Wir kennen uns schon eine Weile und wir sind beste Freundinnen. Manchmal auch ein bisschen mehr als nur das. Wir verbringen viel Zeit miteinander und ich fühle mich bei dir emotional und auch körperlich einfach geborgen, weil ich so sein kann, wie ich bin. Aber wie facettenreich ich selbst bin, ist mir erst an jenem einen Winterabend klar geworden, als ich eine ganz andere Seite von dir kennenlernen durfte. Es war wie eine Offenbarung. Und plötzlich war alles anders als zuvor...
Es fängt alles ganz harmlos an und ich ahne nicht, was ich an diesem Tag noch erleben werde. Es ist Sonntag, es hat in der vergangenen Nacht geschneit und wir machen am späten Nachmittag einen gemütlichen Spaziergang durch die nahen Wälder. Es ist sehr still und friedlich. Außer unseren Schritten und dem vereinzelten Zwitschern der einheimischen Vögel ist nichts zu hören. Die verschneite Landschaft wirkt wie aus einem Märchen. Die Luft ist kalt und klar. Ich genieße es, dicht neben dir zu laufen und deine Hand in meiner zu spüren.
„Anna?“, beginne ich zögernd.
Erwartungsvoll schaust du mich an. „Hm?“
Ich hole tief Luft. „Ich wollte dir nur sagen, dass du mir wirklich sehr wichtig bist und dass ich diese besondere Art von Freundschaft, die zwischen uns besteht, sehr genieße.“
Lächelnd ziehst du mich an dich, ich spüre deine vollen warmen Lippen zunächst auf meiner Stirn, dann küsst du meine kühlen Wangen, ehe du schließlich zärtlich meinen Mund berührst. Unser Kuss wird immer leidenschaftlicher und unser heißer Atem kondensiert in der kalten Luft.
„Ich genieße unsere Freundschaft auch sehr, Sophie“, sagst du schließlich und flüsterst dann geheimnisvoll in mein Ohr: „Heute Abend möchte ich gern etwas Neues mit dir ausprobieren.“
„Okay, aber was meinst du denn?“, frage ich ahnungslos. Unsere Freundschaft geht schon ziemlich weit, wir haben auch schon miteinander geschlafen und es war jedes Mal sehr schön. Auf was du dich nun mit deiner Ankündigung beziehst, ist mir schleierhaft.
„Um was es geht, verrate ich noch nicht“, erwiderst du auf meine Frage und so sehr ich auch dränge und nachhake, du bleibst stumm, also gebe ich vorerst auf. Den restlichen Spaziergang schweigen wir fast ausschließlich und genießen die Ruhe.
Nach dem Abendessen entspannen wir gemeinsam auf deiner Couch, im Kamin knistert ein warmes Feuer.
Leise unterbrichst du die friedliche Stille: „Weißt du noch, was ich heute Nachmittag zu dir gesagt habe? Dass ich gern etwas Neues mit dir ausprobieren würde?“
Ich hab bis zu deiner Bemerkung eben entspannt auf deinem Schoß gelegen. Nun setze ich mich aufgeregt. „Ja“, hauche ich. Meine Augen leuchten erwartungsvoll. Ich bin leicht zu begeistern, manchmal aber auch ziemlich naiv und unvorsichtig. Gerade bin ich aber vor allem ziemlich neugierig, denn seit heute Nachmittag geistert in mir die Frage herum, was du wohl gemeint haben könntest und nun wirst du das Geheimnis endlich lüften.
Du musterst mich und meine fast schon kindliche Vorfreude einen Moment lang lächelnd, doch du bleibst seltsam ernst dabei. Irgendwie wirkst du besorgt.
„Was ist denn?”, frage ich verwirrt und auch beunruhigt.
Du holst tief Luft, ehe du leise antwortest: „Ich will gerne etwas mit dir tun, von dem ich denke, dass du dich fürchten wirst.”
Dein Satz hallt in meinen Ohren nach und mir wird schlecht. Schlagartig. Ich weiß nicht so wirklich, was du meinst. Aber ich fürchte mich jetzt schon. Inzwischen bin ich ganz blass geworden. Aber absurderweise fühlt sich das Angsthaben in deiner Gegenwart trotzdem gut an. Wie kann das denn sein?
Du hast mein erschrockenes Gesicht gesehen und meine Gesichtsfarbe ist dir natürlich auch nicht entgangen. Besorgt ziehst du mich an dich und mir wird ganz warm, als du hauchst: „Sssch, ist ja gut. Ich bin ja hier. Und ich würde dir nie ernsthaft Schaden zufügen. Du kannst mir jederzeit sagen, wenn du etwas nicht willst. Und ich werde erst mal auch ganz vorsichtig sein. Versprochen. Oder willst du es jetzt schon lieber gar nicht mehr ausprobieren?”
Ich liege zitternd in deinen Armen und genieße einerseits die wohligen Schauer, die du mit deinen beruhigenden Worten in mir auslöst. Andererseits verwirrt mich deine übrige Ankündigung und sie macht mir noch immer Angst. Aber es fühlt sich so verlockend gut an, wenn du beruhigend auf mich einredest.
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