Bernd steht so unnachahmlich am offenen Fenster, wie nur er es kann: Die Hände in die Hosentasche geschoben, breitbeinig und - seinen Bauch als natürliches Gegengewicht nutzend - weit nach hinten gebeugt. Sein saurer Atem flüchtet sich als dünne Wolke in die kalte Dezemberluft.
»Na, Schnucki«, ruft er der Postfrau zu, die mit einem Brief in der Hand durch den schneebedeckten Vorgarten pflügt. Schließlich sind es nur noch Wochen bis zu ihrer Pensionierung und sie muss sich die schwer eratmete Luft bis dahin einteilen.
»Na, Schnucki? Was vergessen?« Bernd strahlt über das ganze Gesicht. Vierundzwanzig Stunden Lieferzeit. Prime-Kunde. Gilt auch zu Weihnachten und für perverses Spielzeug. Handfesseln, Gerte und diese komischen Gewichte liegen im Postauto. Sicher.
»Nur ein Brief«, keucht die Frau von der Post. Sie reicht den Umschlag zum Fenster des heruntergekommenen Fachwerkhauses hinein und wendet sich sofort wieder ab - wie ein Schwimmer, der am Beckenrand anschlägt und umkehrt. Nur eben etwas formschwächer. »Vielleicht am Montag«, ruft sie noch.
Bernd ist sprachlos. Kein Paket? Kein Päckchen? Ihm fällt nicht einmal eine halbwegs unflätige Antwort ein. Normalerweise muss er über solche Sätze nie nachdenken, sie passieren ihm einfach.
»Mit den Idioten fahre ich Schlitten«, denkt er und meint das Versandhaus, aber gleichzeitig wird er sich eines viel dringlicheren Problems bewusst. In wenigen Minuten wird seine Sklavin an der Tür klingeln. Eine heiße Weihnachtsfeier hat er ihr versprochen, denn er möchte ihr zeigen, was er so alles drauf hat als Dom. Gut, es wird eine halbe Stunde dauern, bis man sich kennengelernt hat - schließlich ist es das erste Treffen überhaupt. Aber was, wenn er beichten muss, dass er nicht einmal so ein Schlagdings im Haus hat?
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