Nun ja, schöne, bildhafte Beschreibungen, ganz nett, aber irgendwie plätschert alles einfach so vor sich hin. Viele, für meinen persönlichen Geschmack zu viele Einzelheiten und irrelevante Detailbeschreibungen.
Dann speziell zum Thema der Hervorhebungen: bei den allermeisten der kursiv geschriebenen Wörter bzw. Wortkombinationen und Phrasen sind diese Hervorhebungen meiner Meinung nach schlicht überflüssig, nach einiger Zeit beginnen sie auf mich tatsächlich eher störend zu wirken.
Ich weiß nicht, was damit ausgesagt werden soll, ich kann nicht nachvollziehen, welchen Sinn diese Hervorhebungen haben sollen. Es ist dabei auch absolut egal, ob diese Wörter nun durch Anführungszeichen oder Kursivschrift oder ob sie nun unterschiedlich oder alle gleichartig akzentuiert werden. Ein paar Beispiele für ganz normale Redensarten und bekannte Redewendungen sowie banale Wörter, die, so denke ich, keinerlei Heraushebens bedürfen: Beste Freundin, kleiner Unterschied, Schmetterlinge im Bauch, mädchenhaft usw. Der Lektor hat sich dabei alle Mühe gegeben, dieser kann nun wirklich nichts dafür. Aber, wie gesagt, vielleicht verstehe ich einfach den tieferen Sinn dahinter nicht.
Was mir inhaltlich noch auffiel: hier wird massenhaft mit völlig veralteten Vorurteilen, Klischees und tatsächlich falschen Begriffsdefinitionen gearbeitet, vor allem beim Thema Erziehung und Internat. Auch wenn es früher in Schulen völlig normal war, Kinder mit dem Rohrstock zu züchtigen, so hat das nichts, aber rein gar nicht mit einer sogenannten „englischen Erziehung“ zu tun. Und Schläge waren auch keine Besonderheit von Internaten. Sondern es herrschten ganz allgemein die Moralvorstellungen einer Erziehung im viktorianischen Stil, bei der Strenge, Disziplin und Prügel an der Tagesordnung waren und der Rohrstock ein gängiges Werkzeug, um Kinder zu züchtigen.
Eine sexuelle Konnotation dieser Praktiken, also nochmal ganz deutlich, das Verprügeln von Kindern, auch in den hier vielgenannten Internaten, ist selbst in schwülstigen Fantasien nach meinem Dafürhalten nicht nur nicht angebracht, sondern verbietet sich eigentlich von selbst. Auch wenn das Verprügeln und Demütigen von Schutzbefohlenen dem einen oder anderen sadistischen Lehrer / Gouvernante oder Geistlichen tatsächlich sexuelles Vergnügen bereitet haben mag.
Die „Englische Erziehung“ dagegen ist tatsächlich ein feststehender Begriff (deswegen hier die Anführungszeichen), der in den allermeisten Definitionen recht klar beschrieben und dabei ziemlich eindeutig dem Bereich BDSM zuzuordnen ist. Dieser Begriff hat aber absolut nichts mit Schulen/Internaten zu tun.
Es gibt also einen nicht unerheblichen Unterschied zwischen englischer Erziehung (auch Flagellantismus) und viktorianischer Erziehung. Ich finde, dass man den kennen sollte und dann das korrekte Vokabular verwendet, wenn man schon solche Begrifflichkeiten verwendet.
Ich werde mich jetzt dem zweiten Teil zuwenden, mal sehen, wie’s weitergeht.
Für Interessierte noch ein kurzer geschichtlicher Exkurs:
in Bayern bestand bis 1983 ein Züchtigungsrecht für Lehrkräfte an Schulen gegenüber den ihnen zur Erziehung anvertrauten Schülern. In allen anderen Bundesländer war dies bereits 10 Jahre vorher verboten worden. In der ehemaligen DDR war Prügeln in Schulen sogar seit 1949 verboten. Auch das elterliche Züchtigungsrecht, umgangssprachlich Prügelstrafe genannt, welche die körperliche Bestrafung von Kindern durch ihre Eltern zum Inhalt hatte, ist erst seit November 2000 abgeschafft und verboten worden.