Die linke Tür des Büros wurde geöffnet. Ein Herr kam herein, wohl Anfang vierzig, sportliche Figur, kantiges Gesicht mit gepflegtem, kurzgeschorenem Bart, offenes Leinensakko über krawattenlosem, schimmerndem Hemd, dazu eine schwarze Hose, der man den Preis trotz der lässigen Knautschfalten ansah. Beim Queren des Raums nickte er den beiden Frauen und dem einen Mann an ihren PCs freundlich zu. Als er den Raum durch die rechte Tür verließ, blieb für einige Augenblicke ein Hauch von schwer definierbarer herber Männlichkeit zurück.
Während die Frauen ihm auf seinem kurzen Weg nachsahen, konzentrierte sich der Mann auf seinen Bildschirm. Kurz darauf sah er auf seine Armbanduhr, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und lehnte sich zurück. Schließlich stand er auf.
»Mittagspause - ich geh mir mal die Beine vertreten! Bis dann!«
»Der vertritt nicht lang, nur bis zum Rauchereck im Hof!«, lachte die eine der beiden Frauen ihm nach, eine vielleicht dreißig Jahre alte Blondine mit kecker Stupsnase, zu der ihr gepunktetes Sommerkleid passte.
Ihre Kollegin, ein paar Jahre älter, brünett, in Jeans und ärmelloser Bluse, gab ihr Recht: »Mich wundert, wie Robert es überhaupt so lange durchhält bis zur Pause! So wie der nach Zigaretten riecht, qualmt er wenigstens eine Schachtel am Tag!« Sie kramte in ihrer Handtasche nach ihrer Tupperdose mit Obstsalat. »Sag mal, Susie«, fuhr sie dann fort, »was hältst du eigentlich von Herrn Krakert?«
»Unserm Chef? Wie meinst du das?«
»Na ja, würde mich interessieren, wie du über ihn denkst.«
»Was soll ich sagen, Jenny, er gehört nicht zu der Kategorie Männer, die mich interessiert. Einfach rein finanziell eine andere Liga, würde ich sagen. Warum fragst du?«
Die Brünette zögerte etwas zu lange, dann: »Ach, nur so!«
»Wieso willst du das denn wissen?«
»Egal. - Hast du heute Abend was vor? Ich würde gern in diese neue Bar gehen, die da neben dem Hotel Hartmann eröffnet hat, ich nehme an, du hast davon gehört?«
»Gelesen, ja. War ja groß in der Zeitung!«
»Die soll recht schnuckelig sein, und sie sollen einen super Barmixer haben, der die tollsten Cocktails herstellt. Und in den ersten drei Wochen alles zwanzig Prozent billiger! Was meinst du?«
»Na ja, Cocktails. Nach dem letzten an Silvester war ich bettreif.«
»Er soll auch wahnsinnig leckere alkfreie Drinks mixen!«
Susie überlegte. »Wann würdest du denn ...«
»Na, gleich nach Feierabend halt!«
»Ich habe aber heute außer Frühstück noch nichts gegessen, da habe ich keine Grundlage für einen Cocktail!«
»Okay, wir können ja vorher kurz einen Hamburger und Pommes einschieben, komm schon, ich lade dich ein!«
»Hast du heute deine Spendierhosen an? Da bist du zwei Tage neu in unserem Betrieb, und schon - «
»Nö, aber ich will nicht alleine. Außerdem, wo wir nun im gleichen Büro sitzen, dachte ich, sollten wir uns mal etwas näher kennenlernen? Also was ist?«
»Wenn du mich gleich einlädst, wie kann ich da nein sagen! Aber ich kann auch selbst bezahlen, du musst das nicht! Also dann gern, du hast ja Recht! Da sitzen wir uns den ganzen Tag gegenüber und keine kennt die Andere wenigstens ein bisschen!«
Vielen Dank das du diese Geschichte mit und teilst!
Mir hat sie sehr gut gefallen, deine Protas sind echt gut beschrieben und ich konnte mir alles bildlich vorstellen. Auch das Ende gefällt mir super, wo man doch bis dahin dachte...... ☺️
Lieber Poet, Die Beschreibung deiner Protagonisten hat in meinen Kopf, Bilder erzeugt, ich konnte sie vor mir sehen. Ich hab das knistern gespürt, das du in die Geschichte gepackt hast. Auch die Spannung bis zum Schluß, und doch hat mich dann das Ende überrascht. Dankeschön für diese tolle Geschichte, die nach einer Fortsetzung schreit.
Ich fand den schnellen Szenenwechsel ganz cool. Das hat der Entwicklung eine gewisse Dynamik gegeben.
Auch abwechselnd die Erfahrung mit dem Chef und das Gespräch mit der Kollegin zu sehen, hat mir geholfen, die Protagonistin besser zu verstehen. Das gab einen schönen Kontrast zwischen ihren Erlebnissen und ihrer Bewertung im privaten Austausch.
Eine schöne Geschichte mit einem interessanten Ende . Sie war flüssig zu lesen und unterhaltsam. Das einzige was mich ein wenig gestört hat waren die abrupten wechseln der Szenen . Das fand ich mitunter etwas schwierig im Übergang .
Aber ansonsten sehr stimmig geschrieben.
Lediglich die Nachnamen sind ein wenig über eindeutig .
Ich werde diese Geschichte oldschool nennen, um sie nicht aus der Zeit gefallen nennen zu müssen.
Sie erinnert mich an die guten Geschichten mit denen ich vor zwanzig Jahren oder mehr ins Genre eingeführt haben. Die BDSMler die husch husch in Geheimlogen ihrem Lieblingszeitvertreib nachgehen. Wo Neulinge in Irre komplexen Prozeduren in den Lebensstil der Reichen und/oder Schönen eingeführt werden, vermutlich weil der BDSM-Club der Wahl nur Freitags eine open-soirée hat und man gerade Freitags keine Zeit hat?!
Ich mochte die Geschichte, sie hat mich schmunzeln lassen. Gerade weil ich damals meinen Teil beim fabulieren beigetragen habe.
Geschätzter poet, feinste Unterhaltung zum Nachmittagskaffee an einem Sonntag im Oktober, der schöner kaum sein kann.
Da ist Susie aber wirklich in ein Netz geraten, welches immer enger um sie gespannt wurde, ohne, dass sie es bemerkt hat. Klar haben eigene Sehnsüchte eine große Rolle gespielt, aber die Rolle, die Jenny gespielt hat war wohl ausschlaggebend. Es war so ein bisschen, wie das Geschehen vor dem Spinnenbiss, ist man einmal in die Fänge geraten, hat man wohl keine Chance mehr. Wobei Susie ja auch nicht wirklich versucht hat, dem der da sein Ränkespielchen gespielt hat, zu entfliehen.
Danke für eine feine, wunderschön erzählte Geschichte, die ich sehr gern gelesen habe!