen Bedürftigkeit, täglich millionenfach. Es gibt nur wenige, die davon sprechen, sich bekennen -in ihrer Hilflosigkeit. Sonst würden diese Geschichten, die -der erregenden Schilderungen exorbitanter Ereignisse, überfluten.
Zwei Menschen leben miteinander nebeneinander her und ohne sich jemals eindeutig zu artikulieren, zerstören sie die Basis eines Gespräches mit jeder Stunde mehr. In Zweisamkeit auch mal allein zu sein, ist wunderbar und intensiv, in diesem Alleinsein in Einsamkeit abzustürzen, ist eine grausame Erfahrung.
ich lese weiter, reise mit jener Frau unter den Mond ihrer Träume und Bedürftigkeit. Leise, weiche, zauberhafte Wellen nehmen mich mit auf den See hinaus.
Und mir wird angst beim Lesen, mein Herz ist ergriffen von der Situation und meine Gedanken formen Bilder, die Fragen ans Leben stellen, welches sich zwei Menschen gegenseitig zumuten.
Die Gabe dieser Frau, nicht in einem Eismeer zu erfrieren, sondern sich in warme Gefilde zu träumen, scheint sie zu retten, für den Moment, für eine Nacht, vielleicht noch für den kommenden Morgen.
Da wird die Realistin in mir wach und ich frage mich, wieso sich der Mensch antut, in den eigenen Tränen zu träumen. Wie lange noch und aus dem See wird ein Meer, ein Ozean, wie lange noch und die ganze eigene Welt ertrinkt in den Wassern der Enttäuschung? Die Prüfung, ob ich übertreiben könnte, ist schnell absolviert, begonnen hat es mit der ersten Träne, später war es eine kleine Pfütze usw. Wie lange noch, und die Tränen sind nicht mehr Wasser, sondern Eis über der Seele und Träumen wird zur Gratwanderung zwischen verzweifelter Hoffnung und wahnsinnigen Bangen?
Die Geschichte ist leise, anrührend und kann sowohl in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft geschrieben sein und stimmt doch immer.
Gleichsam weckt sie auf, macht wach, mahnt an, ruft auf, bestätigt was Menschen wissen und scheinbar doch so schwer zu glauben, begreifen, verinnerlichen ist.
Der Mann bleibt unberührt, es scheint mir auch schuldlos, er schaut fern, will seine Ruhe und bekommt sie nicht, Was immer der Grund für den Abgrund zwischen den beiden ist, er ist da. Was hält einen Menschen in einer Beziehung? Die Liebe, das sexuelle Bedürfnis und die Hoffnung, dessen Befriedigung wieder finden zu können? Ist das aufteilbar? Was, wenn sie am nächsten Tag wieder dort kniet und er sagt nicht, sie solle den Quatsch lassen, sondern: „Na, los komm, dann machen wir`s eben, damit Ruhe iss!“ Daran zerbricht ein Mensch! Weiss sie das nicht? Hofft sie, dass gerade sie das übersteht?
Die Geschichte ist eine unaufdringliche Lupe, mit der der Mensch nicht nur ins Leben der Protagonistin schaut, sondern, so er will und mutig ist, auch in sein eigenes.
mir bleibt als Fazit nur die Erkenntnis: Was gut war, war gut und wenn es nicht mehr gut ist, WAR es eben gut. Und ich rede mir ein, diese Frau kniet nicht mehr dort, reist nicht mehr in ihre Tränen, sondern weint lieber allein, wenn sie denn noch weint.
Danke für die schmerzhafte Offenheit Deiner Gedanken. ich suche nach mehr Veröffentlichungen von Dir.
@pursoumise