Eine harte Nuss ist diese Geschichte, an der die Protagonistin fast erstickt wäre.
Bester Tek,
Wie Onmymind setzt Du bei Deinem Beitrag auf eine heute höchst ungewohnte Erzählweise. Du greifst zurück auf eine, die es (seit was weiß ich, seit 150 Jahren?) nicht mehr gibt. Das kann nicht jeder. Wer es probiert, wird das schnell merken. Entweder klingt es wie Persiflage oder peinlich hölzern. Du musst viel und aufmerksam gelesen haben, um dieses Handwerk stilecht hinzubekommen. Das ist wie Debussy auf dem Klavier?
Okay, dafür bekommst Du meine Achtung. Aber dafür kannst Du Dir nichts kaufen. Denn die nächste Frage ist: Warum das? Nur so, um Pirouetten zu ziehen, Kunst für die Kunst? Es muss schon passen.
Und das tut es. Die Protagonistin ist eine Leseratte. Das ist das Einzige, was sie auszeichnet. Ansonsten fühlt sie sich als ein Nichts.
Noch ein Rückgriff: Auf das mindestens genauso alte Topos vom Graf und der Wäscherin. Davon lebt auch SoG, und ist so abgedroschen, dass es inzwischen die Groschenromane füllt (Arzt, Förster ... gibt´s die noch?). Warum das? Nur so, weil es narrensicher und immer funktioniert im BDSM? Weil man durch die wirtschaftliche und soziale Distanz sozusagen ein unhinterfragtes, »natürliches« Gefälle zwischen oben und unten herstellen kann? Das ist effizient, weil man keine sonstigen Personenüberlegungen mehr anstellen muss.
So dämlich die tausenden von Milliardärs-Doms inzwischen die Kindls bevölkern, so stimmig fühlt sich das Wäscherinnen-Topos in dieser Geschichte wegen des Erzählstils an. Weil es zeitlich zusammengehört. Back to the Roots sozusagen. Das Original. Diese gefährliche Nähe zum Trivialen ist mutig. Und hier gelungen. Wow.
Aber so schön das alles anmutet: Es geht um etwas ganz anderes. Und Du hast das wohl deshalb derart sicher eingerahmt, weil der psychologische Gehalt der Geschichte so traurig ist:
Einem Menschen mit geringem Selbstbewusstsein muss man SAGEN, dass man ihn liebt. Immer wieder. Bis er es glaubt. Weil er aufgrund seiner verzerrten Wahrnehmung 1 + 1 nicht zusammenzählen kann.
»Liebst Du mich?«
»Aber Liebes, das weißt Du doch.«
»Nichts weiß ich.« (*flennt*)
Dass Erhobenwerden doch möglich ist, dafür steht BDSM. Am Ende der Geschichte klingt das wie der erste Schimmer eines Morgenrots nach langer dunkler Nacht auch noch an.
Das ist das Ergebnis von Hunderten von Schlägen.
Manches kann man auch hineinprügeln offenbar. Ohne Worte.
Tek, das hat mir viel Spaß gemacht, an dieser Nuss zu kauen. Ich sag mal: "Köstlich"
Wenn Du es nicht längst schon getan hast: Schreib endlich einen langen Roman. Ganz normal. Die ewigen Etüden und Fingerübungen haben doch nur den Zweck, bereit für eine Sonate zu machen. Ist längst erreicht, würd ich meinen.
p.s.
Wenn ich Lektor gewesen wäre, hätte ich Dich wegen ein paar Stolpersteinchen befragt, die nicht zur Sprachebene oder zur Protagonistin passen. Kleinigkeiten, aber unnötig: Das sind zum Beispiel Süchtige, die zur Nadel greifen, Luxusjachten, Global Player, zusammenfalten, hibbelig, sexuelle Schalter, hart am Limit, Erregungspotenzial, Vaginalpforte. Sie wirken anachronistisch (im Sinne von zukünftig *g), zu technisch, umgangssprachlich oder medizinisch.
Davon abgesehen läuft der Text arschglatt durch.