Der Haussegen hängt mal wieder schief bei Weihnachtsmann und Weihnachtsfrau: Die Gewerkschaft nervt und Ablenkung ist nicht in Sicht, denn die Weihnachtsfrau ist krank und nicht in der Stimmung für Peitsche und Strafbock. Und das schon seit Wochen. Da bietet sich dem Weihnachtsmann eine einmalige Gelegenheit.
Er hatte so die Nase voll! Diese Gewerkschaftstypen würden noch mal sein Untergang sein. Wütend stapfte der Weihnachtsmann über den Hof zwischen Weihnachtsmannhaus und Werkstätten. Drei Tage vor Heiligabend! Als ob er jetzt nicht genug anderes zu tun hätte. Nur die Gewerkschaftsfuzzis konnten auf die Idee kommen, in dieser Zeit eine Weiterbildung für alle Weihnachtsarbeiter anzusetzen. „Wenn Sie Ihre Leute dafür nicht freistellen, müssen wir andere Saiten aufziehen!“, hatten sie gesagt. „Wenn Sie nicht selbst daran teilnehmen, müssen wir Ihren Betrieb wohl bestreiken!“, hatten sie gesagt. „Wollen Sie wirklich schuld sein, wenn die Bescherung in diesem Jahr weltweit erst im Januar stattfinden kann, weil der Streik Ihre Produktion lahmlegt?“, hatten sie gefragt.
Mit Karacho trat der Weihnachtsmann gegen den Laternenpfahl, dessen Fuß eine gusseiserne Nachbildung seines Rentiergespanns war. Er verzog das Gesicht. Gegen Gusseisen halfen offenbar auch diese verf.... Arbeitsschutzschuhe mit Stahlkappen nicht. In den Dingern schwitzte er sich einen Wolf und jetzt konnte man damit nicht mal gepflegt seine Wut rauslassen. Noch so eine affendämliche, bekloppt-bescheuerte Gewerkschaftsidee!
Und dann das alles ohne Kaffee. Die Weihnachtsfrau lag seit Nikolaus mit einer fetten Grippe im Bett. Eben hatte Engel Nummer 12 den Brustwickel erneuert. Da war der Weihnachtsmann lieber geflüchtet. Schlimm genug, dass ihr Spielzimmer seit Wochen Staub ansetzte, weil seine Frau lieber Tee und Trost wollte statt einen heißen Hintern. Seit Wochen musste er nur noch nett sein. In den vergangenen Jahren hatte er diese ätzende Zeit des Jahres geistig halbwegs gesund überstanden, weil er sich an und mit der Weihnachtsfrau abreagieren konnte. In diesem Jahr würde irgendwann über kurz oder lang eine vollkommene Gesichtslähmung das Hohoho-Lächeln auf seinen Wangen und Lippen für immer festfrieren, da war er sich sicher. Wie eine überbotoxte High-Society-Tussi würde er auf ewig mit demselben grenzdebilen Dauergrinsen über den Nordpol rennen. Nicht mehr einen Monat im Jahr, sondern 12! Den Weihnachtsmann schauderte bei diesem Gedanken.
Er riss die Tür zur Hauptwerkstatt auf. Hier sollte das Seminar in dem riesigen Aufenthaltsraum stattfinden, den sie brauchten, wenn im Advent die vielen Leihwichtel zu seiner Stammbelegschaft stießen, um die Weihnachtswünsche der Kinder zu erfüllen. Undankbares, unbescheidenes Pack! Zu seiner Zeit hatten sich die Bälger über eine Handvoll Nüsse und eine Orange gefreut. Heute brauchte er einen schwerlastverstärkten Schlitten-Konvoi, um alle Geschenke zu transportieren. Mitten in der Vorhalle blieb er stehen und nahm seine Brille ab. Die Wärme hier drinnen hatte die Gläser beschlagen lassen und obwohl er immer wieder befahl, Ordnung zu halten und alles an seinen Platz zu räumen, war er sicher, dass irgendein Leihwichtel wieder irgendetwas mitten im Raum stehenlassen hatte. Seine Leute trauten sich das nicht. Da herrschte Zucht und Ordnung! Aber diese Leihkräfte... Es war eben einfach nichts mehr wie in den guten alten Zeiten.
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