Kontaktanzeigen sind „sakrosankt“. Obwohl sie - genauso wie Profilinhalte - an die Öffentlichkeit gerichtet sind, werden sie öffentlich nicht diskutiert. Zumindest habe ich das noch nirgends erlebt, und hier geschieht es auch nicht.
Andererseits muss jemand, der sucht, seinen Kopf herausstrecken, um gesehen zu werden.
Im SMC (sado-maso-chat) gibt es zu Hauf Forenthreads, die ganz offensichtlich eröffnet werden, um sich zu präsentieren; und dann „diskutiert“ werden. Und was muss da für eine Leidensbereitschaft bei den Thread-Eröffnern vorhanden sein, das alles von sich abtropfen zu lassen. Dieser Aufwand, scheint´s, muss sich wohl lohnen.
Immerhin werden auf diese Weise interessante Themen in Foren getragen, die auch spannende Fragen aufwerfen.
So auch hier, finde ich. Vordergründig: der persönlich angestrebte Altersunterschied für eine Wunschbeziehung.
Aber eine Schicht tiefer leuchtet noch etwas anderes auf: Michael, Du schreibst in dem Zusammenhang auch, dass Du „alte Werte“ vertrittst. Das ist ja eins meiner Lieblingsthemen. Nicht die alten Werte, sondern diese im Zusammenhang mit D/s in der Gegenwart!
Ich nenne das gern den Retro-D/s: Der Mann hat die Hosen an, Schätzchen hat mit Kuhaugen aufzuschauen. Daran ist nichts auszusetzen, wer´s mag. Es besteht aber die Tendenz, auch durch mediale Ereignisse, dies mit D/s gleichzusetzen. Es suggeriert, dass unsere Urgroßeltern bereits D/s-ler waren? Weit gefehlt. Alte Werte lassen auch immer gute alte Zeiten mitschwingen. Nichts gegen Konservatismus, aber eine freie Wahl hatten die Mädels damals nicht. Es gab fast ausschließlich dieses Beziehungsmodell. Und „gut“ war das nur für die, die das mochten. Den anderen blieb nur: Zähne zusammenbeißen und durch, oder als Hebamme, Dorflehrerin und/oder alte Jungfer sein Leben fristen.
Unstimmig mit „alten Werten“ ist also, dass die Einvernehmlichkeit in diffuses Licht gerückt wird. Wenn die einzige Qualifikation die ist, ein Mann zu sein, um die Hosen anzuhaben, ist das dürftig. Genauso wie es dürftig ist, wenn jemand sagt er sei stolz Deutscher zu sein. Mehr als Zufall steckt nicht dahinter.
Die Gleichsetzung altbackener Beziehungsmodelle mit D/s ist historischer Unfug. Abgesehen davon, dass sexuelle Devotion/Submission sowieso nicht an das Geschlecht gebunden ist. Und wären dann submissive Männer minder-wertig, weil es gegen die guten alten Werte geht?
D/s ist gegenwärtig sowieso nicht leicht zu vertreten (zBggü. Feminismus), ein Anheften an (gute) alte Werte macht aus einer sexuellen (=individuell selbstbestimmten, nicht diskutablen), wieder eine politische und damit diskutable Neigung. Damit ist den bdsm-ern am allerwenigsten gedient.