Hallo Daniel!
Etwas hat mich schnell in Deine Geschichte hineingezogen, und das, obwohl ich eine tiefe Abneigung gegen Verniedlichungen und den Duft von Kokos in Körperpflegeprodukten habe.
Beim Lesen wurde mein Küchenstuhl beinahe zur Sitzschale des Sessellifts, so habe ich Saras Schamgefühle geteilt und war froh, nicht in ihrer Haut zu stecken — nicht einmal für den Preis ihrer jugendlich-seidigen Sommerbräune
Da der Küchenstuhl standhaft blieb, konnte ich in Ruhe einen Blick von außen auf Sara werfen und mir ausmalen, was wohl Antonio empfunden haben mag, nachdem das Sommerkleid auf den Weinberg hinabsank. Wie viel Schadenfreude? Wie viel Erregung? Und was haben wohl die Bauarbeiter gedacht? Stand einer mit offenen Augen da? War einer kurz davor, einen – Achtung, hier kommt ein Klischee – bewundernden Pfiff über seine Lippen zu schicken?
Ich mag es, wenn Texte mir Platz lassen für solche eigenen Vorstellungen …
Die ein oder andere sprachliche Schwäche wurde schon benannt, die habe ich auch wahrgenommen, sie haben mich aber nicht aus dem Lesefluss herausgerissen.
Ich weiß nicht, ob die Berührung durch den Liftmitarbeiter mehr Aufmerksamkeit und Worte braucht – im Vergleich zur Dauer der Fahrt ist das ja nur ein sehr kurzer Moment und dann richtet Sara ihre Aufmerksamkeit wieder auf Antonio.
An dieser Stelle stört mich jedoch ein Satz, nämlich: „Wobei er ja zugegeben gerne hingeschaut hätte.“ Aus welcher Perspektive ist das erzählt/gedacht? Es geht immer nur um Antonio und Sara; hier kommen plötzlich Gefühle eines Dritten ins Spiel. Das kann ich nicht nachvollziehen. Und Sara kann es nur beobachten oder vermuten – dann hätte das aber auch so zum Ausdruck kommen müssen.
Völlig im Dunkeln bleibt für mich, dass bzw. warum die beiden Kleider den Weg aus einem Altkleidersack herausgefunden haben. Spielt das für die Geschichte irgendeine Rolle? Wenn ja, dann hätte ich mir den Hinweis am Anfang gewünscht, wenn nein ist es überflüssig.
Eine Stelle, die mir ausnehmend gut gefallen hat ist diese:
„Das konnte nur verstehen, wer wie sie war. Oder wie er. Befehl und Gehorsam. Yin und Yang. Joghurt und Früchte. Fleisch und Soße. Datteln und Speckmantel. Antonio und Sara.“
Das bringt gegenseitiges Bedingen in der Knappheit der Sätze perfekt auf den Punkt. Die Datteln mit Speckmantel kenne ich von Deinem Profil; ich habe jetzt nicht nachgeguckt und weiß nicht, ob es da noch so steht, bin mir aber sicher, dass es da mal stand, denn es hat sich mir eingeprägt. Das verleiht dieser ohnehin für mich schon beeindruckenden Stelle eine sehr persönliche Note.
Unterm Strich, war mir das Lesen ein Vergnügen.
Danke dafür an einem Sonntagmorgen.
Wölfin