Beste Momo,
Deine Geschichte ist sprachlich gut erzählt, das ist gar keine Frage. Und mir ginge es leicht von der Hand, sie auch so zu bewerten.
Und doch habe ich eine Reihe kritischer Anmerkungen. Beurteile selbst, ob sie über bloße Geschmacksfragen hinausgehen.
Du wählst einen müden Intro: die Samtvorhänge und die Kerzen, aber man ahnt, das ist ein rhetorischer Trick, und da kommt noch was. Und tatsächlich: „Nichts ist langweiliger, als jemanden zu dominieren, der sich auch sonst alles gefallen ließ.“ Jetzt geht's los. Da treffen zwei starke Charaktere aufeinander. Leider bleibt es ein leeres Versprechen. Denn außer körperlicher Attraktivität entdecke ich nichts, was die beiden anzieht. Du legst nach: das Lied Bitch, Facettenreichtum, … Dann ist sogar vom Spiel mit dem Feuer die Rede. Als Leser bekam ich wieder Hoffnung, dass es vielleicht doch noch über eine Popo-Klatsch-Geschichte hinausgehen könnte. Und wieder legst Du nach: „Alle Codewörter, alle Zeichen waren für den Notfall abgesprochen.“ Der Höhepunkt ist, dass sich der Dom einen abwichst, und an seiner statt einen Dildo präsentiert. Einen großen (oh Schreck lass nach). So wie die ganze Sitzung irgendwie impotent bleibt. Wo sind die Stärken der Charaktere geblieben? Die sogenannte Bitch behält alles in der Hand, er imponierte allein mit anfänglich lässig-arroganter Gesprächsführung. Er kann einen Hintern versohlen, wenn sie es sich wünscht, und dass noch mit Code-Wörtern (im Plural). Ein Code-Wort hätte gereicht: Schluss mit diesem Blümchensex im Nachthemd mit Hello-Kitty-SM-Aufdruck. Der einzige Notfall, der eintritt ist der, dass der sog. Dom einen Dildo zur Hilfe nehmen muss, weil die Pferde vorher mit ihm durchgegangen sind (im wörtlichen Sinne hinter ihrem Rücken).
Momo, ich habe jetzt absichtlich übertrieben. Ich habe die Messlatte höher gelegt nach der verheißungsvollen Anlage der Geschichte: Spannung ist aufgebaut, Charaktere angelegt, Setting abgesteckt, detailreich … alles da, und dann ist mit einem Mal alles vergessen.
Ideen: Wenn seine souveräne Art noch mal zum Tragen gekommen wäre; wenn sie irgendeine Form von Widerstand verspürt oder gar geäußert hätte und die Stärken beider aufeinander getroffen wären; wenn sich das Spiel mit dem Feuer (was sich auf die Charaktere bezog) physisch niedergeschlagen hätte.