Es ist nicht leicht, tief verborgene Sehnsüchte auszugraben, sie freizulegen und vor sich selbst zu präsentieren. Man stößt auf neue, fremde und unbekannte Gefühle, möchte sich mit ihnen auseinandersetzen und, sofern man sich traut, mit anderen darüber reden. Doch es ist nicht so einfach, einen Anfang zu finden, wenn alles neu ist.
Neu.
Alles war neu.
Mit großem Interesse hatte ich seit Monaten die Geschichten aus dem Internet gesaugt und verschlungen. Viele davon weckten tief verborgene Sehnsüchte. Es war nicht leicht sich über all diese Gefühle klar zu werden.
Diese Erregung bei Dingen, die doch eigentlich gar nicht sein konnten.
Diese Gefühle, die so neu waren, so fremd, so unbekannt und doch so schön.
Schüchtern, noch nicht richtig vertraut mit dem neuen Medium Internet, traute ich mich nach Monaten in den Chat.
Viele fragten, "wer" und "was" ich sei. - Für weiblich und das Alter reichte es ja noch. Aber wie erkläre ich Neigungen, Interessen, wenn ich selber damit noch gar nichts anfangen kann?
Plötzlich waren viele dominante Männer im Chat. Jeder wollte mit mir flüstern, manche fragten mich sehr persönliche Sachen, andere wollten im Flüsterton nur eine Runde "Sex" und sofort meine E-Mail-Adresse. Mit wenigen konnte ich darüber reden, was mich bewegt, die Unsicherheit, das Neue. Viele im Chat, Männer wie Frauen, waren fest vergeben - was mich nicht störte - wollte ich doch nur so viel wie möglich erfahren...
Dann merkte ich nach und nach, dass es wohl noch einige ungeschriebene Regeln geben musste, die mir keiner gesagt hatte - ich war wohl ein paar mal angeeckt und manche redeten nicht mehr mit mir - auf die Frage "warum?" kam keine Antwort. Schweigen. Und so verließ ich den eigentlich schönen Chat mit vielen netten Leuten nach ein paar Wochen wieder...
Eines jedoch war mir geblieben. Ich hatte im Chat einen Mann kennen gelernt. Einen, der bereit war, sich stundenlang mit mir zu unterhalten, mir zu schreiben, meine Millionen Fragen zu beantworten (die gar keine Million waren, wie er mir später oft sagte) und mir zuhörte, mir Geschichten erzählte, die ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte. Es war eben alles anders als bisher. Im Gegenzug schilderte ich, was mich so bewegte.
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