Meine Hochachtung, Maren.
Schon der Titel versprach mir eine gelungene Geschichte. Die Namensgebung „Jette Pawlik“, so profan sie scheint, konnte besser nicht gewählt sein. Jette passt zur Altersgruppe, Pawlik verheißt Familiensinn, in der Arbeit, Lebensbewältigung, Milieu und soziale Beweglichkeit obenan stehen.
Mir gefällt der Grundton der Geschichte, der unaufgeregte Erzählstil, auch, dass sich die Erzählperspektiven nahtlos aneinanderfügen. Erotische Themen geraten allzu leicht ins Übersteigern, aber Du bleibst bleibst diszipliniert. Fast authentisch. Selbst bei der Beschreibung eines Orgasmus.
Meine Vorliebe bei erzählten Geschichten jedoch ist, ob die Hauptperson Gestalt annimmt; also ob sie mir als Mensch aus Fleisch und Blut vorstellbar wird, in sich stimmig ist bei all den Widersprüchen, die sie haben mag. Jette ist vorstellbar.
Zwei Welten der Jette: Allzu leicht hätte dies eine Collage werden können; oder eine künstliche Person mit Widersprüchen und Facetten. Menschen sind nicht widersprüchlich. Nie. Nur unverstanden.
Nach meiner Lesart sind die beiden Gesichter Ausdruck desselben. So gebahnt Jette schon in die Betriebsführung der Mutter hinein gewachsen ist, so überlegt ist sie in der Wahl aller ihrer Beziehungen. Auch der intimen. In allen scheint das Notwendige mit dem Gewünschten zu harmonieren. Keine Berechnung, und doch Kalkulation; reif und befriedigend. Auch für andere. Eine gelungene Biografie, in der die Wahlmöglichkeiten eingeschränkt waren. Diese Jette ist eine Meisterin darin, aus Gegebenheiten etwas zu machen. Sogar ihre eigentümliche Sexualität fügt sich ein, nach außen hin als Ergänzung, nach innen folgerichtig. Jette ist ein ganz und gar unneurotischer Mensch.
Eine sympathische, blutvolle Protagonistin. Die Geschichte bereitete mir handwerklich und inhaltlich einen Genuss. Intimität und Diskretion halten sich so schön in der Waage.
In der Phantasie ist alles möglich, aber kaum lebendige Menschen. Schreibende Phantasie ist desto verführerischer, aber die Kunst liegt nicht in der Freiheit, sondern in der Beschränkung.
Ich wünsche mir von Dir noch mehr solcher Geschichten.