Perfekt im Titel!
Der Titel "Selbstverständlichkeit" meldet Anspruch an.
Mit dem Titel verdeutlicht der Autor den Anspruch auf das Recht der eigenen Plausibilität.
Gleichsam fordert er achtsamen Umgang mit seinem Anspruch und Bereitschaft zum Respekt. Eine Brücke, über die der Leser gehen MUSS. Erstaunliches Instrument, zumal ein Leser nun mal nur ganz selbstverständlich lesen kann. Somit fällt die Selbstverständlichkeit bereits mit dem Titel in den Sinn.
Erstaunlich im Thema:
Danke für das Geschenk, staunen zu dürfen.
Überraschend weich, trrotzdem beinahe nüchtern...
Der Autor erlaubt auf den ersten Blick (nur), ihn in sein Inneres zu begleiten. Das ist grundsätzlich erstmal einfach.
DOCH:
Der Übergang vom Fühlen zum Erkennen wird im Ansatz tatsächlich dargestellt, greifbar gemacht. Worte treten hinter das Erlebte und schaffen gerade dadurch Sichtbarkeit.
Einfach genial:
Keine glühenden, aufgeplusterten Worte, sondern beinahe rationale Betrachtung eines Moments. Die Frau, nur in wenigen Sequenzen in ihrer Anwesenheit überhaupt erwähnt, wird zur Urheberin und (das ist besonders erstaunlich) bar jeder Eitelkeit, zur Grundlage des Bewusstwerdens. Nicht, weil sie am Boden kniet und….., sondern--- der Autor „nutzt“ gradwandlerisch nur ihren Blick. Er begrenzt damit nicht. Gerade dadurch bekommt der Leser Raum für eigene Klarsicht. Auf diese Weise wird alles zum –Ist- und keiner Frage ausgesetzt.
Erstaunlich, weil aus dem Blickwinkel eines Mannes erzählt.
Erstaunlich, weil der Versuch, Selbstverständlichkeit zu erklären, mutig ist. Es bedeutet nämlich, sich zur Selbstverständlichkeit zu bekennen und aus einem Gedanken--/--Spiel, (Fantasie und Spiel werden von der Umwelt (wenigstens) meist akzeptiert) auszusteigen und sich offenbarend ins Rampenlicht des Lebens zu stellen -ohne Begründung und Erklärung.
Erstaunlich, weil Selbstverständlichkeit scheinbar nicht zu erklären ist - sobald naturwissenschaftliche Gesetze dabei nicht greifen. (Atmen, Husten, Schlucken, alles ebenfalls selbstverständlich und prima zu erklären.)
Bemerkung:
ich würde (trotzdem) gern etwas zum Stilistischen sagen, aber das wäre umständlich und vielleicht auch (und das ist der Grund, warum ich es beispielhaft und ausführlich unterlasse) missverständlich. Ausserdem weiss ich nicht, ob das hier Usus ist.
ich erlaube mir (vorsichtig) Gedankensplitter:
-Die Reihenfolge, sicherlich von Emotionen getragen, ist „durcheinander“. Dadurch muss scheinbar erklärt werden, was bereits in einem vorherigen Satz eindeutig ist.
-Hier wird Selbstverständlichkeit begriffen. Diese Selbstverständlichkeit kann, einmal erfahren und angenommen, nicht verloren gehen. Sie bleibt -die Beiden tragende- Erkenntnis. Leider bewahrt die gewählte Vergangenheitsform den Moment nicht. Er vergeht scheinbar, sobald die letzte Zeile gelesen ist.
Beinahe schade, denn es geht nicht NUR um Füsse. (Es geht nach meinem Verständnis GAR NICHT um Füsse.)
Der letzte Satz wird überflüssig, (er nimmt auch etwas weg), finden Reihenfolge und Zeit ihren Platz.
Danke sehr für den Blick, die Nachfühlbarkeit, die Echtheit. (Das schreibt eine, die immer gerade damit „aneckt“, dass alles (was sie tut und unterlässt) für sie selbstverständlich ist.)
ich lese Dich sehr gern. ich staune gern.
pursoumise