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Playlist

In dir lodert es wieder. Ihr Brief hat das entzündet. Sehnsucht nach Verbotenem atmete er, nach Hemmungslosem und der Lust auf eine Nacht.

Eine BDSM-Geschichte von Timothy Truckle.

  • Info: Veröffentlicht am 02.04.2023 in der Rubrik BDSM.

  • Urheberrecht: Veröffentlichung, Vervielfältigung oder Verwendung sind nicht erlaubt. Mehr.

Bild: Schattenzeilen, Dall-E

 

Fünf Grad, es ist Samstagmorgen, die Sonne kitzelt dich wach und du weißt, es ist Zeit für schwarzes Leder. Der Kühlschrank mault: Du musst einkaufen! Deine Wohnung meckert: Mach mich gefälligst sauber! Doch draußen wartet die Maschine, also die Beats in die Ohren und die Klamotten an. Du bist undiszipliniert, schreit dir jemand hinterher und du fragst dich, seit wann die Stimme deines Gewissens weiblich klingt. Du beißt die Zähne zusammen, damit du nicht auch schreist und zeigst den Finger, allen dreien. Noch in der Tür schmeißt du die Playlist an, Zufallsmodus. Das erste Lied, Wolfgang Ziegler: Und dann stehst du im Regen. Aus deinem Grinsen wird eine Grimasse. Ja, nee, ist klar, immer dahin, wo es weh tut.

Handschuhe an. Es fällt schwer, die Hände sind geschwollen vom Ballen der Fäuste in den Taschen, aber irgendwie geht es und ab durch die City. Icona Pop singen: Crushed my car into a bridge. Wenn es mal so einfach wäre ...

Die ganze Woche hast du dir die Seele aus dem Leib geschuftet für ein bisschen Kohle und, obwohl todmüde, in den Nächten die beste Geschichte geschrieben, die dir jemals eingefallen ist. Nein, nicht geschrieben, herausgeblutet ist sie aus dir. Es war ein Brief wie in alten Zeiten mit der Post, der das bewirkt hat, vier engbeschriebene Seiten. Jetzt bist du auf dem Weg zu ihr, mit Handschellen und einer Gerte im Gepäck, weil sie auf deine Flügel aus Fantasie gezeigt und geflüstert hat: Warum fliegst Du nicht mehr? Mit mir?

Diese alten Dinger, ganz hinten in der Schrankecke haben sie vor sich hin gemodert. Du hattest sie eingetauscht gegen die Krücken Disziplin und Berechenbarkeit und dir auch noch das Korsett Verlässlichkeit angezogen, bis du dich keinen Millimeter mehr bewegen konntest, außer mit gesenktem Kopf in der vorgezeichneten Richtung, in der auch alle anderen marschieren. Die Vielen können nicht irren, dachte das Schaf und folgte der Herde auf dem Weg zur Schlachtbank. So hattest du dich angepasst. Jetzt bist du angepisst. Von dir selbst. Adler fliegen immer allein.

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

17.12.2023 um 23:56 Uhr

Wenig explizit, aber schön.

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18.08.2023 um 18:39 Uhr

Die Geschichte hat mich nachdenklich gemacht. Sie ist gut geschrieben und ich bin gespannt auf weiteres.

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Gasandra

Förderer.

22.06.2023 um 14:48 Uhr

Diese Geschichte geht an mein Herz, sie macht Nachdenklich und Traurig.

Man spürt förmlich seine fahrt zu ihr. Es ist schön sie zu lesen.

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habitus

Förderer.

17.05.2023 um 08:04 Uhr

Eine Geschichte, die zeigt, wie wunderbar Sprache wirken kann. Beim Lesen entstehen Bilder im Kopf.  Beim Lesen bleibt Raum, sie für sich selbst deuten. Mir gefällt sie gut!

Danke dafür!

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Schattenwölfin

Autorin. Förderer.

01.05.2023 um 10:04 Uhr

Lieber Timothy Truckle!

 

Ich finde es immer toll, wenn ich nach wenigen Zeilen in einer Geschichte drin bin — ohne Anlaufschwierigkeiten. Dann lese ich gerne weiter und habe das auch hier bis zum Ende getan.

Was ich besonders mag ist, wenn mich etwas persönlich „trifft“. Das kann eine besondere Formulierung sein oder ein besonderes Bild.

 

In Playlist erfahre ich diesen Lesegenuss an zwei Stellen.

 

1. „Das hier ist Deine Kirche.“ Ein perfekter Ort zum Nachspüren der vier Elemente.

Das bezieht sich auf viele Lebensbereiche und -fragen und schließt die Sexualität ein. Das ist meine Kirche — die, die kein Dach braucht, bei der es eher ein Hindernis wäre.

 

2. Die Erwähnung der Träume, Hoffnungen und Sehnsüchte katapultiert mich weg von Deiner Playlist zu einer Vertonung durch Schiller (also die Musizierenden, nicht den Schreibenden):

„Unsere Träume, unsere Sehnsüchte und bunten Hoffnungen wollen ernst und wichtig genommen werden. Wer sie verdrängt, unterdrückt das Beste in sich und wird ein hohler Mensch“ von Hans Krupp.

Zufall oder nicht?

 

Allerdings lässt mich Playlist— jedenfalls beim ersten Lesen — nicht wirklich inne halten, so temporeich ist die Geschichte, wozu der Ritt auf dem Motorrad wunderbar passt.

 

Sprachlich vom Allerfeinsten. Allein das Du-du-ich hinterlässt mich etwas ratlos, also erst ist der Biker Du, dann die Frau an seiner Seite, dann der Biker ich.

Das mag Gründe haben, eine Idee hätte ich dazu …noch lieber aber eine Erklärung; gerne per PN, falls Du das hier nicht auflösen magst.

 

Sprachlich — wie gewohnt — vom Allerfeinsten und so temporeich erzählt, dass der Ritt auf dem Motorrad wunderbar passt.

 

Sau-kuhl!

(Wer mich kennt, versteht die Schreibweise)

 

Wölfin

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hexlein

Autorin.

18.04.2023 um 14:28 Uhr

ich habe die Geschichte verschlungen...einmal..zweimal..und jetzt, nach dem dritten Mal auch mein Kommentar dazu...

 

Die  unterschiedlichen Perspektiven machen für mich die Geschichte nacherlebbar. Sie stellen für mich auch keinen Bruch in der Geschichte dar.

 

Das offene Ende und die ruhigen Momente in Deiner Geschichte lassen mich Zärtlichkeit und Tiefe spüren, die ich als Leserin gerne in Geschichten erlebe.

 

Nur ein kurzer Moment in Deiner Geschichte hat mich erschrocken.

Gerade beim ersten Lesen  hatte ich kurzzeitig Angst.

Bin ich doch auf zwei Rädern eher eine bedächtige Fahrerin, so hat Dein Überholmanöver mich kurzzeitig aus der Spur gebracht.

 

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17.04.2023 um 20:22 Uhr

So wunderschön gefühlvoll und tief geschrieben!

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Nora

Profil unsichtbar.

17.04.2023 um 11:25 Uhr

Selten schrieb mir jemand so in mein schwarzes Herz hinein, wie du...

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Timothy Truckle

Profil unsichtbar.

14.04.2023 um 09:07 Uhr

Fühlt Euch gedrückt.

Niemand nimmt die Wirklichkeit so wahr, wie sie ist. Jeder interpretiert sie auf seine Weise, denn jeder ist ein einzigartiges Individuum mit eigenen Erfahrungen, Erlebnissen, Wünschen, Träumen und Hoffnungen und so lebt jeder von uns ins seinem eigenen Gefühlshaus. Da fühlen wir uns einigermaßen sicher und ungern öffnen wir die Tür zu dem, was uns ausmacht, Fremden. Könnten sie uns doch da treffen, wo es uns am meisten weh tut. Nur gibt es keinen anderen Weg, aus Fremden Freunde zu machen.

Ich hatte lieben Besuch.

Fühlt euch gedrückt!

TT

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Nora

Profil unsichtbar.

14.04.2023 um 06:20 Uhr

Exakt das Gleiche hab ich auch gefühlt. Der Text liess mich die halbe Nacht nicht schlafen. Ich bin etwas konsterniert. Noch selten hat mir ein (fremder?) Mann so ins Herz geschrieben...

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