Draußen ist Hamburg und Regen und Herbst. Drinnen ist Lissabon. Und Fado. Und die Erinnerung an eine Begebenheit zur Zeit der portugiesischen Nelkenrevolution. Eine Peitsche trug er in die Pension, cremte sie mit Hautöl ein und hieß X, sich zu entkleiden. Damals in Lissabon.
Es hilft nicht, sich etwas vorzumachen. Hier ist nicht Lissabon. Auch wenn die an den beiden hinteren Tischen Fado singen. Seit mehr als einer Stunde singen sie abwechselnd. Ich habe versucht herauszufinden, ob sie ein System haben, bin zu dem Schluss gekommen, es gibt keines. Oh, sie können es gut. Lieder von Traurigkeit, von einer solchen Traurigkeit, dass es mir ist, als wäre ich in Lissabon. Ich habe mein Gericht verzehrt. Vor eine halben Stunde schon, vielleicht ist es auch länger her, habe ich den letzten Bissen in den Mund geschoben, habe neuen Wein geordert, wollte gar bezahlen und gehen. Aber ich konnte es nicht. Ich brachte es nicht über mich, den Ort zu verlassen, obwohl ich erwartet werde. Jetzt sitze ich ohne eine Teller vor mir zu haben hier, trinke Wein und höre der Traurigkeit zu, die auf Noten zu mir reitet.
Der Text atmet Fado, verströmt Fado, ist von Fado durchdrungen. Eine leise und doch kraftvolle Melancholie. Igendwann fahre ich auch mal nach Lissabon, mit oder ohne Peitsche.
Bei der Gelegenheit gleich noch Geschichtskenntnisse zur Nelkenrevolution gefestigt.
Ausdrucksstarke Bilder hatte ich sofort vor Augen, als ich diese Zeilen gelesen habe. Musikalisch unterlegt, erkennbar, spürbar. Es müssen tolle Tage gewesen sein, damals in Lissabon.
Ein wenig gestört hat auch mich das X. Es unterbricht den Lesefluss, fühlt sich irgendwie nicht richtig an.
Danke für eine ganz besondere Rückblende, die ich gern gelesen habe.
In Liedern hängen ganz viele Erinnerungen, genau solche beschreibst Du in einer ganz eigenen, aber ganz lebendigen Sprache. Es las sich sehr persönlich, vielleicht auch, dass Deine Mitreisende nur X genannt wurde, was ich nicht so schön fand, dann lieber einen richtigen Namen benutzen. Und die Bezeichnung des Links war etwas irreführend, ich dachte dort geht die Geschichte weiter, war aber nicht so!
Danke für diese schöne Verbindung von der Musik und Erinnerungen
Bilder,die mich faszinieren. Worte, die sanft und beruhigend, in wunderbarer Sprache mich mitnehmen und dann Sätze wie "Jedenfalls kotzten wir uns die Seele aus dem Leib während des restlichen Tages und auch durch die Nacht.",die auf der einen Seite erst so gar nicht passen wollen zum Stil der Geschichte und genau darum die Geschichte "rund" machen.
Was mich allerdings stört, ist, dass der Link mich nicht direkt dorthin führt, wo ich vermutete, sondern ich einiges "durchklicken" musste, um weiteres zu finden
Die Situation vor der Rückblende ist plastisch beschrieben. Es fällt leicht sich die Situation vorzustellen und der Rückblende zu folgen. Ein wenig befremdlich empfand ich das Sie keinen Namen hatte. Es vermittelt den Eindruck dass die Beziehung oberflächlich, kurz und heftig war. Reizvoll.