Helen Honeychurch (Teil 1)
Ein Traumhotel in den Schweizer Bergen. Ein Zimmer mit einer fantastischen Aussicht. Der stattliche Preis war nicht zu hoch dafür. Noch ein paar Schweizer Franken für die Diskretion, ein dezenter Aufschlag auf den Übernachtungspreis, und der Zimmerservice übersah, dass Helen nahezu nackt am Flügel saß und für mich spielte.
Eine BDSM-Geschichte von Schattenwölfin.
Info: Veröffentlicht am 05.07.2013 in der Rubrik BDSM.
Folge: Dieser Text ist Teil einer Reihe.
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Anreise
„Alles, nur bitte kein Klavierkonzert!“, hatte Helen mich angelacht auf meine Frage hin, welche Musik wir auf der Fahrt hören wollen. Stattdessen erklang Beethovens sechste Sinfonie aus den Boxen des Wagens, der den Serpentinen hinauf zum Hotel folgte. Die Straße war gesäumt von den sattgrünen Sommerwiesen mit ihren bunt blühenden Blumen. Im schon hoch gelegenen Tal die größeren Dörfer, weiter nach oben hin kleinere Ansiedlungen und schließlich lange kein Haus und kein Hof mehr. Kaum ein Mensch war zu sehen, aber schon Kühe auf den Almen und, so weit das Auge schaute, die überwältigende Aussicht auf die umliegenden Dreitausender und Viertausender.
Durch einen Zeitungsartikel war ich vor einigen Jahren auf dieses Hotel aufmerksam geworden, und was sich auf den Bildern angedeutet hatte, bewahrheitete sich nun.
Der dreistöckige Bau aus Beton, Holz und Glas fügte sich unauffällig in die Gebirgslandschaft ein. Wie ein würfelförmiger Felsvorsprung erschien mir das Haus, so modern, dass man kaum glauben mochte, dass es seine Wurzeln im Anfang des vergangenen Jahrhunderts hatte.
Nun war aus dem ehemaligen Privatanwesen ein Luxushotel geworden, eines, das ich mir unter anderen Umständen wohl nicht hätte leisten wollen.
Das Hotel verfügte über zwei Restaurants, einen Rauchsalon, eine bis zur Decke getäfelte Bibliothek und einen großen SPA-Bereich. Wir wussten auf der Anreise noch nicht, was davon wir überhaupt nutzen würden. Unsere Pläne erforderten einen privateren Rahmen. Ich hatte die Kaminsuite gebucht. Der Wohnbereich und das Schlafzimmer lagen über Eck und waren durch eine Faltwand getrennt, die wir komplett offen ließen. So hatte man vom Bett einen Blick sowohl zur Sitzecke hin mit dem Kamin als auch seitlich auf den Flügel. Dort würde Helen sitzen und nicht für großes Publikum spielen, sondern nur für mich, keine Konzertsäle füllen, aber mein Herz. Nach zwei Seiten ersetzten bis zum Boden reichende Fenster die Außenwände und gaben den Blick frei auf die weißen Gipfel der Engadiner Bergwelt.
Der stattliche Preis war nicht zu hoch für alles das. Noch ein paar Schweizer Franken für die Diskretion, ein dezenter Aufschlag auf den Übernachtungspreis, und der Zimmerservice übersah, dass Helen nahezu nackt am Flügel saß und für mich spielte. Sei es der Kellner mit dem Servierwagen, sei es der Page, der abends den Korb mit Buchenscheiten brachte. Jetzt im Frühsommer waren die Abende noch kühl hier oben.
Prolog
Vor Kurzem war ich fünfzig geworden. Wie viele der Männer und Frauen in diesem Alter bilanzierte ich jetzt, was ich an Erfahrungen auf der Sollseite meines Lebenskontos verbuchen konnte und was auf der Habenseite. Letztere war gefüllt wie ein Bilderbuch: Ich übte meinen Traumberuf in einem eigenen Unternehmen aus, hatte eine kluge, gut aussehende Frau, die die Familie und einen Secondhandladen managte, vier gesunde Kinder, die mittlerweile mehr oder weniger ihre eigenen Wege gingen. Wir wohnten in einem zentral, aber ruhig gelegenen Haus. Im Freundeskreis wurden mehr Silberhochzeiten gefeiert, als es Scheidungen gab. Auch bei uns stand das 25-jährige Ehejubiläum vor der Tür und Verena, meine Frau, war schon in der Planungsphase für ein dem Anlass angemessenes Fest.
„Lass mich das machen!“, hatte sie gesagt. „Ich weiß doch, dass Dir das nicht liegt“, und die Vorbereitungen übernommen. Wie so oft in den gemeinsamen Jahren. Ob Hausbau, Schulwahl, Reiseziele, Verena hatte stets alles vorbereitet, Unterlagen zusammengestellt und sie mir vorgelegt. Wie meine Sekretärin die Unterschriftenmappe. In beiden Fällen konnte ich mich darauf verlassen, dass alles perfekt war. Meine Sekretärin allerdings trug eng geschnittene Röcke, meine Frau hauptsächlich Hosen. Meine Sekretärin folgte Anweisungen oder bearbeitete die Angelegenheiten im Rahmen meiner Vorgaben. Meine Frau fragte mich erst am Ende ihrer Entscheidungsfindung, ob ich mit allem einverstanden sei. Das war so auch in Ordnung. Tatsächlich hatte ich nicht die geringste Lust, mich um derlei zu kümmern, zumal ich mich wirklich darauf verlassen konnte, dass für Verena die beste Lösung gerade gut genug war.
Andere Dinge wogen schwerer, und das auf der Sollseite. Über die Jahre war unser Liebesleben nahezu zum Erliegen gekommen. Nicht nur der Sex wurde seltener. Auch unverfängliche Berührungen, wie eine Umarmung zur guten Nacht. Einen Kuss zur Begrüßung oder zum Abschied gab es kaum noch. Das war erschreckend. Weit erschreckender empfand ich, dass es mir nicht fehlte. Der Sex am allerwenigsten, jedenfalls nicht der, den ich mit Verena kannte.
Was mir fehlte, ohne dass ich das jemals als Fehlen empfunden hatte, entdeckte ich in einem Buch mit Zeichnungen von Ungerer, welches bei Freunden, die ich in London besuchte, im Gästezimmer lag. Vage Gedanken, Phantasien, Traumfetzen nahmen Gestalt an in den Zeichnungen gefesselter, gedemütigter und gequälter Frauen. Statt zu schlafen, blätterte ich bald die ganze Nacht, betrachtete die Bilder und wandte den Blick gleichzeitig in mich selbst.
Eine Frau, kniend, ein Seil, sich von ihrem Hals aus im Bildrand verlierend. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, an den Gelenken Manschetten, sicher, wenn auch nicht sichtbar verbunden. Die Frau auf dem Bild trug nichts außer einem Strumpfhalter, langen schwarzen Strümpfen und hochhackigen Schuhen. Ihr bloßer Hintern war hochgestreckt und ragte dem Betrachter einladend entgegen.
Zu dieser Zeichnung blätterte ich wieder und wieder zurück. Natürlich sah ich nicht, wer hinter ihr stand, und doch sah ich dort mich. Ich sah mich den wundervollen Hintern kneten, streicheln, schlagen. Ich sah meinen Fuß auf der Frau ruhen und dort einen sanften, zugleich aber bestimmenden Druck ausüben, der sie in ihrer Haltung ausharren ließ.
Von dieser Nacht an war es, als sei ein Knoten in meinem Kopf entfesselt worden. Da war keine Scham, kein Zaudern. Allenfalls die Frage, ob und wie ich diese Träume wahr werden lassen könnte.
Erster Tag
Ich wachte auf und war glücklich, dies war die Erfüllung meiner lange unerkannten und unbenannten Träume. Neben mir lag diese wundervolle Frau und rekelte ihren wunderbaren Körper im Halbschlaf dem anbrechenden Tag entgegen.
Wir ließen uns Zeit mit dem Frühstück. Das Hotel war jetzt in der Vorsaison nicht ausgebucht, und so war es kein Problem, einen Tisch am Fenster des Frühstücksraums zu bekommen. Nebenan saßen zwei Frauen und unterhielten sich lebhaft.
Am Rande bekam ich mit, dass der junge Mann vom Service die ältere der beiden mit „Frau Gräfin“ ansprach. Das machte mich neugierig und ich schaute aufmerksamer zum Nachbartisch herüber. Der Begriff Damen schien für diese beiden Frauen gemacht, deren Eleganz einer Aura gleich über ihnen schwebte.
Einmal traf sich der Blick der Gräfin, sie mochte in meinem Alter sein, mit meinem. Ihrer verwirrte mich, so dass ich mich schnell wieder Helen und unserer Unterhaltung zuwandte. Wir erzählten uns von früheren Reisen in die Berge und planten unseren Tag.
Später unternahmen wir eine lange Wanderung. Anders als beim Frühstück schwiegen wir häufig, aber es war keine unangenehme Stille zwischen uns. Es war, als wolle jeder von uns etwas von unserer gemeinsamen Zeit konservieren. Als könne man das Hier und Jetzt zusammen mit den Düften der Sommerwiesen und den Erlebnissen des zurückliegenden Jahres in einen Flakon füllen und aufbewahren.
Einige Stunden waren wir unterwegs und haben uns nach unserer Rückkehr ins Hotel für eine Brotzeit auf der Terrasse der Suite als Abendessen entschieden. Der Zimmerservice brachte auf rustikalen Holzbrettern eine Auswahl von Schinken, Salamis und verschiedenen Bergkäsen, dazu mehrere Sorten Brot, Butter, Radieschen und einen kräftigen, vollmundigen Rotwein.
Später entfachten wir ein Feuer im Kamin, bestellten Kaffee und Calvados und machten es uns damit auf dem tiefen Sofa bequem, während draußen die Sonne unterging.
Ich schlug Helen vor: „Morgen gehen wir ins Restaurant zum Essen, einverstanden?“
„Gerne. Du bestimmst das Menü und ich überrasche Dich mit meinen speziellen Zwischengängen.“
„Zwischengänge?“
„Ja, in Form von Antworten.“
„Antworten?“
„Ja. Antworten auf Fragen, die Du mir stellen wirst.“
„Fragen?“
„Fragen!“
„Ein Verhör?“
„Das hängt, würde ich sagen, von Deinen Fragen ab.“
„Ein peinliches Verhör?“
„Das kommt auch auf Deine Fragen an.“
„Und Du wirst antworten? Auf wirklich jede Frage?“
„Ja.“ Helen strahlte mich an.
„Laut?“
„Ja, wenn Du das möchtest, aber natürlich nur, wenn Du auch laut fragst. Die Leute, die an den Nachbartischen ihre Ohren spitzen werden, haben ja nur dann etwas von meinen Antworten, wenn sie auch die Fragen kennen“, schmunzelte Helen. „Eine Bitte noch!“
„Ja?“
„Lässt Du mir einen Joker, für den Fall, dass eine Frage gar nicht geht, ein Safeword, damit ich eine Frage nicht beantworten muss?“
„Du wirst übermütig!“
Nun lächelte Helen mich mit einem dermaßen entwaffnenden Lächeln an, dass es nur bedeuten konnte, sie wollte an meiner Rolle in unserem Spiel nagen. Das war ihr Hinweis, dass sie den Abend nun gerne in eine andere Richtung lenken wollte. Ich wies sie an zu schweigen, sich zu meinen Füßen hinzulegen und darüber nachzudenken, was sie mir vorspielen mochte zur guten Nacht.
Dann schnappte ich mir die edle Mappe mit der Speisekarte und entschied mich für ein Menü. Dazu empfahl der Sommelier eine Schweizer Weinbegleitung. Warum nicht? Und warum nicht gleich die große Weinbegleitung? Ich reservierte einen Tisch für zwei Personen. Helen hatte sich zu meinen Füßen auf dem hochflorigen Wollteppich eingerollt wie ein kleines Kind.
Das Menü würde aus sechs Gängen bestehen, ich also fünf Fragen stellen.
Über diese grübelte ich noch eine Weile, bis die Buchenscheite heruntergebrannt waren und Holz nachgelegt werden musste. Ich streichelte über Helens Kopf: „Hast Du Dich für eine Musik entschieden?“, fragte ich sie. „Ja, das habe ich.“
„Fein, dann lege ich jetzt Holz nach und Du gehst schon einmal ins Bad. Das mit dem Safeword geht übrigens in Ordnung, es lautet Jodeldiplom.“ Helen lachte. Auf unserer Wanderung hatten wir das Thema Jodeln angeschnitten und waren unweigerlich auf Loriots Sketch zum Thema zu sprechen gekommen. Kurz darauf hörte ich die Dusche und Helen sang.
Als sie den Raum wieder betrat, hatte sie die legere Hose und Bluse gegen ein eng anliegendes Lederkleid getauscht. Im Vorbeigehen sog ich den Duft des Leders und den ihres Parfums in meine Nase. Wie gut. „Fang schon an zu spielen, während ich im Bad bin“, sagte ich zu ihr und küsste sie oberhalb des Schlüsselbeins auf ihre im Licht des Kaminfeuers matt schimmernde Haut.
Helen hatte sich für eine Auswahl von Chopinstücken entschieden; zwischen Balladen, Walzern und Polonaisen spielte sie den Trauermarsch. Das einzige Stück, bei dem sie während ihres Spiels den Blick von der Tastatur des Flügels nahm und zu mir herübersah.
Prolog
Ich habe mich dieser Welt aus Lust und Schmerz wie ein Kind genähert, mit offenen und staunenden Augen. Nachdem ich mich durch ein paar BDSM-Seiten im Netz geklickt hatte, war mir schnell klar, dass mein Weg zum Ziel, welches immer das sein mochte, nicht hierüber führen konnte. Ich wollte sehen, riechen, berühren. Ich wollte eine Peitsche schwingen und eine Frau in Erwartung des Schmerzes sich vor Lust winden sehen. Eine Weile betrachtete ich jede in meinen Augen attraktive Frau im Hinblick auf eine mögliche devote und masochistische Neigung. Nein, ich versuchte, in den Gesichtern und der Körpersprache der Frauen eine solche Neigung zu entdecken, und wenn ich glaubte, sie entdeckt zu haben, gewannen die Frauen für mich an Attraktivität.
Auch meine Frau sah ich immer wieder an, aber Verena kam dafür überhaupt nicht infrage; zumindest dachte ich das damals. Heute bin ich mir gar nicht so sicher, ob sie nicht vielleicht gerne auf sexueller Ebene das Heft aus der Hand geben würde.
Wo also suchen? Wo die Augen besonders offen halten?
Kurz darauf steckte ich beruflich in einem Projekt, das mich über das normale Maß hinaus beanspruchte, so dass die Gedanken um die neu entdeckten Facetten meiner Lust etwas in den Hintergrund traten. Eines Tages lief ich in der Mittagszeit schnell auf den Wochenmarkt, um mich mit etwas Essbarem zu versorgen. Ich beschloss, mir eine kleine Auszeit am Fischstand zu gönnen, bestellte mir einen Backfisch mit Kartoffelsalat und ein Glas Weißweinschorle.
Da saß sie an einem der Biergartentische. Schätzungsweise zehn Jahre jünger als ich, vielleicht auch fünfzehn. Blaue Augen, schulterlange, leicht gewellte und blonde Haare, eine schlanke, beinahe knabenhafte Figur in schwarzer Lederhose und schwarzem T-Shirt. Und darauf war in tanzenden, silbernen Buchstaben zu lesen: Ich gebe mich hin, aber niemals auf.
Sekunden gefühlt wie eine kleine Ewigkeit. Ein kurzer Moment, eine Gewissheit. Woher?
Erst denken, dann sprechen funktionierte nicht. Ich steuerte auf den Tisch zu und sagte: „Ich muss Sie kennenlernen, ich muss wissen, was es mit diesem Spruch auf ihrem T-Shirt auf sich hat. Darf ich mich zu Ihnen setzen?“
„Bitte, mein Herr!“, waren tatsächlich die ersten Worte, die ich aus Helens Mund vernahm. Worte, die ich später wieder und wieder hören würde.
Ich setzte mich, vergaß meinen Backfisch und sah Helen an, wusste Ihren Blick nicht zu deuten, das Blitzen in ihren Augen schien ein scheues Reh und keckes Luder zu vereinen.
„Teilen Sie Ihren Backfisch mit mir?“, fragte sie mich.
„Haben Sie Hunger? Bedienen Sie sich, bitte“, ich schob den Teller in ihre Richtung.
Helen neigte den Kopf einen Moment und begann fast unmerklich mit ihm zu nicken. Sie sah mir direkt in die Augen und schob den Teller unendlich langsam zurück zu mir. „Ich komme auf Ihre Seite herüber“, sagte sie, „und ich werde mich vor Sie knien und von Ihnen füttern lassen. Bissen für Bissen.“
„Nein, bitte, das“, ich hielt inne, „das geht doch nicht hier und am helllichten Tag“. Ich schluckte. „Und ich verstehe auch nicht, was Sie mir oder“, ich sah kurz ringsherum, „den Leuten damit sagen wollen?“
„Wirklich nicht? Die Leute interessieren mich nicht und ich will ihnen auch nichts sagen. Aber Ihnen will ich etwas sagen. Es ist die Antwort auf Ihre Frage nach meinem T-Shirt. Besser gesagt ein erster kleiner Teil der Antwort. Und wenn es Ihnen unangenehm ist, dann tu ich so, als würde ich mir die Schuhe zubinden und gehe nur in die Hocke statt auf die Knie. Sie sind dafür so nett und beträufeln den Fisch mit ein wenig Zitronensaft, ja?“ Helen erhob sich und kam auf meine Seite des Tisches. Ich weiß beim besten Willen nicht mehr, was ich in diesen Augenblicken gedacht oder gefühlt habe. Es war der pure Wahnsinn. Verwirrt und gleichermaßen erregt wandte ich mich Helen ein wenig entgegen, und sie ging in die Hocke und nestelte an ihren Ballerinas herum, während sie zu mir aufsah mit einem rätselhaften, wundervollen Blick. Ich griff nach der Gabel, mit der anderen Hand träufelte ich etwas von der Zitrone auf den Fisch. Noch während ich die Gabel befüllte, öffnete Helen bereits langsam ihren Mund und begann gleichzeitig, ihren Blick zu senken. Ich fütterte sie mit dem Fisch und mein Blut pulsierte, in meinem Kopf rauschte es, an anderer Stelle wurde es eng.
Nach zwei weiteren Happen fragte Helen mich tatsächlich, ob sie wieder hochkommen und sich zu mir setzen dürfe. „Natürlich, ja, bitte!“, stammelte der Mann, der so gerne souverän sein wollte. War das hier wirklich ich? War das überhaupt wahr? Helen erhob sich, warf einen amüsierten Blick auf ihre Füße, dann auf mich und lachte: „Die Schuhe haben gar keine Schnürsenkel. Mein Name ist Helen und wie heißen Sie?“
„Matthias.“
„Freut mich. Das hast Du noch nie gemacht, Matthias, oder? Eine Frau so an Deinem Essen teilhaben lassen?“
„Nein, das habe ich nicht, es ist ganz neu für mich.“
„Aber es gefällt Dir, nicht wahr?“
„Ja. Ja, es ist zwar gewöhnungsbedürftig mit all den Leuten, aber es gefällt mir. Sogar sehr.“ Wieder schluckte ich.
Ich sah mich um, niemand schien uns zu beachten. Wie es zuvor war, vermochte ich nicht zu sagen. Der Moment mit Helen zu meinen Füßen war ein Moment in einer anderen Welt. Als wäre es ein anderer Ort in einer anderen Zeit.
„Spätestens, wenn wir uns nachher verabschiedet haben, werden Dir noch ganz andere Dinge durch den Kopf gehen. Du wirst Dich fragen, welche Situationen es noch zwischen uns geben könnte, in denen wir ein solches Machtgefälle genießen. Welche Dinge Du gerne mit mir tun würdest, die Du vielleicht auch noch nie getan hast.“
Das war schon sehr keck. Auf die Schnelle versuchte ich mir ins Gedächtnis zu rufen, was ich in den letzten Wochen über devote und masochistische Frauen gelesen hatte. Helens Auftreten passte so gar nicht dazu, wohl aber das, was sie sagte. Spielte sie ein Spiel mit mir?
Sie unterbrach meine Gedanken: „Du solltest jetzt nicht so viel über mich nachdenken. Sprechen wir von Dir, darüber, ob Dich die Vorstellung erregt, eine Frau zu fesseln und zu knebeln, eine Frau zu schlagen und Deine Lust aus ihrem Schmerz und ihrer Lust zu beziehen.“
„Helen, meinen Sie nicht, meinst Du nicht, dass das jetzt ein bisschen schnell geht?“, ich wagte einen Einwand.
„Wieso?“, sah sie mich fragend an und senkte dann ihre Stimme ein wenig. „Noch reden wir doch bloß“, sie machte eine Pause. „Das muss aber nicht so bleiben. Hier ist meine Karte. Die nächsten drei Wochen bin ich beruflich im Ausland, aber dann würde ich den Mann gerne wieder treffen, der mich gerade gefüttert hat. Ich schreib Dir eine Adresse auf die Rückseite. Melde Dich dort und miete ein Appartement für uns, egal welches und wann. In drei Wochen bin ich zurück und werde kommen, wenn Du mir sagst, dass ich darf.“
Sie beschrieb die freie Seite der Karte mit einem Kugelschreiber und schob sie mir über den Tisch entgegen. „Du willst mich doch wiedersehen?“
Was für eine Frage.
Zweiter Tag
Nach dem Frühstück trennten sich unsere Wege. Ich machte eine weitere Wanderung und beschäftigte mich dabei mit den Fragen, die ich Helen am Abend stellen wollte.
Sie selbst verbrachte den Tag im SPA, das wollte sie sich nicht nehmen lassen, mit Fitness, Kosmetik, Massagen und heißen Steinen. Für den Nachmittag hatte sie sich eine Stunde in der Suite erbeten, in der ich nicht stören durfte. Von der Dachterrasse aus, wo ich mich bei einem Radler erfrischte, sah ich das Lieferfahrzeug einer Boutique aus Davos vorfahren und eine Frau aussteigen, die mit mehreren Kleidersäcken und Schuhkartons das Hotel betrat. Ich lächelte, weil ich eins und eins zusammenzählte. Und ich lächelte, weil ich das Outfit der Frau spannend fand. Sie trug ein Kostüm mit einem engen Rock und einer kurzen Jacke. Unter der Jacke trug sie eine weiße Bluse. Ich stellte sie mir transparent vor und ohne BH darunter.
Unweit von mir saß die Gräfin und ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie mich beobachtete.
Ich schloss die Augen und malte mir die Kleideranprobe aus. Wie die Davoserin - so hatte ich die Verkäuferin im Stillen für mich getauft - Helen aus ihrer Kleidung half, die Striemen auf ihrem Hintern und den Oberschenkeln entdeckte, sie liebevoll nachzeichnete. Unser gestriger Abend hatte nicht mit Chopin geendet.
Am späten Nachmittag ging ich wieder in unsere Suite, die Davoserin war vor einer guten halben Stunde schon weggefahren. Helen kam mir im Bademantel entgegen und strahlte mich an, sie habe ein wunderbares Kleid für den Abend gefunden, ich dürfe aber nicht danach schauen.
„Im Moment nähme ich Dich ohnehin lieber ohne Kleid!“, lachte ich zurück.
„Nähme?“, Helen sah mich skeptisch an. „Warum nimmst Du mich nicht?“
„Ja, warum eigentlich nicht?“, erwiderte ich, zog den Gürtel aus dem Bademantel, bevor ich den über ihre Schultern zu Boden rutschen ließ, verband ihre Hände mit dem Gürtel hinter ihrem Rücken und bugsierte sie in Richtung Sofa.
Zwei Stunden später saßen wir im kleineren der beiden Hotelrestaurants. Weiße Tischdecken, edles Porzellan und feines Kristall leuchteten im Schein der Kerzen. Helen trug ein dunkelrotes, fließendes, wadenlanges Kleid, vorne hochgeschlossen und hinten mit einem sensationellen Ausschnitt. Der ließ ihre Schulterblätter frei und verengte sich dann, bis die beiden Seiten knapp oberhalb ihres entzückenden Hinterns zusammentrafen.
„Wie hält das?“, hatte ich sie gefragt, nachdem ich mit einem Pfiff meine Begeisterung zum Ausdruck gebracht hatte.
„So gut wie gar nicht“, lachte Helen, „eine unglückliche Bewegung und ich stehe im Freien.“
Dementsprechend war ihre Haltung. Aufrecht und in Habachtstellung. Mehr Helen ging nicht. Selbst in größter Demut blieb sie stolz und gespannt.
In Gedanken sah ich Helen später sich lasziv in diesem Kleid auf dem Flügel wälzen. Ich würde unter dem Kleid so lange mit ihrer Lust spielen, dass es ihr egal wäre, ob und wie das Kleid saß. Dass es ihr sogar egal wäre, wenn es kaputtginge, weil ich es ihr vom Leib riss.
Am Nebentisch saßen die Gräfin und ihre Begleitung. Bevor Helen und ich Platz nahmen, hatten wir die beiden kurz begrüßt. Kurz fragte ich mich, ob es in Ordnung sei, zwei Unbeteiligte auf diese Weise in unser Spiel mit einzubeziehen. Etwas im Blick der Gräfin ließ mich sicher sein, dass es in Ordnung war, dass die Ohren am Nachbartisch sogar gespitzt sein würden.
Der Kellner brachte uns eine Flasche Crémant zum Auftakt und kurz darauf eine kleine Platte mit noch kleineren Amuse gueules darauf.
Helen sah mich gespannt an. Wie schön sie war. „Nein, nein, das zählt noch nicht“, lächelte ich ihr zu und wir ließen uns die Häppchen schmecken und stießen an.
Der Spargelsalat mit den Wachtelspiegeleiern kam und wir aßen schweigend. Helen putzte ihren Teller geradezu leer, nicht einmal ein Kresseblatt war übrig geblieben.
Nachdem der Kellner die Teller abgeräumt und Weißwein nachgeschenkt hatte, setzte sie sich gerade hin und ihre Augen flehten mich um die erste Frage an. Ich prostete ihr noch einmal zu und eröffnete unser Rede-und-Antwort-Spiel:
„Wenn ich Dir einen Antrag machte, würdest Du mich dann heiraten?“
„Jodeldiplom!“, kam es wie aus der Pistole geschossen und ich spürte, dass Helen dies am liebsten augenblicklich rückgängig gemacht hätte.
„Das wusste ich, meine Liebe, damit ist Dein Joker weg.“
Scharf zog sie die Luft ein und wurde für einen Moment unruhig. Sie hatte immer gerne die Kontrolle darüber, wie sie selbige abgab. Mit anderen Worten, sie gab sie eigentlich nie ganz ab. Eben schon, zumindest für die Dauer dieses Abendessens.
Es folgte eine Wildkräuterschaumsuppe, die wir langsam auslöffelten. Helen musste sich wohl sammeln. Da saß mir diese Frau gegenüber am Tisch, die imstande war, deutliche Schmerzen nicht nur auszuhalten, sondern sogar in Lust zu verwandeln. Und diese Frau haderte jetzt damit, dass sie sich von mir in eine vergleichsweise harmlose Falle hatte locken lassen. In mancher Hinsicht würde mir Helen immer ein Rätsel bleiben. Geheimnisvoll. Die Zeit, die wir für die Suppe brauchen würden, gönnte ich Helen, um sich für die nächsten Fragen zu wappnen.
Die Gräfin und ihre Begleitung schienen über das ungewohnte Schweigen an unserem Tisch verwundert zu sein und blickten mitunter skeptisch zu uns herüber.
Einen solchen Moment passte ich ab und erhob meine Stimme für die zweite Frage. „Was stellst Du Dir vor, was man beim Kochen und Essen Lustvolles erleben kann?“
Ich hatte dies bewusst an die zweite Stelle gesetzt. Mir war klar, dass der voreilig verspielte Joker Helen ärgern würde, dass sie aber an der Beantwortung dieser Frage Spaß hätte, und ich fügte hinzu: „Tischmanieren spielen keine Rolle. Oder doch? Das kommt ganz auf Dich an!“
Aus den Augenwinkeln sah ich die Gräfin schmunzeln.
Ich meinte förmlich zu spüren, wie von Helens Anspannung etwas nachließ. Bedächtig tupfte sie nicht vorhandene Suppenreste mit der Serviette von ihrem Mund und legte los. Ihre Schilderung entführte mich in ihre Küche, wo sie mit mir gemeinsam ein Essen zubereitete. Die Kräuter für die Suppe würde sie in einer Vollmondnacht gesammelt haben, weil dies deren aphrodisierende Wirkung verstärkt. Bekleidet alleine mit einer Schürze aus knallrotem Lack und passenden, hochhackigen Sandalen würde sie arbeiten. Ich wäre für den Küchenwein zuständig und die Überwachung ihrer Kochkünste. In der Küchenschublade würde ich Kochlöffel und Pfannenwender finden, die ich gerne zweckentfremden dürfte.
„Und ein Nervenrädchen, natürlich!“
„Ein Nervenrädchen? In der Küche?“, ich unterbrach Helen kurz.
„Klar, das fällt doch zwischen Knoblauchpresse, Backpinsel, Juliennehobel und Tassenbesen gar nicht auf, dass es kein typisches Küchenutensil ist.“
Helen bereitete also ihre Kräutersuppe zu, schmeckte Lachsmousse mit Zitronensaft ab, drapierte etwas davon auf ihren Nippeln und ließ mich kosten.
Helen klopfte Kalbsschnitzel und reichte mir den Fleischklopfer.
Helen tauchte ihren Finger in Soßen und leckte ihn genussvoll ab.
Helen würfelte eine Zwiebel und weinte.
Helen wurde heiß über den Töpfen und Pfannen und sie reichte mir den Behälter mit Eiswürfeln. Und dann Kerzen.
Helen fütterte mich mit allem möglichen Kostproben.
„Und zum Nachtisch gibt es Mousse au Chocolat. Habe ich Dir schon erzählt, dass ich die wirklich gut kann? Ich werde sie natürlich nicht auf Tellern servieren, sondern sämtliche noch verbliebenen Tischmanieren über Bord schmeißen. Wir stellen eine richtige Schokoladensauerei an miteinander, verteilen die Mousse auf uns und in uns. Und für den Verzehr verbieten wir uns, die Hände zu benutzen.“
Der Kellner unterbrach Helens Redefluss und brachte uns ein Baumtomatensorbet. In der Zwischenzeit war nun das Gespräch am Nachbartisch verstummt und Helen vergnügt und gelöst.
Das Sorbet hatte ihr Gemüt nicht abzukühlen vermocht und so sagte mir ihr Blick, beinahe schon wieder fordernd, ich solle die nächste Frage stellen.
„Du bist das privilegierte Objekt auf einer Gangbang-Party. Und Dein Privileg besteht darin, dass Du die Gästeliste bestimmst. Welche berühmten Männer würdest Du einladen wollen?“
Noch ein Treffer. Helen strahlte. Am Nebentisch schnappte ich das Wort Gangbang-Party auf. Die jüngere der beiden Damen schien die Gräfin zu fragen, was das ist. Ich schmunzelte innerlich. Helen freute sich, eine imaginäre Gästeliste zusammenstellen zu dürfen. Vielleicht malte sie sich sogar schon aus, wie der eine oder andere Gast sie herannehmen würde. Und auch die Damen am Nachbartisch blieben offensichtlich ganz Ohr.
Bis der gebeizte Lachs kam, zählte Helen eine Reihe von Gästen auf: Rachmaninoff und Ravel, Campino von den Toten Hosen, Mark Knopfler, Grace Jones, von der Helen behauptete, sie sei ein Mann, Madonna, von der Helen behauptete, mit einem StrapOn würde sie zum Mann werden. Ich billigte die beiden Frauen. Hinzu gesellten sich John Lennon und Till Lindemann. Chad Kroeger hatte ich erwartet, aber Keith Richards wunderte mich doch, bis Helen ergänzte: „Der junge Keith Richard, natürlich, nicht das Wrack aus Piraten der Karibik.“ Zuletzt gesellte sich dann Seal zu den Partygästen, bei dem ich nachhaken musste.
„Du quälst Dich, indem Du einen Schmusesänger einlädst?“, fragte ich, „Du hasst seine Musik!“
„Er soll doch nicht singen!“, konterte Helen.
Ich senkte meine Stimme: „Was soll er denn tun?“
„Was Männer so tun auf solchen Partys!“
„Helen!“, ich wurde deutlich lauter. „Was würdest Du von Seal wollen, wenn er nicht für Dich singen soll?“
„Er soll mich ausfüllen!“, antwortete Helen leise und fügte, deutlich lauter, hinzu: „Ich kann das nicht beurteilen, aber weißt Du vielleicht, was an den Geschichten dran ist, dass farbige Männer besonders gut gebaut sein sollen? Nein, warte, sag nichts. Ich werde es in den Staaten selbst herauszufinden versuchen.“
Ich schluckte. „Stelle nie Fragen, auf die Du die Antwort nicht hören möchtest“, ging mir durch den Kopf. Helen hatte Seal genannt, um mich zu quälen.
Während wir dann den Lachs aßen, wurde am Nebentisch von Mozart gesprochen, allerdings habe ich nicht mitbekommen, ob auch er auf eine Gästeliste gesetzt worden war.
Ich wartete, bis die Teller abserviert und wir wieder mit Wein versorgt waren, bevor ich die nächste Frage mit den Worten „Jetzt teste ich, ob Du zum Switchen taugst“, einleitete. „Welche pikante Frage würdest Du mir stellen wollen, liebe Helen. Und nein, ich muss sie nicht beantworten, aber vielleicht tue ich es. Du solltest allerdings nicht lange grübeln, meine Liebe, denn wenn der Kellner die Engadiner Lammkeule bringt, ist die Zeit für Deine Frage abgelaufen.“
In Helen arbeitete es sichtbar. Ihrer Mimik zufolge fand sie Fragen und verwarf sie wieder, bevor sie mich fest ansah und fragte:
„Hast Du einmal mit Deiner Frau geschlafen und dabei an mich gedacht und daran, was Du mit mir tun darfst, wovon sie wohl keine Ahnung hat?“
„Nein!“, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Nicht einmal.“
Helen nickte. Der Kellner brachte das Fleisch und servierte dazu Kartoffelspalten und Speckbohnen. Wir stießen mit den feinen Gläsern an, in denen nun ein Rotwein schimmerte.
Wir aßen, der Kellner fragte, ob er nachlegen dürfe. Er durfte. Nachdem auch der Hauptgang beendet war und unsere Gläser wiederum nachgefüllt, sagte ich zu Helen: „Und nun verdienst Du Dir Dein Dessert! Erzähl mir bitte laut und deutlich, wann und wie Du Dich zum ersten Mal selbst befriedigt hast. Und was hattest Du für eine Wichsvorlage?“ Ich wusste, dass Helen das letzte Wort hassen würde. Auch vom Nachbartisch erntete ich einen eher strengen, zugleich aber auch amüsierten Blick. Zumindest die Gräfin schien mit uns mitzuspielen.
Erfahren habe ich, dass Helen im zarten Alter von 13 Jahren mit einer Freundin und deren Eltern Urlaub in der Provence und dort Bekanntschaft mit dem Bidet gemacht hatte. „Eine Bekanntschaft, aus der innerhalb weniger Tage eine richtige Freundschaft wurde“, fügte sie schelmisch hinzu.
„Und dabei habe ich mir ausgemalt, dass der Vater von Christine - so hieß meine Freundin - genau wusste, dass meine vielen Aufenthalte im Bad des Ferienhauses nicht der Körperhygiene dienten. Ich habe mir seine Neugierde vorgestellt und seine zunehmende Unruhe, die ihn an die Badezimmertür schleichen und durchs Schlüsselloch sehen ließ. Ich hatte drei Wochen Zeit, diese Gedanken weiter zu spinnen. Ich hoffte, der Vater meiner Freundin würde mich nicht nur beobachten, sondern sich hinter der Tür einen runterholen. Irgendwann schloss ich das Bad nicht mehr ab, wenn ich das Bidet aufsuchte. Ich hoffte, er würde das Bild der triebigen kleinen Helen mit in das Schlafzimmer zu seiner Frau nehmen. So wollte ich ihn für mich haben. Und ich malte mir aus, dass er eines Tages ins Bad platzen und mich erwischen würde, bei dem, was ich da trieb. Dass er mich an den Haaren vom Bidet hochzerren und mir den Hintern versohlen würde.
Und jetzt hätte ich gerne schon vor dem Nachtisch einen Schnaps.“
Helen rief nach dem Kellner. Sie bekam ihren Schnaps.
Nach dem Topfensoufflée mit Erdbeeren trank sie noch einen.
Ich hatte ihr gebannt gelauscht. Die Vorstellung der jungen, sich selbst und damit ihre masochistische Neigung fühlenden Helen hatte mich ziemlich erregt. Darauf, ob die Damen am Nachbartisch noch etwas mitbekamen, hatte ich nicht mehr geachtet.
Zurück in der Suite setzte sich Helen augenblicklich an den Flügel und spielte los. Sie begann passenderweise mit „Davon träumen alle kleinen Mädchen“ von Paul Kuhn, klimperte ein paar Jazzimprovisationen und verlangte am Ende, diesmal frei nach Paul Kuhn, für die Frau am Klavier noch ein Bier. Ich gönnte ihr diese nach den edlen Weinen aus der Sicht eines Liebhabers sicherlich verwerfliche Abkühlung.
Helen hatte nun einiges intus. Ich schickte sie für eine Katzenwäsche ins Bad und sagte: „Auf das Bidet darfst Du gerne morgen Früh, wenn Du Deinen kleinen Rausch ausgeschlafen hast.“