Nachdem sie ihre Einkäufe im Kofferraum verstaut hatte und wieder in der sicheren Umgebung ihres Autos saß, musste über sich schmunzeln. Was war eigentlich dabei, als erwachsene Frau alleine in einem Fetisch-Shop für Leder- und Gummikleidung einzukaufen?
Sie verließ den Laden. Schnell setzte sie die große Sonnenbrille auf, obwohl es ein eher trüber Herbsttag war, und schlug den Kragen ihres Trenchcoats hoch. Sie wollte vermeiden, dass sie jemand bei diesem Einkauf erkennen würde, und lief zügig die zwei Häuserblocks bis zum großen Parkhaus am Hauptbahnhof. Sie hatte ihr Auto lieber dort abgestellt, obwohl es in der jetzt tagsüber wenig belebten kleinen Seitenstraße eigentlich genug Parkplätze gegeben hätte.
Nachdem sie ihre Einkäufe im Kofferraum verstaut hatte und ohne Sonnenbrille und Mantel wieder in der sicheren Umgebung ihres Autos saß, hielt sie einen Moment inne, bevor sie den Zündschlüssel ins Schloss steckte, und musste doch irgendwie über sich schmunzeln. Was war eigentlich dabei, als erwachsene Frau im beginnenden einundzwanzigsten Jahrhundert alleine in einem Fetish-Shop für Leder- und Gummikleidung einzukaufen - auch wenn dieser sich zugegebenermaßen im Rotlicht-Viertel der Stadt befand? Und ihre Sorge, dass irgendein schmieriger Perversling sie bedienen und sich dabei feixend warme Gedanken machen würde, war ebenfalls unbegründet gewesen. Die nette junge Frau hatte sie genauso professionell bedient und fachlich beraten, als wenn sie in irgendeiner Boutique ‚normale’ Unterwäsche gekauft hätte. Sie dachte an die aus ihrer Sicht noch immer nicht so ganz normale Wäsche in ihrem Kofferraum, sagte aber zu sich selbst, dass sich das ja nun ändern würde, und spürte so etwas wie gespannte Vorfreude, als sie sich auszumalen versuchte, was Dieter wohl heute Abend sagen würde.
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Kommentare von Leserinnen und Lesern
Gelöscht.
01.01.2023 um 22:28 Uhr
Nein!? Ja!? Was nützt Autoren, Lesern o.a. die logische Antwort? Nichts! Nun, klammern wir uns nicht an Bana ... litäten, das hat der Ossi zum Glück längst verlernt. Solche Dinge bescheren nur braune Flecken.
Sonnenbrille und Kragen müssen her, will man Beachtung und sich auffällig tarnen. Folgerichtig: darunter geht es nicht. "Was ist dabei?", fragt sie sich selbst. Na nichts, deswegen ja die Mielkesche Verkleidung.
Latex, Gummi und dergleichen ist programmierte Hitze, wie der Nichtverweigerer besser weiß als jedes "hochgehackte" Stelzenweib. Manchmal verschaffen Befehle eben Erkenntnis.
Miteinander reden hätte es gebracht, statt sinnbefreite Schlacht zu führen. Der Mensch wird hier nicht karikiert, sondern filigran mit spitzem Stift gezeichnet. Ob es der Masse hilft, ist zweifelhaft.
Super geschrieben, man kann ihre Gefühlswelt nachvollziehen, freut sich mit ihr, dass sie sich nun doch seinen Wünschen öffnet. Und dann ist es doch zu spät, er hat woanders gefunden was ihn erfreut. Schade!
Die Geschichte hat mir trotz fehlendem Happy end gefallen.
Da freue ich mich beim Lesen schon auf das zu erwartende Happy End und dann kommt alles ganz anders. Aber vielleicht ist das Ende noch gar nicht das Ende. Ich könnte mir hier wunderbar eine Fortsetzung vorstellen.
Der Zwiespalt und der Prozess des Umdenkens ist jedenfalls sehr gut dargestellt. Mir gefällt die Geschichte, obwohl dieser Fetisch nicht meins ist. Aber letztlich geht es ja um den Weg von Ablehnung über Akzeptanz bis hin zur eigenen Entdeckung der Vorliebe. Und dieser Prozess ist schön dargestellt.
Ist das nun ein Happyend und für wen? Sehr gut hineingefühlt hat sich der Autor in die weibliche Protagonistin, deren Perspektive er einnimmt Der maskuline Part kommt da etwas schlechter weg. Es ist allerdings vollkommen ausreichend, um sich ein grobes Bild der Beziehung zu machen. Der Schluss hat für meinen Geschmack zu viel "erhobenen Zeigefinger". Sicher ist sicher! wird sich wohl der Autor gedacht haben. Genossen habe ich die Geschichte aber schon, danke dafür.
Die Emotionen wundervoll von ihrer Seite eingefangen. Die Abneigung, der Zwiespalt und auch das der unausgelebte Fetisch zu einem Bruch führen kann. Zu spät? Zu wenig Geduld? Weder noch. Manche Dinge müssen so passieren, wie sie passieren. Und ich schließe mich griche an: Reden hilft.
Ich hätte mir lediglich noch mehr seine Seite der Emotionen gewünscht zu lesen. Was macht es mit ihm, wenn sie ihn offensichtlich dafür verurteilt und auch ein klein wenig verachtet?
Da freut man sich schon beim Lesen, daß all die Vorurteile so langsam überwunden sind und alles deutet auf ein glückliches Ende hin - und dann kommt diese eiskalte Dusche!