Beste Sesemie,
Dein Text handelt vom Mitteilen einer peinlichen Einsicht. Die Veröffentlichung des Textes als Strafe? Nun, eine Strafe wird erst daraus, wenn ihn jemand liest.
Ich habe mich an der Überschrift genauso lang aufgehalten wie am Text selbst. Also, was ist das für ein Unikum, diese Hermeneutik? Ursprünglich eine Methode, um zu verstehen. Was ich lese ist ein Gedankenstrom, der sich spiralig einer unangenehmen Einsicht annähert: "Ja, ich möchte bestraft werden. Und ja - jetzt werde ich es aussprechen können. Auch wenn es weh tut."
Das Lesen zumindest tat überhaupt nicht weh. So kurz der veröffentlichte Text ist, er ist ziemlich labyrinthisch; in sich verdreht. Er kommt „authentisch“ daher, und … ist er es? Und die Krönung: Die Veröffentlichung des Textes ist sein Inhalt. Und der ist intim.
Die Strafe ist erst komplett, wenn er gelesen wird, und somit werde ich als Leser Teil der Bestrafung. Ganz schön perfide.
Und das alles in einem „Plapperton“ abgefasst, naja, halt so wie man ins Tagebuch schreibt. So nach dem Motto: Liest ja eh keiner.
Zur Hermeneutik gehört der Zweifel. Und den habe ich jetzt, ob ich nicht mehr drin sehe, als Du beabsichtigt hast. Das wäre dann nämlich ein Missverstehen. Das ist mir, ehrlich gesagt, gerade wurscht, denn ich hatte großes Vergnügen daran, mich in Deiner Veröffentlichung zu verlaufen. Und nun schwirrt mir der Kopf. Dein Text ist wie ein gordisches Knötchen.
Und dann steht da noch: "Erzählen kann ich´s auch keinem. Niemand würde das verstehen." Ha! Du erzählst es doch! Jetzt hab ich auch noch ein schlechtes Gewissen, als hätte ich in einem fremden Tagebuch gestöbert.
Bitte mehr davon.