Du willst ganz normal sein? Dich als ganzer Mann fühlen, wenn Du Dich zärtlich um Deine Freundin kümmerst? Du willst Dir nicht vorwerfen lassen, dass Du beim Sex nur an Dich und Deine Befriedigung denkst? - Das ist ein Teil des Problems!
»Ich schaff es nicht!«, stieß er letztlich aus, nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit im Schneidersitz voreinander gesessen hatten, tief im meditativen Moment des Schweigens und der Erwartung gefangen. Um sie herum war so viel Platz. Raum, Weite und Luft, wie das nur im Gebirge der Fall ist. Unten im Tal bildete sich schon Nebel im Schatten der Gebirgsketten. Hier oben war noch alles in lachsfarbenes Licht getaucht. Der Bann war gebrochen, sie bettete sich etwas um, ihre Beine fühlten sich an wie innerlich zerfleischt. Die Muskeln steif von der Überanstrengung des Aufstiegs.
»Ich kann keine Frau schlagen. Das widerstrebt mir in den Grundfesten. Ich finde das sogar ein bissel krank, dass du das willst. Und irgendwie fühle ich mich jetzt wie ein Schwächling und das Gefühl kann ich nicht ab. Eigentlich fühlt man sich wie ein Held, wenn man Frauen nichts antut und sie beschützt. Du willst das Gegenteil. Ich finde es bescheuert, dass du mich jetzt anschaust wie ein Versager.«
»Ich schau dich nicht an wie ein Versager, das ist doch Quatsch«, versuchte sie ihn zu besänftigen. Er hatte es eher als Trösten aufgefasst und bekam einen harten Zug um den Mund. Sie mochte ihn vor allem deshalb, weil er ein richtiger Naturbursche war. Als Extrembergsteiger diszipliniert und hart zu sich selber. Mit einer recht konventionellen Vorstellung von den Geschlechtern. In dem Punkt passten sie gut zusammen.
»Warum kannst du nicht ganz normal sein? Damit ich mich als ganzer Mann fühlen kann, wenn ich mich zärtlich um meine Freundin kümmre? Alle anderen Frauen waren doch recht glücklich mit mir als Liebhaber. Ich weiß, wie man Frauen befriedigt. Du kannst mir echt nicht vorwerfen, dass ich bei Sex nur an mich und meine Befriedigung denke. So egozentrisches Reinraus gibt es bei mir nicht!«
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Kommentare von Leserinnen und Lesern
Gelöscht.
04.01.2023 um 02:13 Uhr
Sich zu Sprachlichem zu äußern, führt nur dazu, dass man dich anschaut, wie "ein" Versager. Wenn Du verstehst, was ich meine. Zweipersonenstücke sind, sofern auch noch mit zweierlei Geschlecht beseelt, oft und zumeist namenlos besetzt. Was die Handlung betrifft, ist es möglicherweise, wie andere anmerken, ein spezifisches Feld. Sicher ist es nicht. Bei Bergsteigern gelten bestimmte Regeln. Inwieweit sie beachtet werden, überlasse ich dem/n Auge/n des jeweiligen Betrachters.
Die Erzählweise kann zufriedenstellen. Die Darstellung, Auslotung und ggf. Lösung des Konflikts unterschiedlich tief und gelungen. Nahe genug gebracht auf jeden Fall. Schön, wenn ein Schreiberling mehr vom Metier versteht, in welchem er sich bewegt. Oder zumindest erkennbar keine "Mühe" scheut der offensichtlichen Beschäftigung.
Etwas vergessen? Ach ja, Bewertung. Vollzogen. Dieses Mal mit 3, Tendenz 4.
Das ist eine runde Geschichte, die - wie ich es von Mai gewohnt bin -, mit nie gehörten Sprachbildern aufwartet. Die Personen: Ein bergsteigender Naturbursche und seine den Thrill im Sex vermissende Partnerin, nicht bergfest. Sie hat es mehr im Kopf als in den Beinen.
Um Argumente geht es aber gerade nicht im Text, sondern um das, was nicht vermittelbar ist, sondern nur erlebt werden kann. Sinneseindrücke können nicht vermittelt werden, sie sind unmittelbar.
Tatsächlich ist die Schnittmenge zwischen Extremsport und BDSM ein leichter Persönlichkeitszacken. Das »Sensation Seeking« hat etwas mit der Regulation des Hirns zu tun. Sensation Seeker brauchen kräftigen Input von außen, um innen in Bewegung zu kommen. Bei ängstlichen Menschen dagegen ist drinnen schon genug los, weshalb sie wenig zusätzliche Stimulanz benötigen. Berg- und BDSM-Welt liefern den gleichen Zündstoff für gewisse Persönlichkeitstypen. Für sie ist das, wovor sich andere fürchten, notwendig, um sich wohl fühlen zu können, und um nicht vor Langeweile zu verkümmern. Derlei Frauen suchen den Dominanten, weil er Action verspricht. Eher ängstliche Frauen dagegen eher einen zum Aufpassen.
M.W. ließen sich bei BDSM-ern keine sonstigen Unterschiede in der Persönlichkeit zu Nicht-BDSM-ern finden, bis auf diesen kleinen Ausschlag im Sensation Seeking.
Gut erzählte Geschichte, die für mich lediglich ein sprachliches Manko hat ("bissl" etc.). Figuren werden nicht deswegen plastischer, weil man ihnen Umgangssprache verleiht, und beim Lesen stört das irgendwann. Die beschriebene Sub wäre mir jedoch ein wenig zu penetrant in ihren Belehrungen.
Ein wirklich guter und zugleich zutreffender Vergleich, den die Heldin der Geschichte da benutzt, um bei ihrem Freund das Interesse an etwas Neuem zu wecken. Bis er sie schließlich im wahrsten Sinn des Wortes bis an den Rand des Abgrundes führt.
Für mich ist eine Spur zu konzentriert auf die Handlung und mir fehlt etwas mehr von den Charakteren selbst muss ich zugeben.
Nun hab ich den Text immer mal wieder gelesen. Er gefällt mir jedes Mal besser. Die Frage, wie man einen skeptischen Partner für BDSM interessiert, hat sich mir immer mal wieder gestellt. Hier ist ein schöner kreativer Weg gefunden. Die Geschichte gefällt mir, da das gute Ende realistisch erscheint.
Sprachlich gekonnt, die Figuren auf das Wesentliche reduziert - es fehlen sogar die Namen - eröffnet der Text, die Möglichkeit weiter zu denken.