Beste Timbre,
Viele Begrifflichkeiten des D/S sind dem religiösen oder kirchlichen Bereich entlehnt. Da fehlten jetzt nur noch die selbstlosen Subdiakonissinnen
Aber die Geschichte spricht einen durchaus bedenkenswerten Umstand an. Gelesen habe ich von einzelnen Professionellen (nicht nur in den USA), die sich spezialisiert haben auf Kundenkreise, die in Sachen Intimität im Leben leer ausgehen: Nie berührt, nie angeschaut werden, nie lustvolle körperliche Nähe erfahrend, zum Beispiel aus Gründen schwerer körperlicher Makel oder totale Immobilität. Das ist eine schlimme Vorstellung. Im Text wird das nicht angesprochen, aber was sonst? Jeder ansonsten einigermaßen Gesunde sollte in der Lage sein, mit etwas Bemühen, Abstrichen und wenn er keine Ekelpackung ist, selbst für seine Bedürfnisse zu sorgen, ohne Käuflichkeit und „Sex auf Krankenschein“. Oder geht es in Deinem Text um Wahllosigkeit?
Was mir in Deinem Text weniger gefällt ist, dass Du ihn in zwei fast identische „Hälften“ zerbrochen hast. Dieser Bruch in der Mitte wäre gar nicht nötig gewesen, weil es ja ziemlich naheliegend ist, dass die Idee für beide Geschlechter gilt.
Auch hat mir weniger gefallen, dass Du so selbstverständlich die traditionelle Geschlechtszuordnung (M/f) mit D/s verknüpfst. Für mich ist das die Gretchenfrage, ob BDSM der Gesellschaft als ein „alter Zopf in neuen Schläuchen“ wächst, oder ob er Ausdruck einer Öffnung oder Offenheit der Sexualität ist. Letzteres nehmen BDSM-Sprecher ja gern für sich in Anspruch, wenn sie sich an die Öffentlichkeit wenden. Daran beißt sich auch (zwangsläufig) der Feminismus fest; naturgegebenes Frauchen=sub. Als störend empfinde ich es immer dann, wenn dies wie selbstverständlich mit typisch weiblichen Dienst-Berufen einhergeht.
Sorry, dass ich Deinen Text gerade so befrachte, aber mit Deinem Thema Dienstleistungs-Institut machst Du natürlich Fässer auf. Das Augenzwinkern kann dabei bestenfalls ein wirkungsvolles Transportmittel sein. Meines Erachtens ist es nicht der beiderseitige Lustgewinn, der „Schlage-Verhältnisse“ zum BDSM macht, sondern die Transparenz und das beiderseitige Wissen darum. Das zum Ausdruck zu bringen, ist in meiner Lesart die Stärke Deines Textes. Auch der Titel der Geschichte ist klasse für das Gedankenexperiment gewählt.