Blindflug bedeutet in der Fliegerei, keine Sicht zu haben, nach Instrumenten zu fliegen. Manchmal kommt es aber auch abseits des Fliegens zu Situationen, die einem Blindflug ähneln, allerdings ganz ohne Instrumente. Dann gibt es nur noch einen Ausweg: Augen zu und durch!
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Diese Geschichte erreichte einen vierten Platz im Schreibwettbewerb »Blindflug«. (»Schreibwettbewerb: Blindflug«).
Fliegen ist doch eigentlich ganz einfach. Man bucht einen Flug, checkt am Flughafen ein, passiert die Sicherheitskontrolle und schon geht es in den Flieger. Die eigentliche Arbeit wird vom Piloten geleistet. Im Cockpit geht es sehr professionell zu. Auf kommerziellen Flügen bleibt nichts dem Zufall überlassen. Das Fluggerät hat umfangreiche Kontrollen hinter sich, der Treibstoff wird exakt für die Strecke berechnet, die Wetterverhältnisse gehen in die Flugroutenbestimmung mit ein. Während des Fluges werden ständig sämtliche Parameter gecheckt, Ausweichlandeplätze für Notfälle bestimmt, und vieles mehr. Es wird nicht nur auf Sicht geflogen. Allerlei Technik steht zur Verfügung. Die Flugsicherung mit den Lotsen schafft Ordnung, niemand kommt sich in die Quere. Am Himmel ist kein Platz für Draufgängertum und waghalsige Flugmanöver. Nichts ist dem Zufall überlassen, zu viel steht auf dem Spiel.
Doch mal angenommen, das alles wäre nicht so. Kein Radar, keine Funkpeilung, kein Kompass, keine Instrumente, nichts! Und wenn man aus dem Cockpitfenster blickt, erkennt man nur Nebel! Überall ist dichter, grauer Dunst. Die Triebwerke arbeiten auf Hochtouren. Es geht vorwärts mit vollem Speed. Mitten durch den Nebel. Die Augen machen keinen Sinn mehr. Im Blindflug rast die Maschine. Anhalten ist ausgeschlossen, eine Umkehr nicht möglich.
Szenenwechsel. Ich stehe in der Küche. Zwiegespräch mit meiner Frau. Dabei fühle ich mich wie der Pilot im Cockpit, der bei totalem Ausfall all seiner Instrumente mit vollem Schub durch den Nebel fliegt. Rede mich mit voller Wucht um Kopf und Kragen. Ich sehe in ihre grünen Augen und doch bin ich blind, erkenne nicht, wo unser Gespräch hinführt. Bin mir nicht mehr bewusst, wie ich mich in die Situation gebracht habe. Plötzlich passiert es. Ein paar verfängliche Sätze, einige unüberlegte Worte, leicht dahingesagt. Dann das erstaunte Gesicht meiner Frau, die fragende Mimik, der bohrende Blick, die unausgesprochenen Worte: ›Wir müssen reden!‹
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