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Rezension: "9 1/2 Wochen" von Elizabeth McNeill

Die meisten Leute kennen den Film mit Kim Basinger und Mickey Rourke. Doch auch wenn der Hollywoodfilm es durchaus schaffte, gewisse Stimmungen des Buches aufzugreifen, konnte er gegen das Buch nur verlieren: Es fesselt und schockiert gleichermaßen.

Ein Blogbeitrag von Devana.

  • Info: Veröffentlicht am 01.10.2009 in der Rubrik Gelesen.

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  • Inhalt: Blogbeiträge bilden die Meinung der Autorin oder des Autors ab.

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Die meisten Leute kennen den Film mit Kim Basinger und Mickey Rourke. Doch auch wenn der Hollywoodfilm es durchaus schaffte, gewisse Stimmungen des Buches aufzugreifen, konnte er gegen das Buch nur verlieren. Das Buch stand jahrelang auf dem Index und ist seit 1999 wieder erhältlich.

 

Die Ich-Erzählerin des Buches schildert in einer oft beängstigend distanzierten Weise ihre Beziehung zu »ihm«. Dennoch ist man von der Geschichte schon bald gefesselt und blättert gebannt Seite um Seite um.

 

Kennen gelernt haben sie sich auf einem Straßenfest. Die ersten Treffen verlaufen noch relativ harmlos. Beim Sex hält er ihre Arme oberhalb des Kopfes fest und ihr gefällt es. Doch die Beziehung verändert sich Stückchen für Stückchen mit jedem erneuten Treffen, bis sie schließlich fast nur noch bei ihm wohnt. Jeden Abend, wenn sie nach der Arbeit seine Wohnungstüre hinter sich schließt, legt sie ihre Verantwortung für sich selbst ab und begibt sich in seine Hände. Er pflegt sie, wäscht sie, kleidet sie an, kleidet sie aus, kocht für sie, füttert sie, fesselt sie, schlägt sie. Beiden gefällt es. Er treibt sie über ihre persönlichen Grenzen. Ein Nein wird nicht akzeptiert. Ein Nein würde das Ende der Beziehung bedeuten. So geht sie immer weiter. Sie wird ihm hörig und ist sich dessen bewusst.

 

»Die nächtlichen Spielregeln bestimmten, dass ich hilflos war, abhängig, ganz umsorgt. Niemand erwartete Entscheidungen von mir, ich trug keine Verantwortung. Ich hatte keine Wahl.

Ich liebte das, ich liebte das, ich liebte das, ich liebte das, ich liebte das. Von dem Augenblick an, in dem ich die Tür seiner Wohnung hinter mir zu machte, gab es für mich nichts mehr zu tun, ich war dazu da, mit mir geschehen zu lassen.«

 

Seine Forderungen werden immer extremer, ihr Widerstand immer geringer, ihre Selbständigkeit ebenso. Außerhalb ihres Berufslebens ist sie irgendwann nur noch auf ihn fixiert, weiß ohne seine Befehle nichts mehr mit sich anzufangen. So steuern sie beide auf den Abgrund zu.

 

Der Autorin ist es gelungen, fernab jeglicher Klischees, den Verlauf einer ganz besonderen Beziehung zu schildern. Wörter wie Sklavin, Sub, Dom oder Unterwerfung findet man nicht. Es gibt keine Rituale, keine standardisierten Lippenbekenntnisse, kein Lack und Leder. Dafür zu Beginn viel Erotik, Fantasie und auch so etwas wie Gefühl, trotz der an einen Bericht erinnernden Schilderung der Geschehnisse. Zu Beginn denkt man sich: »Oh ja, so sollte es sein.« Doch zunächst kaum merklich kippt die Situation. Immer extremer werden seine Forderungen. Immer mehr verliert sie sich in ihm, doch kann er sie nicht auffangen, bemerkt es gar nicht oder will es gar nicht. Was ist falsch gelaufen? Zu Beginn des Buches wird von seinen Katzen berichtet, deren unfreiwilliger Besitzer er geworden ist. Dennoch hegt und pflegt er sie, kann sie nicht dem Tierheim überlassen, obwohl er kaum eine Beziehung zu ihnen aufgebaut hat. Seine Beziehung zu »ihr«, ähnelt dem sehr. Für ihn ist sie ein faszinierendes Objekt, das er nach seinen Vorstellungen formt. Doch eine echte Liebesbeziehung zu ihr aufzubauen scheint ihm unmöglich zu sein.

 

Die Geschichte macht einem klar, wie schnell ein »immer mehr haben wollen« in den Abgrund führen kann. Hier wurde irgendwann eine unsichtbare Linie überschritten. Als der Absturz kommt, ist er nicht in der Lage, dagegen zu steuern. Dazu fehlt es ihm an der emotionalen Verbundenheit mit ihr, so dass er gar nicht merkt, welchen Kurs sie eingeschlagen haben.

 

Ich kann dieses Buch nur empfehlen. Es fesselt und schockiert gleichermaßen.

 

Anmerkung: Das Buch erschien 1979 unter dem Titel »Neun Wochen und drei Tage - Erinnerungen an eine Liebeserfahrung« im Rowohlt Verlag und ist im modernen Antiquariat diverser Internetseiten oft zu finden. Die Neuauflage ist 1999 im Marterpfahl Verlag erschienen.

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

Gelöscht.

28.04.2021 um 02:42 Uhr

gute Rezension.

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Rote Sonne

Profil unsichtbar.

17.01.2015 um 01:47 Uhr

Mit ziemlich gemischten Gefühlen hatte ich dieses Buch gelesen, immer im Hinterkopf, dass es eine wahre Geschichte war. Erotisch fand ich dieses Buch nicht, eher bedrückend, traurig. Als von einigen Begebenheiten berichtet wurde, wie zum Beispiel „er legte mir immer meine Sachen heraus, zog mich an und zog mich auch wieder aus!“ oder „er kaufe ein, kochte und fütterte mich!“, dachte ich im ersten Moment, was für ein Service. Aber dieser Gedanke hielt keine 10 Sekunden an und schlug direkt in „Oh-mein-Gott“ um. Klingt im ersten Moment wirklich verlockend, aber so etwas möchte ich wirklich nicht erleben.

Sein Verhalten erinnerte mich an diese Männer, dieser Feeder, die ihre Frauen mästen, sie abhängig machen, um sie zu umsorgen zu können. Nicht, dass er sie so fütterte, aber diese Fürsorge erinnerte mich an diese Leidenschaft.

Sie war von seinen Orgasmen abhängig, wie ein Junkie von seinen Drogen und durch diese Begebenheit forderte er von ihr immer mehr, immer größere Taten. Wenn sie nicht folgte, drohte er ihr mit der sofortigen Trennung. Sie geriet in eine Spirale… Ob sie aus dieser heraus kam?

Das Buch endet bewegend und war absolut lesenswert. Spannend, mitfühlend und nachdenklich geschrieben.

 

Danke für Deinen Buchtipp, ohne diesen, hätte ich mir dieses Buch nie gekauft!

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Quälgeist

Autor.

16.12.2014 um 22:28 Uhr

Ich habe das Buch nun auch vor kurzem aus dem Internet ( Marterpfahl Verlag ) erhalten. Endlich! ich hätte nicht nicht gedacht, wie verwässert der Film gegenüber dem Buch ist.

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Rote Sonne

Profil unsichtbar.

16.12.2014 um 21:37 Uhr

Vom Titel eine langweilige, amerikanische Liebesgeschichte erwartet und vollkommen überrascht worden. Deine Rezession las sich total spannend, dank einem Auktionshaus, die Original-Ausgabe bekommen und nun hoffe ich, dass das Buch noch spannender ist. Und das schönste ist, ich kenne den Film nicht.

Danke für Deine Beschreibung...

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Gryphon

Autor.

09.04.2012 um 20:09 Uhr

Meine Güte, jetzt lese ich deine Rezension schon zum dritten Mal, und jedes Mal hatte ich mir vorgenommen, diesen Klassiker, den ich nie gelesen habe, unserem Bücherregal zuzuführen, gerade weil ich mit dem Film nie etwas anfangen konnte. Jetzt habe ich es gerade geschafft und das Ding antiquarisch für sage und schreibe 3,37 € bestellt

 

Grüße von Gryphon

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Quälgeist

Autor.

27.03.2012 um 10:42 Uhr

Danke für diesen Buchvorstellung - ich werde das Buch darauf wirklich lesen wollen; nach dem Film, den ich einmal gesehen habe, hatte ich das Bedürfnis nicht, er war mir zu "amerikanisch", also bis auf Kim Basinger nicht unbedingt sehenswert.

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Gelöscht.

27.03.2012 um 01:36 Uhr

Ich hatte das Buch gelesen bevor es den Film gab ... und ich war vom Film enttäuscht. Gerade dem in der Rezession sehr gut beschriebene "Absturz" fehlt es im Film an der Intensität (des Buches).

Sehr gute Rezension!

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dienerin

Autorin. Förderer.

14.11.2011 um 07:37 Uhr

ich habe gerade die Rezension gelesen

Ich habe den Titel schon gehört, aber weder den Film gesehn noch das Buch gelesen

deine Rezension macht Lust auf das Buch,

mal schauen ob ich es irgendwo finde

Danke für die Beschreibung

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Schattenwölfin

Autorin. Förderer.

07.10.2011 um 18:26 Uhr

Ich habe den Film geliebt und mir im Kino bestimmt fünf- oder sechsmal angesehen, weil er das Yuppie-Gefühl der 80er Jahre in schöne Bilder gefasst und mit guter Musik untermalt hat. Oder war da doch noch mehr? Ein bisschen bestimmt Kim Basinger eine galaktische Schönheit, wie der große Federico Fellini zurecht festgestellt hatte. Damals war ich Mitte 20. Ich habe mir das Buch besorgt, das der Buchhändler tatsächlich aus einer dunklen Ecke seines Ladens hervorgekramt hat. Es hat mich verschreckt. Es hat mich in eine Welt geführt, die ich nicht habe betreten wollen, nicht mal ansatzweise.

Beinahe ein Vierteljahrhundert später habe ich mich dieser Welt geöffnet und das Buch noch einmal gelesen. Ich finde es bedingungslos und deswegen gefällt es mir. Demnächst werde ich mir den Film wieder ansehen und er wird verblassen – Kim Basinger nicht.

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Gelöscht.

10.07.2011 um 13:01 Uhr

Tja, was soll ich dazu sagen. Ich kenne den Film - jetzt werde ich mir wohl doch noch das Buch holen und lesen. Ich bin neugierig geworden. Super.

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