Die Idee mit dem Supermarkt und die Kombination solcher Phantasien mit so banalen Dingen wie Tomatensauce ist inspirierend.
Sie war wieder da. An Kasse 1. Alle anderen waren geschlossen. Zu wenig Kunden, eine weitere zu öffnen und mir blieb nichts anderes übrig, als mich ans Ende dieser Schlange zu stellen. Mir zitterten die Knie, während ich meine Ware auf das Band legte. Der nächste Kunde war kassiert, das Band rückte vorwärts, erbarmungslos. Sie hatte mich nicht bemerkt. Noch nicht. Ich stand an der Pforte des Hades, zu spät, noch umzukehren, hatte meine Ware bereits auf das Band gelegt. Es rückte vorwärts. Unerbittlich. Die Ware, sie folgte wie eine Armee, im Gleichschritt. Auch ich musste folgen, ob ich wollte oder nicht, wagte nicht, jetzt noch die Flucht zu ergreifen. Es war zu spät. Ihr blondiertes Haar, die stahlblauen Augen, ihre Gestalt, ihr straff zusammengezogenes Dekolleté. Ihre Präsenz ließ mich am ganzen Körper schlottern und ich musste mich an der Edelstahlschiene festhalten, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Ein Kunde vor mir, nur ein einziger trennte mich und die Kassiererin. Jede Ware, die sie über den Scanner zog, konnte genauso eine Peitsche sein, die tiefe Striemen auf meinem Rücken zog. Da fiel eine Weinflasche auf dem Band um, schroff fuhr sie den Kunden an: „Einfach hinlegen!“ Im ersten Moment dachte ich, der Befehl hätte mir gegolten, doch bevor ich folgte, erkannte ich mein Missverständnis. Ihre Hand umschloss eine Tube Tomatensoße, als wäre sie eine Knute. Der Kunde vor mir war abgefertigt und ich war dran. Endgültig. Ihre Augen aus Stahl durchlöcherten mich, sie hatte mich wiedererkannt. Ihren Lippen entwich ein Seufzer. Der Seufzer der Verachtung, den sie für mich übrig hatte. Wie immer, Was wagte ich, mich an ihrer Kasse anzustellen und was hat mich überhaupt geritten, ihren Laden schon wieder zu betreten? Ihr Reich, ihren Supermarkt? Hätte ich einen Wunsch frei, wäre ich tief im Boden versunken. Wie ein Reh wandte ich meinen Blick ab, während ich meine Ware einsammelte.
„Wie wollen Sie zahlen? Bar oder mit Karte?“ Mir kam ein Bild vor Augen, wie ich vor mir auf die Knie fiel und forderte: „Mit Bestrafung!“ Ich konnte mich gerade noch zusammenreißen und flüsterte: „Mit Karte bitte.“