Ich hab’ jetzt wirklich lange überlegt, ob ich mich auch noch dazu äußern soll, aber ok, here we go, mein Standpunkt.
Um zuerst auf die Frage von Poet zu antworten: nein, ich möchte keinen solchen Schwiegervater, ich möchte niemanden dieser Gesinnung zu meinen Bekannten zählen - die Verwandtschaft kann man sich ja leider nicht aussuchen. Ich weiß auch nicht, was Poet mit seiner Geschichte aussagen wollte, aber ich habe dazu meine eigene Interpretation.
Tja, was soll man sagen. Eine kurze und kurzweilige Geschichte, die leider die bittere Realität an (deutschen?) Stammtischen aufzeigt.
Typisch, der ewige Angeber, oft der Wortführer, der um Bewunderung buhlend mit reißerischen Anekdoten sich permanent in den Vordergrund spielt. Ein geltungssüchtiger Maulheld, der nur um der Effekthascherei wegen immer absurdere Geschichten erfindet, völlig ungeachtet der daraus möglicherweise resultierenden Konsequenzen.
Keiner seiner völlig unkritischen Anhänger, die an seinen Lippen hängen und gierig auf jedes weitere Wort warten, keiner von ihnen zieht davon jemals irgendetwas in Zweifel und das ist es, was sie, solche Aufschneider im übertragenen Sinne so gefährlich macht; die Stories können noch so hanebüchen sein, da wird nichts in Frage gestellt, niemand misstrauisch.
Jetzt kommt da jemand daher, der es wagt, die heilige, bierselige Männerwelt der „echten Kerle“ zu stören, sich ungefragt einmischt und doch tatsächlich Fakten auf den Tisch legt. Eine Spaßbremse, die sich nicht nur dem Alkoholkonsum verweigert, sondern, jetzt auch noch den „Held“ zerlegt und als das entlarvt, was er tatsächlich ist: lediglich ein um Aufmerksamkeit heischender Prahlhans, dessen ganze faszinierenden Geschichten nichts als frei erfunden waren.
Der Störenfried hinterlässt eine frustrierte (Alt-?)Herrenrunde, die sich plötzlich ihres Idols beraubt sieht, deren bewunderter Held mit seinen beeindruckenden Erfahrungen schlagartig demontiert dasteht. Aber nicht derjenige, der sie die ganze Zeit vorgeführt hat, dessen Erzählungen sich letztendlich als erstunken und erlogen herausgestellt haben und wie Seifenblasen zerplatzt sind, nicht gegen ihn wendet sich der Groll. Nein, der einzige, der sich nicht hinters Licht führen hat lassen und das Hirn eingeschaltet hat, der die Wahrheit aufgedeckt hat, der einzig „Aufrechte“ wird nun diffamiert als Besserwisser.
Nicht auf die Person des Lügners entlädt sich jetzt die Wut, sondern auf den, der es gewagt hat, dem Helden die Maske vom Gesicht zu reißen
Es ist so bequem, sich der gängigen Mehrheitsmeinung anzuschließen, die vermeintlich harmlosen Stammtischler vielleicht nur zu belächeln oder einfach gleich allen anderen nach dem Mund zu reden, nur um die Harmonie nicht zu stären.
Im Gegensatz dazu bedarf es einer gehörigen Portion Mut, seine eigene Meinung zu vertreten, sich gegen die vermeintliche Mehrheitsmeinung zu stellen, gegen den Strom zu schwimmen, vor allem, wenn die Mehrheit komplett anders tickt, selbst wenn es nur darum geht, Wasser statt Bier zu trinken.
Verwunderlich, bemerkenswert, traurig, fast schon beschämend, mit welcher Vehemenz dieser aufgeblasener Wichtigtuer verteidigt wird, derjenige, der seine Kumpels, seine ach so guten Freunde tatsächlich jahrelang belogen, ihnen schamlos Bären aufgebunden hat. Ich kann das Verständnis für einen solchen Typen nicht nachvollziehen.
Grosskotzige Blender sind leider immer angesagt, sie finden stets ihre ergebenen Fans, die ganzen Hirnlosen, die ihnen hinterherlaufen, alles ohne zu hinterfragen einfach glauben und dann gerne auch mal die Geschichte selber in die Hand nehmen. Die passende Gefolgschaft für Verleumder und Agitatoren, die ohne Rücksicht auf Verluste das Blaue vom Himmel herunterlügen, um sich in den Vordergrund zu drängen und die Meinung anderer nach ihrem Gusto zu manipulieren. Wenn dann aus Worten Taten werden, kann das fatale Folgen haben.
Was diese Typen mit ihren Fantasiegeschichten anrichten und angerichtet haben, kann und konnte man immer wieder in Politik und Gesellschaft betrachten. Egal, ob ein Baulöwe Schneider im feinen Anzug mit seinen Lügen die Leute um Millionen betrogen hat oder der aktuelle „Fake-„News Präsident der USA, der mit seinen sog. „alternativen Fakten“ Politik macht oder seine Vorgänger, die mit frei erfundenen Schauergeschichten sogar Kriege begonnen haben
Aber nicht derjenige, der Lügen als solche entlarvt, ist zu verachten, sondern derjenige, der lügt, egal ob es selber erfundene Stories sind oder einfach die unreflektierte Wiedergabe von „Gehörtem“ ist; nicht derjenige, der die Missstände aufdeckt, ist der Schuldige, sondern der, der sie verursacht hat.
Schon bezeichnend, traurig, wie wenig die Wahrheit offensichtlich wert ist, wieviel Mitleid es mit dem Maulhelden gibt und wie derjenige, der ihn enttarnt, an den Pranger gestellt, niedergemacht und beschimpft wird.
Toleranz für den Möchtegern-Abenteurer und seine Märchen ist hier meiner Meinung nach völlig unangebracht. Eher fast noch Mitleid mit diesem Großmaul, das in Wirklichkeit ein um Beachtung winselndes, ganz armseliges, eigentlich bedauernswertes Würstchen ist. Das es anscheinend nötig hat, um damit sein in Wirklichkeit wahrscheinlich todlangweiliges Leben zumindest in seiner Fantasiewelt zu kompensieren.