Klavierkonzert
Wenn wir zurück im Haus sind, werde ich Beethovens fünftes Klavierkonzert abspielen. Und ich werde all die Dinge mit dir tun, die wir gerade besprochen haben. Du wirst nichts tragen außer den ledernen Manschetten an Händen und Füßen.
Eine BDSM-Geschichte von Schattenwölfin.
Info: Veröffentlicht am 31.03.2012 in der Rubrik BDSM.
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Das langanhaltende Hochdruckwetter beschert der Insel seit Tagen Sonnenschein und sommerliche Temperaturen. Zur Freude der Urlauber und all jener Insulaner, die von den Urlaubern leben, dies aber nur ungern zugeben. Wieder einmal bin ich froh, dass unser reetgedecktes Haus nicht einsehbar ist, da es ein gutes Stück oberhalb des Weges liegt und zudem von einem breiten Wall aus Heckenrosen umgeben ist.
Ich weiß nicht, ob es die Wärme ist oder die Unruhe, die mich begleitet, seitdem Du weg bist, jedenfalls bin ich früh am Morgen aufgestanden und habe auf der Terrasse meinen ersten Kaffee getrunken. Dabei ließ ich meine Blicke über unseren Garten wandern, über die von Dir liebevoll angelegten Beete mit Rosen, Lavendel und Hortensien in allen Farben. Die bunten Staudenarrangements, die Kübel mit Margeriten und Fuchsien und nicht zuletzt die prachtvoll blühenden Kletterrosen zwischen den zweiflügeligen Terrassentüren.
Du hast mir das Versprechen abgenommen, dass ich mich nach bestem Wissen und Gewissen um den Garten kümmern würde, wenn Du weg bist, am Morgen die Beete auszuputzen, am Abend zu wässern, den Rasen regelmäßig zu mähen und möglichst mit den Pflanzen zu sprechen.
»Guten Morgen, Frau Pfefferminz, einen Tee vielleicht? Gut geschlafen, Herr Peter Silie? Für Sie lieber Kaffee?«, ich komme mir so lächerlich dabei vor und hoffe, dass mich niemand erwischt. Ich kann das nicht, worüber soll ich mit ihnen reden? Besser gesagt zu ihnen sprechen, denn antworten tun sie nicht. Und so habe ich beschlossen, dass Blumen und andere Pflanzen vielleicht auch Musik als ein Zeichen menschlicher Zuwendung annehmen und blühen und gedeihen. Heute schlüpfe ich schnell in ein ärmelloses, leichtes Baumwollkleid und entscheide mich für Beethovens Klavierkonzert Nr.5 als akustische Pflanzennahrung.
Lange habe ich mich gescheut, diese Musik zu spielen. Jeder Ton ist für mich voller Erinnerung und weckt augenblicklich eine Sehnsucht nach Dir, die meinen Puls beschleunigt und meinen Schritt befeuchtet. Nicht einen Tag früher hätte ich das aushalten können, diesem Konzert zu lauschen und daran zu denken, auf welchen Höhenflügen es uns begleitet hat - wieder und wieder.
Konzentriert und mit Rechen und Gartenschere ausgerüstet mache ich mich an mein Morgenwerk. Allegro. Ich beginne mit dem anstrengendsten Teil und reche den Rasen mit weit ausholenden Bewegungen, so dass es nicht lange dauert, bis mir der Schweiß in kleinen Rinnsalen über sie Stirn läuft, den Nacken herunter über den Rücken und zwischen den Brüsten hinab. Nachdem diese Arbeit erledigt ist, widme ich mich dem Rosenbeet. Adagio. Die verwelkten Blüten wandern in den Korb, vorwitziges Unkraut rupfe ich aus der Erde. Ich gewähre nur der Musik Einlass in meinen Kopf und sperre die damit verbundenen Gedanken und Erinnerungen hartnäckig aus, stehe gebückt über den Stauden und entferne Verblühtes. Mein Sinnen ist derartig auf welke Blüten verdichtet, als sei deren Ausputzen Sinn und Zweck meines Seins. Rondo. Allegro. Als ich mich aufrichte, rauscht es in meinem Kopf, ich sehe zur offen stehenden Terrassentür und meine, Dein Spiegelbild in der Sprossenscheibe des einen Flügels zu sehen. Du am Deckenbalken im Wohnzimmer hängend und mir vollkommen ausgeliefert.
Nachdem der letzte Takt des Konzerts verklungen ist, lasse ich das Körbchen mit den ausgeputzten Blüten und der Gartenschere achtlos auf dem Rasen stehen. Ein paar Blumen schneide ich noch, um später einen Strauß daraus zu binden, stelle sie ins Wasser und gehe ins Haus zurück.
Natürlich bist du nicht da, am Deckenhaken vor dem Kamin hängt der Kupferkessel mit den Trockenblumen. Ich setze mich an den Esstisch, trinke hastig ein Glas Saft und noch ein zweites, streiche über das dunkle Holz und verliere mich nun doch in Erinnerungen. Wie wir hier sitzen, gemeinsam mit Deinen und meinen Kindern, wenn der ganze Haufen sich über das Wochenende bei uns eingefunden hat. Wie wir bis tief in die Nacht reden, essen und trinken. Wie Du zärtlich über die Tischplatte streichst und mir dabei einen vielsagenden Blick zuwirfst, einen mir vielsagenden Blick, der den anderen am Tisch gar nichts zu sagen vermag. Höre Dich kurz aufschreien an diesem einen unvergesslichen Abend, als Wachs von einer der Kerzen aus dem Leuchter auf Deine Schulter tropft. Rot wie Blut das Wachs auf Deiner zarten Haut, die weiß wie Schnee leuchtet. Ein wundervolles Farbenspiel zusammen mit dem Top aus Samt, das Du trägst und Deinem Haar, schwarz wie Ebenholz.
Schneewittchen habe ich Dich erstmals genannt in jener Nacht, als wir eng aneinander geschmiegt und hochgradig erregt im Bett lagen. Mit Rücksicht auf unsere Besucher beließen wir es dabei, uns gegenseitig auszumalen, was wir tun würden, wenn sie erst wieder weg wären. Meine Worte zur guten Nacht für Dich haben einen verheißungsvollen kommenden Abend beschrieben.
»Wenn wir die Kinder zur Fähre gebracht haben und wieder zurück hier im Haus sind, werde ich Beethovens fünftes Klavierkonzert abspielen. Und ich werde all die Dinge mit Dir tun, die wir gerade besprochen haben. Allegro. Du wirst nichts tragen außer den ledernen Manschetten an Händen und Füßen. Ich werde Dich langsam an den Instrumenten vorbeiführen, die ich auf dem Esstisch bereit gelegt habe. Ich werde Dich knebeln und Dir die Augenmaske anlegen, Dich an den Deckenhaken hängen, die Beine mit der Stange spreizen. Ich werde Dich sanft massieren. Mal mit einem, mal mit zwei Fingern nur, dann mit der ganzen, flachen Hand. Zwischen Deinen Brüsten und Deinem Venushügel werden meine Hände einen Tanz auf Deiner Haut vollführen. Ich werde sie zupfen, mal mehr, mal weniger fest. Dann mit sanftem Druck und flachen Händen seitlich vom Rippenbogen über die Taille hinab auf Deine wundervollen Hüften streichen. Adagio. Von dort werde ich sie weiterwandern lassen auf Deinen runden Hintern, den ich kneten werde und rubbeln, bis die Backen zu glühen beginnen. Ich werde Deine Brüste massieren und die Nippel mit Klemmen versehen, damit Du weißt, dass auch der Schmerz Teil sein wird unseres Spiels. Einer meiner Finger wird den direkten Weg zwischen Deinen Brüsten hinab in Deine Spalte nehmen, sich dort befeuchten und dann Dein Kinn anheben und ich werde Dir ins Ohr flüstern, dass ich Dir nun den Schmerz gebe, nach dem Du Dich so sehnst, mein Schneewittchen. Rondo. Allegro. Schlaf schön und träume bitter-süß!«
Ich bin unruhig auf meinem Stuhl und gehe schnell unter die Dusche, wo es mir gelingt, den Schweiß, nicht jedoch die Erregung abzuspülen. Wie eine unserer Stuten, wenn sie rossig ist, komme ich mir vor. Ich sehe in den Spiegel und das Gesicht dort blinzelt mich an: »Warum eigentlich nicht?«, scheint es zu sagen. »Wer so früh aufsteht, verdient sich eine Mittagsruhe.« In den leichten Bademantel gehüllt lege ich mich auf mein Bett und unternehme gar nicht erst den Versuch, noch ein paar Zeilen zu lesen. Zielgerichtet wandern meine Hände, den Gürtel zu lockern und dann über die frischgeduschte Haut zu wandern, meine Brüste zu streicheln. Selten habe ich mich unter meinen eigenen Berührungen aufgebäumt, heute geschieht dies binnen weniger Augenblicke und meine Hand findet sich unmittelbar auf meinem Juwel wieder mit dem Ziel, schnell den Höhepunkt zu erreichen, damit diese Unruhe aus mir weicht. Es dauert nur Sekunden. Kurz nachdem mein Puls sich beruhigt hat, falle ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Als ich am Nachmittag aufwache, schüttele ich leicht den Kopf ob meiner unglaublichen Nässe und ich scheine nach wie vor zu glühen. Selbst das kühle Leinen der weißen Bluse und schwarzen Hose, die ich anziehe, heizen mich weiter auf. Ich weiß, dass Du mich so gekleidet am liebsten siehst.
Beschäftigung. Ich schnippele Obst für einen Salat und karamellisiere gehackte Nüsse, verrühre Mascarpone mit Amaretto zu einer geschmeidigen Creme. Nachdem die größte Mittagshitze vorbei ist, binde ich einen Strauß aus den in der Früh geschnittenen Blumen. In ihm spiegelt sich die gesamte Farbenpracht des von Dir geliebten Gartens wieder. Zufrieden drehe ich das Werk in meiner Hand und beschließe dennoch, es in zwei kleinere Sträuße zu teilen. Einen stelle ich auf den Esstisch, über dessen Platte ich unwillkürlich streiche. Mein Blick wandert zum Deckenhaken vor dem Kamin und ich hänge den Kupferkessel ab. Den anderen Strauß wickle ich in Seidenpapier. Die Wanduhr schlägt und deutet mir an, dass es Zeit ist, mich auf den Weg zu machen.
Mit dem Blumenstrauß im Fahrradkorb radele ich in den Ort. Hier herrscht Ruhe vor dem Sturm, noch die wenigsten sind vom Strand zurück, um in die Geschäfte zu drängen. Ich betrete den alten Inselfriedhof und gehe leichten Fußes an den sprechenden Grabsteinen vorbei zum Grab meines Mannes. Sein Platz liegt schon im Schatten. »Verblühtes kann ich heute hier nicht noch ausputzen, aber ich bringe frische Blumen«, flüstere ich ihm zu.
Nachdem ich den Friedhof verlassen habe, schlage ich den Weg wieder in die Richtung ein, aus der ich gekommen bin, radle vorbei an unserem Haus und dem Fähranleger entgegen. Ich platze vor Vorfreude auf Dich und bin so gespannt auf Deine Reaktion, wenn ich Dir nach einer stürmischen Umarmung zur Begrüßung zuflüstere, dass zu Hause nicht nur Dein geliebter Obstsalat auf Dich wartet, sondern dort bereits die CD mit dem Klavierkonzert eingelegt ist.
Allegro.
Adagio.
Rondo. Allegro.