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Mein ökologischer Fußabdruck nach einer sternenklaren Sommernacht

Vom Parkplatz aus beobachte ich die Klubbesucher, meist deutsche und russische Touristen. Ich sehe, wie Stefan eine studiogebräunte Frau antanzt. Mit den beiden könnte es etwas geben in dieser Nacht. Wird es aber nicht. Ich habe meine schwarzen Haare schließlich nicht umsonst straff und streng zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.

Eine BDSM-Geschichte von Hekate.

  • Info: Veröffentlicht am 27.07.2019 in der Rubrik BDSM.

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Diese Geschichte erreichte Platz 4 im Schreibwettbewerb "Erotische Sommernachtsfantasie" (»Schreibwettbewerb: Sommernachtsfantasie«).

 

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Über Neuzelle fahre ich in Richtung Frankfurt, biege auf die Autobahn, erreiche nach guten hundert Kilometern Schönefeld. Im Parkhaus löse ich mein Ticket. Es ist sechzehn Uhr, ich bin spät dran. Da ich lediglich mit Handgepäck reise, ist das kein Problem. An der Personenkontrolle schaut die Sicherheitsfrau in meine Handtasche.

„Der Hund ist schon in Palma“, sage ich, während die Frau darüber nachdenkt, ob ich mit Halsband und Leine zu einer terroristischen Aktion fähig wäre. Sie nickt mir nach einigen Sekunden freundlich zu. Hinter der Schleuse ziehe ich einen Kaffee im Plastikbecher aus dem Automaten, nehme gegen den Durst eine PET-Flasche voller Wasser. Nach dem Aufruf warte ich, gehe als letzte zum Schalter, werfe die angetrunkene Flasche und den Plastikbecher in den Müll, suche meinen Platz im Flugzeug, habe Glück. Ein ruhiges älteres Paar sitzt neben mir. Jungfamilien, Kinder, solvente ältere Knaben oder schwatzende Frauen mag ich nicht. Kurz nach fünf startet das Flugzeug. Ich bestelle ein Menü. Es kommt in Plastik. Zahlen, essen, lesen. Noch ist es hell draußen, wolkenfrei. Kurz vor acht landet die Maschine. Zweitausend Kilometer, das sind hundert Liter Kerosin, setze ich fünf Liter auf hundert Passagierkilometer an.

 

Für meinen Leihwagen musste ich ein paar Mal telefonieren. Ein Auto mit richtigem Kofferraum ist schwer zu bekommen. Von Palma fahre ich nach Norden in Richtung Can Picafort, eine Stunde, knappe siebzig Kilometer. Ich halte zwischendurch an einem Baumarkt in Manacor, kaufe Kabelbinder, zwanzig Meter dünnes Seil, eine Schere, ein Stück Kabel, gummiummantelt. Dabei denke ich an die Sicherheitsfrau am Flughafen. Die Sonne neigt sich, als ich den Baumarkt verlasse. Ich habe noch mehr als zwei Stunden Zeit, fahre nach Can Picafort, gehe zum Meer. Wellen, Wasser, Ruhe. Ich mag es, barfuß zu laufen. Nein, ich liebe das Meer nicht. Noch nie habe ich das Meer zurückrufen hören, dass es mich ebenfalls liebt. Mir gefällt die Weite, das ewige Geräusch, älter als jedes Leben auf der Welt. Das ist alles.

 

Ich beende meinen Spaziergang am Strand. Es ist elf Uhr abends. Zeit der Urlauber, die jetzt Restaurants und Diskotheken besuchen. Am Auto ziehe ich mich um. Im Handgepäck liegen meine Lederstiefel, glänzend, schwarz, wadenhoch, geschnürt, scharf geschnittenes Profil, Hartgummi. Flache Absätze. Hochhackig geht nicht im Sand. Meine Turnschuhe und die Jeans lege ich auf den Beifahrersitz, ziehe meinen braunen Lederrock über. Das Ding reicht mir bis knapp über den Hintern. Strumpfhosen brauche ich nicht. Mehr Strenge im Gesicht ist nötig. Ich streiche meine schwarzen Haare nach hinten, straff, streng, binde mir einen Pferdeschwanz. Meine Lippen bleiben dünn, scharf nachgezogen. Augen schmal, katzenartig, Wangenrouge, je nach Interpretation Erregung, Ärger oder Unduldsamkeit zeigend. Oben belasse ich es beim handfesten Herrenhemd nach Holzfällerart, passend zum Rock. Ein neues Parfum habe ich dabei. Es assoziiert Mittelmeer, Sand, Sommernacht. Die Macher sind Künstler. Ich trage unkonventionell auf. Meine Waden direkt oberhalb der Stiefel, Handrücken, Innenseiten meiner Oberschenkel. Das genügt. Der Parkplatz ist kaum gefüllt. Musik höre ich bis hier. Der Klub ist nicht ganz voll, die meisten Touristen sind Deutsche und Russen. Ich sehe Stefan auf der Tanzfläche. Die Show beginnt. Er hat eine Frau angetanzt, etwas älter, Haut in ungesunder Sonnenstudiofarbe. Mit den beiden könnte es etwas geben, sie schaut ihn so an. Stefan würde es auch tun, aber nicht in dieser Nacht. Ich gehe zu ihm. Das Erkennen blitzt in seinem Gesicht auf, eine Vorfreude, eine Bereitschaft, sich dreinzugeben.

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

Sophie Amalia

Autorin.

11.11.2021 um 08:29 Uhr

Liebe Hekate,

wie wunderbar diese Geschichte aufgelöst wurde. Kennt man die eine Seite dieser Frau, würde man nie erahnen wie das andere Leben aussieht. Und doch geht es um dieselbe Person.

Mittendrin dachte ich mal kurz, die Session ist mir gerade völlig egal, verrate mir einfach wie die beiden zueinander stehen. Aber nein, alles gut, die Neugier war lediglich zu groß.

Darüber hinaus hast Du mich wunderbar in Urlaubsstimmung versetzt. Vielleicht schafft es die Sonne heut hervor, dann werde ich an den Strand denken und daran, dass es sich immer lohnt hinter die Fassade eines Menschen zu blicken, vielleicht finden wir dann etwas völlig Unerwartetes.

Danke, für Deine Geschichte.

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Campanula

Autorin.

11.11.2021 um 00:00 Uhr

"Die Nacht ist hier anders als in Deutschland, voller Gerüche, dichter, wärmer. Nördliche Nächte haben nur an besonderen Sommertagen etwas Lebendiges. Sie sind strenger, kälter, ein leeres Nichts nach sachlichem Tag. Nächte im Süden sind lebendig wie ein großes, dunkles Tier, sie wirken wie eine Verkündung, ein Versprechen auf etwas Schönes, später."

 

In diesen Absatz, diese Formulierungen habe ich mich spontan verliebt.

 

Außerdem beeindrucken mich die vielen klugen Kommentare, die du mit deinem Schreiben ausgelöst hast.

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Gelöscht.

10.11.2021 um 00:42 Uhr

Ist die Geschichte: originell, ironisch, zynisch, sarkastisch, bissig oder nur unterhaltsam? Oder von allem etwas! Jeder kann das für sich entscheiden. Das ist es auch, was mir an dieser Geschichte gefällt. Danke für den Blick auf unsere Inkonsequenz, alles wird gut bleiben!

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19.05.2021 um 23:53 Uhr

Wunschzetteldominanz auf Rechnung, erlaube mir aus den bereits eingestellten Kommentaren zu zitieren, drückt es mich perfekt aus. Das gute Abschneiden im Schreibwettbewerb ist absolut berechtigt, beschriebt es kühl und sachlich das professionell ausgeübte "Handwerk" der Domina" die dem gut situierten Kunden Stefan Abwechslung, Spannung in sein gelangweiltes Leben ohne Druck liefert, dies in einer entspannten Urlaubs- oder Freizeitstimmung auf Mallorca. Ja, liefert. Es ist sehr interessant den Tagesablauf aus der Sicht der Domina zu verfolgen, ausgehend und endend in ihrem privaten Umfeld. Sie verfügt über die entsprechende Erfahrung in der Ausübung dieser Tätigkeit, auch um das Befinden sowie der sichergestellten Rückführung ihres Kunden in seine alltägliche Welt. Kundenbindung nennt man das dann wohl, ist in ihrem Fall ja auch sehr wichtig; für ihren Lebensunterhalt. Dann kommt dieser Aspekt des ökologische Fußabdrucks, sieht Sie über den Tellerrand hinaus, scheint vielschichtig interessiert zu sein. Stellt sich die Frage ob über ihre zweifellos vorhandene Professionalität Sie diese Tätigkeit auch wirklich gerne macht. Dies bleibt der Fantasie des Lesers überlassen. Es war für mich sehr interessant einen Text aus der Sicht einer Domina zu lesen, hat mir Spaß gemacht diesem zu folgen, möchte Hekate meinen Dank dafür aussprechen, sehr gut gelungen.

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Gelöscht.

06.02.2021 um 02:21 Uhr

Hallo Hekate,

 

nach den ersten paar Zeilen dachte ich ... ok das liest sich sehr schnell, eher wie ein Bericht... , aber dann hatte ich den Eindruck das es wohl genau das sein soll. Ein detaillierter Bericht über den Arbeitstag einer Selbständigen Frau. Nachdem ich den Text als solchen gesehen habe, fand ich ihn gut auch weil er anders ist.

Sie bietet eine spezielle Leistung an und wird dafür gut bezahlt, sowie jede andere Dienstleistung die nicht der Norm entspricht und eben deshalb ihren Preis hat. Der Einblick in das Privatleben zeigt wie es sicher bei vielen Menschen ist. Job und Privatleben sind oft sehr unterschiedlich und ich finde das auch völlig ok. Wenn man etwas gut kann und Nachfrage besteht die dazu noch das Leben finanziert, sollte man es machen. Man muss es natürlich mit sich vereinbaren können und darf nicht nur das Geld sehen. Die angesprochene Umweltverschmutzung ist leider oft eine unschöne Begleiterscheinung. Das es hier auch zum Thema wurde hat mir gefallen, denn es zeigt das Sie sich dessen bewusst ist, es in ihrem Job nicht vermeiden kann aber Privat versucht einen Ausgleich zu schaffen.

 

Vielen Dank

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20.11.2019 um 21:38 Uhr

Bin nur Leser und finde gut und flüssig gestaltet .

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Gelöscht.

13.08.2019 um 23:40 Uhr

Spannender Arbeitseinsatz, mal was anderes als eine Maschinenreparatur.

Gut geschrieben aber schade um die Sommernacht ohne Erotik.

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Meister Y

Autor. Förderer.

06.08.2019 um 12:51 Uhr

geändert am 06.08.2019 um 12:52 Uhr

Liebe Hekate , eine Hochsommergeschichte voller eiskalter Handlung, so was muss einem erst mal einfallen. 

Du hast natürlich Recht, die ökologische Bilanz ist miserabel und lässt sich auch nicht durch Eigenanbau und Biogemüse wettmachen. Das was Deine Protagonistin da aber tut, ist wirklich hochprofessionell. So professionell, wie ich es mir für eine bezahlte Domina auch wirklich vorstelle. Eigene Lust blitzt in keiner Sekunde auf und am Schluss sieht sie sich selbst genau so im Spiegel, wie sie nicht wahrgenommen werden will. Professionell ist auch, dass wir über sie eigentlich nichts und doch eine ganze Menge erfahren.

 

Stilistisch haben mich die Zeilen eher als Reportage, denn als Geschichte erreicht, was bei professioneller Arbeit, genau die hast Du beschrieben, wohl kaum anders sein kann.

 

Danke, dass ich die Zeilen lesen durfte.

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hanne lotte

Autorin. Förderer.

05.08.2019 um 23:05 Uhr

Ganz viel Sommernacht und kein bisschen Erotik. Die Erotik stirbt im Detail, in Nachtasous einzelnen Dachlatten. Das ist für mich der Sinn

 

Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Frau symphatisch finde. Aber ich verstehe sie. Ich kenne diese Dörfer. Da malt man Scheunen und pflückt Löwenzahn. Und ernährt sich irgendwie.

 

Für das, was sie tut, muss man nciht sadistisch sein, vielleicht nicht einmal dominant. Ein bisschen vielelicht.

Es braucht Fantasie und anatomisches Wissen. Ehemalige Arzthelferin? Sie versteht ihr Handwerk und empfindet nichts dabei. Gute Arbeit, das ist alles. Keine Erregung, nur Erledigung. Der Kunde zahlt gut. Sie ist eine Dienstleisterin. Das weiß auch Stefan.

 

Das Wesentliche steht zwischen den Zeilen. Sie erzählt nichts über sich und doch ganz viel. Keine Familie, keine Knder. Wenn überhaupt, dann nur sehr wenige Freunde. Versteckt von Zynismus sehe ich Verletzungen und Angst.

 

Ein Aufblitzen von Emotion fast am Ende - sie will nicht aussehen wie eine Domina. Und der Fußabdruck auf dem Körper des Mannes ist ein kleiner Sieg.

 

Danke für Arbeit mit Profi

hanne

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Tek Wolf

Autor. Förderer.

03.08.2019 um 18:48 Uhr

Ich möchte noch anfügen, Hekate, ich habe die Domina nicht als zynisch oder unglücklich empfunden. Im Gegenteil, sie schien Spaß an ihrer Arbeit zu haben. Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein, doch sie hat sich einen Ausgleich geschaffen. Sie lebt in ihrer eigenen Welt, hat sich mit der Realität arrangiert. Ich denke, ihre Gedanken an ihren Ökologischen Fußabdruck spiegeln wieder, wie sie ihre Umgebung wahrnimmt und dass sie ihre Position in dieser Gesellschaft immer wieder überprüft. Sie ist kein Opfer der Umstände sondern ihre eigene Herrin, die ihr Schicksal in die Hand nimmt und an Dingen ausrichtet, die nicht in ihrer Reichweite liegen. Je mehr ich über deine Geschichte nachdenke, desto mehrschichtiger finde ich sie. Vor allem: Diese Schichten greifen ineinander und ergänzen sich. Eine gute Geschichte und eine nachdenklich machende, über das, was noch kommt, für die Protagonistin wie für uns alle.

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