Wunschzettel
© Nathalie Sternweg
Liebes Christkind,
jetzt grinsen die einen wieder, die anderen schütteln den Kopf... und ich frag mich was so schlimm daran ist wenn dir eine erwachsene Frau einen Wunschztettel schreibt. Alle Jahre wieder die gleiche Diskussion. Aber egal. Sollen sie halt lachen. Und mich für die Dauer des Briefschreibens wieder Kind sein lassen......das Kind das so unerschütterlich an dich glaubt, den kleinen Engel, der die Geschenke bringt....vielleicht sollten wir sowas einfach öfter wieder zulassen......Kind sein....
Schon wieder ein Jahr vorbei. Dabei kommt es mir gar nicht so lange vor, dass ich dir den letzten Brief geschrieben habe. Jaja, die Zeit rennt. Jedes Jahr ein wenig schneller. Und in den letzten 12 Monaten hatte sie viel Ärger und Sorgen im Gepäck. Kannst du ihr nicht mal sagen, sie soll halt nicht so schwer packen, wenn sie dann immer unterwegs alles verliert? Es ist ja nicht so dass ich mir eine vollkommen sorgenfreie Zeit wünsche – aber - muss es denn immer gleich so viel auf einmal sein?
Ich weiß, ich darf mich nicht beklagen. Es geht mir gut. Im Vergleich zu anderen. Aber du weißt ja wie das ist. Nicht immer reicht etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf aus. Und sicher bin ich auch nicht alleine. Schließlich habe ich Freunde. Echte Freunde. Menschen die da sind, wenn ich glücklich bin und genauso da sind wenn wieder Tränen laufen. Ich muss mich nur melden. Das ist eine ganz wunderbare Sache *lächel* und ich hab sie sehr lieb, alle auf ihre Art. Und da wären wir schon beim ersten Wunsch: Ich mach mir schon so ein bisschen Sorgen um den einen oder die andere.....aber ich wünsch mir für alle das selbe......ein bisschen Glück...ein Lächeln....ein bisschen Liebe.....einen Menschen der es ernst mit ihnen meint....
Ach Christkind, es gäb so viel zu erzählen, aber letztlich weißt du doch schon alles. Ich hab dieses Jahr so oft den Sternen vorgeweint was mich bedrückt, ich wills nicht nochmal alles aufkochen. Aber ich hoffe du verstehst ein bisschen, warum mir dieses Jahr einfach nicht nach Weihnachten ist. Was soll man mit einem Fest der Liebe anfangen, wenn da keine Liebe mehr ist? Wenn es zwar in dieser Wohnung warm ist, aber in einem drin so furchtbar kalt. Was soll man mit einem Fest der Familie, wenn die in Trümmern liegt und zu allem übel noch so unendlich weit weg ist? Was soll man mit einem Fest des Friedens, wenn Streit unausweichlich in der Luft liegt? Drei Tage eitel Sonnenschein wenn man sich am liebesten verkriechen würde?
Von all den Wünschen der letzten Jahre sind wenige geblieben. Aber ich bitt´ dich sehr, schau doch mal was du tun kannst. Hilf mir vergessen zu lernen. Und loslassen zu können. Ich glaube, dann komm ich schon wieder ein ganzes Stück vorwärts. Schenk mir dieses Jahr ein bisschen Mut zu Weihnachten. Und ein bisschen Kraft. Das Durchhaltevermögen der letzten Jahre scheint mir eher weniger zu helfen. Oder ich wende es falsch an...vielleicht schickst du mir ne Gebrauchsanweisung dafür? Ich wünsche mir dieses Jahr zu Weihnachten ein bisschen Wärme, öfter mal ein Lächeln und dass mir die verzeihen mögen, denen ich dieses Jahr vor den Kopf gestoßen oder mit meiner Art überfahren oder gar überfordert habe.....
Ich weiß, das ist dieses Jahr ein langer Wunschzettel. Aber er ist wohl durchdacht.......damit das nächste Jahr besser wird als dieses......