Sucht ein Mensch die Ursachen seiner sexuellen Präferenz, so muss er in die Vergangenheit reisen. Meine sexuellen Neigungen führe ich auf meine Kindheit zurück. Ich sehe mich noch heute auf dem Pausenhof stehen: ein Jungpionier, sieben Jahre alt, weißes Pionierhemd, blaues Käppi auf meinem Kopf.
Sucht ein Mensch die Ursachen seiner sexuellen Präferenz, so muss er in die Vergangenheit reisen. Meine sexuellen Neigungen führe ich auf meine Kindheit zurück.
Jeden Montag begann die Schule mit einem Fahnenappell. Ich sehe mich noch heute auf dem Pausenhof stehen. Ein Jungpionier, sieben Jahre alt, weißes Pionierhemd, blaues Käppi auf meinem Kopf. Der Wind zerrte an meinem ebenfalls blauen Halstuch. Die Zipfel wehten und ich stand in der zweiten Reihe meiner Klasse.
»Pioniere und FDJler stillgestanden!«, rief der GOL-Sekretär.
Ich fuhr zusammen. Der Schüler war immerhin Leiter der Grundorganisation der Freien Deutschen Jugend an unserer Dorfschule. Er leitete die Gruppenratsvorsitzenden. Ich selbst war nicht einmal im Gruppenrat. So stand der große Junge sagenhafte drei Stufen über mir.
»Zur Meldung die Augen links!«
Das durfte man nicht zu ernst nehmen, denn die Klassen standen im Karree um Direktor, Lehrer und andere Autoritäten. Also fuhren alle Blicke zackig zu einer Frauengestalt, die direkt neben dem Direktor stand, ernst, ihrer Aufgabe verpflichtet, korrekt gekleidet. Neben einem schwarzen Rock trug sie Blauhemd und ein Halstuch aus roter und blauer Farbe.
»Genossin Pionierleiterin, die Pioniere und FDJler der sechzehnten polytechnischen Oberschule Ernst Thälmann sind zum Appell angetreten.«
Jetzt antwortete die Pionierleiterin. Ich hörte ihre Stimme, warm, klar und ruhig.
»Jung- und Thälmannpioniere! Für Frieden und Sozialismus seid bereit«!
»Immer bereit!«, rief ich laut und mit mir alle anderen Pioniere.
»Mitglieder der Freien Deutschen Jugend! Freundschaft!«
»Freundschaft!«, brauste der Chor der Großen, schon mit tieferen Stimmen.
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