Was nur hatte mich hierhergeführt? Ich traf mich selten mit Personen, die aus meinem Liebesleben schieden. Warum also gerade R.? Es lag wohl an meiner sozialen Ader. Ich hatte gehört, dass R. nicht zuletzt wegen unserer Trennung eine sehr schwere Zeit durchlebte. So suchte ich ihn auf. Und traf auf eine SM-Hölle.
Erschrocken drehte ich mich um. Ich hatte nicht erwartet, dass R. so rasch die Tür öffnen würde. Üblicherweise öffnete er sie immer mit Bedacht. Insgeheim hatte ich R. im Verdacht, dass er dies heimlich am Sonntagnachmittag trainierte, wenn alle anderen Familien aus seinem Stockwerk ihre Ausflüge absolvierten, damit es gelassen, souverän und unglaublich abgeklärt erscheint. Zugegeben, seine Anstrengungen waren definitiv nicht von Erfolg gekrönt, aber bei einem Dom zählt wohl auch bei solchen Handlungen: Der Weg ist das Ziel. Dass wir auch bedingt durch meine Einstellung „Das Ziel ist das Ziel“ nicht auf einen gemeinsamen Nenner kamen, konnte ich ihm leider nie begreifbar machen. Vielleicht tat ich ihm aber auch einfach nur unrecht.
Dieses Mal jedoch war alles anders. Ich stand weder im Rock, noch in hohen Stiefeln und auch nicht umhüllt von meinem geliebten Ledermantel vor seiner Tür, sondern in Casual-Wear. Und das war ganz absichtlich so gewählt. R. sollte gleich sehen, dass ich zwar zu einem letzten Treffen bereit war, aber dass die Titulierung „Ex-Dom“ für ihn ungeachtet des heutigen Treffens gerechtfertigt war. Geglaubt, so befürchtete ich, hatte er es mir bis dato nämlich nicht. Oder ich tat ihm auch hierbei unrecht.
Seine dünne Tenorstimme versuchte mich wie schon öfter mit einem „Oh, du bist es. Komm doch herein.“ klein zu halten. Heute sollte es wohl besonders unverbindlich mit einem Touch von Abfälligkeit klingen. Durch seine augenscheinliche Nervosität aber schlich sich ein aufgeregter Unterton in seine Stimme. Zu allem Überfluss verschluckte er plötzlich die Hälfte seiner Buchstaben, sodass bei mir nur ein „Oh, du isst es. Rein.“ ankam.
Ich blickte ihn daraufhin einige Sekunden recht verständnislos an und überlegte mir gerade, wer von uns beiden nun der größere Trottel ist, bis meine natürliche Demut Oberhand gewann und mich meine Augen niederschlagen ließ. Ich säuselte: „Danke für die Einladung.“
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