»Sexuelle Präferenz« von Gregor
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»Sexuelle Präferenz«
von Gregor
Sucht ein Mensch die Ursachen seiner sexuellen Präferenz, so muss er in die Vergangenheit reisen. Meine sexuellen Neigungen führe ich auf meine Kindheit zurück. Ich sehe mich noch heute auf dem Pausenhof stehen: ein Jungpionier, sieben Jahre alt, weißes Pionierhemd, blaues Käppi auf meinem Kopf.
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14.05.2019 um 11:21 Uhr
geändert am 14.05.2019 um 11:23 Uhr
Lieber Gregor , ich hoffe, diese Demütigung ist Deiner Phantasie entsprungen und Dir nicht wirklich angetan worden...
Vor den Fahnenappell zu müssen war ja meist mit Ehrungen verbunden, es gab Lob oder Auszeichnungen wie das Abzeichen "Für gutes Wissen". Ich kann mich an meiner POS, an solche öffentlichen Demütigungen nicht erinnern, ein Glück. Die Abläufe die Du schilderst rufen in mir, als ehemaligen Gruppenratsvorsitzenden und späterem st. GOL-Sekretär, aber Erinnerungen wach, die ich nicht missen mag.
Schön, dass Deine eigene Präferenz gesellschaftliche Umbrüche unbeschadet überstanden hat. Das wir heute so leben, wie wir leben dürfen ist eine Entwicklung, für die wir wohl alle dankbar sein sollten. Auch wenn sie in vielen Biografien tiefe Spuren hinterlassen hat. Ich zumindest wünsche mir den Sozialismus, in dem ich aufgewachsen bin so nicht zurück, manches aus ihm aber, stünde auch der heutigen Gesellschaft gut zu Gesicht.
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Gregor, ich bin erstaunt und aufgeregt. Und natürlich betroffen. Die Mechanismen eines perfiden Unterdrückungsapparats habe ich in Schrift noch nie so eindringlich geschildert gehört. Eine schlimme, schlimme Sache für einen Heranwachsenden. Und doch erkenne ich die heimliche Erotik von Macht und Ohnmacht in deinen Schilderungen. Erstaunt und Aufgeregt bin ich, weil ich wirklich selten und selbst in professioneller Literatur so einen makellosen Stil und "glatten", eindringlichen Text gelesen habe. Ich konnte wirklich keine einzige Stelle finden, über die ich gestolpert wäre oder für die mir eine Verbesserung eingefallen wäre. Danke dafür. Du kannst wirklich verdammt gut schreiben!
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Mhh...mhhh
Zweifelsohne ganz super geschrieben.
Ich kann mich zum Glück auch nicht solcher Bloßstellungen erinnern. So ganz ernst haben wir das auch alle nicht genommen.
Allerdings, ich kleine Idealistin, halte immer noch die propagierten Werte hoch und wünschte mir, die Menschheit wäre schon bereit dafür.
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Lieber Gregor,
Dein Bericht hat mich erschüttert - nicht weil mir das fremd ist, sondern bekannt. Diese Fahnenappelle, die Pionierlieder, die vom Tonband abgespieltt , das gemeinsame Aufmarschieren und wieder Abmarschieren begleiteten, das sinnlose mehr oder weniger gelangweilte ordentliche ausgerichtete Stehen. Die Bilder gehen auch nach dreißig Jahren nicht mehr aus dem Kopf raus. Bei uns war der Fahnenappell nicht wöchentlich, sondern nur zu den Gedenktagen.
Ich entsinne mich aber gut, dass es auch bei uns Appelle gab, die nur stattfanden, um einem Schüler einen Tadel auszusprechen. Ich weiß nicht mehr, wie oft man dafür zu spät kommen musste, oder die Hausaufgaben vergessen musste. Die öffentliche Demütigung war immer Teil des Systems. Dieses Aufbauschen von kleinen Vergehen zu staatsgefährdender Sabotage war so typisch - das passierte immer und immer wieder.
Du erzählst diese Demütigung, um das Erkennen der eigenen sexuellen Präferenz darzustellen. Das ist Dir sehr eindrücklich gelungen.
Mich beschäftigen nach dem Lesen eher die Jahre im realexistierenden Sozialismus.
Lanika
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Im Forum stand an anderer Stelle die Frage, wo die Ursachen sexueller Präferenz liegen. Deshalb habe ich einen Blog dazu gemacht. Ich freue mich über Eure substantiellen Kommentare dazu.
Meister Y: Wir hatten so einen scharfen Direktor. Der hat tatsächlich Tadel für Diebstahl zum Fahnenappel vor der versammelten Schule ausgesprochen. Gestatte mir eine Bemerkung zu deinem Kommentar. Wenn ein System krachen geht, waren immer alle schon immer dagegen, haben alles gewußt und es findet sich niemand, der klar reflektiert. Du machst das.
Tek Wolf:Du triffst den Punkt. In Macht und Ohnmacht liegt heimliche Erotik. Darum ging es mir und das sind aus meiner Erfahrung Katalysatoren für sexelle Präferenz. Dein Lob ehrt mich.
griche: Ich habe den Sozialismus sehr ernst genommen, Lockerheit kam später. Und du meinst, die Menschheit ist nicht bereit für Utopien? Warten wir es ab. Dass der ungebremste Kapitalismus keine Lösungen für die Menschheit bietet, beweisen uns die Kinder Freitags. Was für eine Schande für uns.
Lanika: Weißt du, was mein Problem war? Ich war für eine neue und gerechte Welt, aber alles war irgendwie Scheisse. Kennst du das? Du bist für das Gute, lebst im geschichtlich logisch bewiesenen Guten, aber hast das Gefühl, dass da etwas nicht stimmt. Das war ein Widerspruch, den ich bis 1990 nicht verstand, nicht lösen konnte.
Zurück zur sexuellen Präferenz. Sie wird in der Kindheit gelegt. Ich glaube, Moonbeast: hat irgendwo den statistischen Nachweis geführt, dass es nicht in den Genen liegt.
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lieber gregor,
lieber heute als morgen würde ich in einer gerechten welt leben. die idee des sozialismus oder kommunismus gefiel mir auch. doch ich sah genau wie du die diskrepanz.
ich will keine utopien, ich will, dass diese kapitalismusscheiße, die alles kaputt macht, endlich aufhört
ich verstehe absolut nicht, warum daran fest gehalten wird, denn es weiß doch wirklich jeder, dass man geld nicht essen, trinken und atmen kann.
ich wünschte mir so sehr, es wäre gerechter, friedlicher, sauberer, liebevoller auf dieser welt.....
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griche
ich verstehe absolut nicht, warum daran fest gehalten wird, denn es weiß doch wirklich jeder, dass man geld nicht essen, trinken und atmen kann.
Ich merke das nur ungern an, aber: Die, die es zuhauf haben, können davon wunderbar essen und trinken.
Viele Grüße
Jona
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Jona Mondlicht
Ich merke das nur ungern an, aber: Die, die es zuhauf haben, können davon wunderbar essen und trinken.
Viele Grüße
Jona
Ich meinte das Geld, Aktien, Gold .... höchstselbst.
Nicht das, was man damit erwerben.....bzw irgendwann nicht mehr erwerben kann.
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Hallo Gregor,
Chapeau, Du schreibst wirklich super! Ich selbst bin im anderen Teil Deutschlands aufgewachsen und habe durch Deinen Beitrag einen eindringlichen Einblick mehr bekommen, wie so ein Tag "drüben" wohl ablaufen konnte.
Ein weiteres Mosaikstück ge- und erlebter Geschichte, dass sich zu den vielen einzelnen Geschichten gesellt, die ich von hier lebenden Menschen, die einstmals hinter der Mauer lebten, gehört habe. Diese Erzählungen sind so wertvoll für mich. So viel interessanter, als die Informationen aus Medien. Vielen Dank Dir dafür.
Du scheinst den Moment gefunden zu haben, in dem für Dich der Grundstein für Deine Neigung gelegt wurde.
Vielleicht sollte ich mich auch einmal auf die Suche machen bei mir? Bislang kann ich mich nicht an so einen einschneidenden Moment erinnern.
Und darf ich Dir noch ein paar Fragen zu Deinem Beitrag stellen? Beantworte sie bitte nur wenn Du magst. Oder auch gerne per PN:
War der Moment des Tadels in irgendeiner Form erotisch für Dich in dem Moment? Oder hast Du das nachträglich erotisiert?
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Lieber Gregor:, Danke. Die Menschen die Du meinst kenne ich zur Genüge. Es gibt sie, die die keine Vergangenheit vor dem dritten Oktober 1990 hatten. Natürlich auch die, die, wie Du sagst, schon immer alles wussten und immer gegen alles waren. Ich für meinen Teil habe kein Problem damit, offen damit umzugehen, dass ich in diesem System aufgewachsen bin und Teil des Systems war. Zumindest als Kind, Jugendlicher und junger Erwachsener.
Auch wenn auch ich dabei bleibende Narben abbekommen habe, es ist gut so, dass dieses System zusammengebrochen ist. Vieles von dem was ich heute leben darf, hätte ich sonst nie erleben können.
Dennoch, auch da gebe ich Dir recht, das "richtige" System ist es auch heute nicht.
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