Das Mängelexemplar (Teil 5)
Die ersten sieben Tage vergingen wie im Flug und ich habe manchmal das Gefühl, als stecke ich in einem Traum, der mal mehr, mal weniger greifbar ist. Für Anna war es unter anderem die Erkenntnis, dass sie im Sinne der Erotik zuweilen erhöhten Druck und Schmerz für eine vollständige Befriedigung benötigt. Doch nun begann das Spiel nach ihren Regeln.
Eine BDSM-Geschichte von Mirador.
Info: Veröffentlicht am 30.01.2013 in der Rubrik BDSM.
Folge: Dieser Text ist Teil einer Reihe.
Urheberrecht: Veröffentlichung, Vervielfältigung oder Verwendung sind nicht erlaubt. Mehr.
https://www.schattenzeilen.de/1555-bdsm-geschichten-Mirador-Das-Maengelexemplar-(Teil-5).html
Ich laufe barfuß am Strand entlang und bin völlig entspannt. Meine Mutter winkt von einem Dampfer, der sich glücklicher Weise immer weiter vom Ufer entfernt und warum auch immer den Namen Titanic trägt. Rosa Spatzen umschwirren mich, während eine formschöne Lady auf mich zukommt und ein kühles Getränk in ihren Armen hält. Das Leben könnte nicht besser sein, wäre da nicht plötzlich dieses durchdringende Gebimmel. Ich wende den Blick, um nach dem nutzlosen Element zu fahnden, welches dieses Geräusch verursacht, kann ihn aber nicht entdecken. Leider verschwindet das schöne Wesen ebenfalls und macht einer neuen Version Geräusche Platz. Zu dem nervtötenden Klingeln gesellt sich nun noch ein penetrantes Klopfen, das meinen Strand in Sekunden zu Staub zerfallen lässt und mich zurück in die Gegenwart katapultiert.
4:15 Uhr. Was zum Teufel kann so wichtig sein, dass man mir fast die Tür einschlägt?
Der Gedanke an Anna legt sich für eine Sekunde wie säuerlicher Zahnbelag auf die Zunge. Benommen wie nach einem linken Haken taste ich mich zur Haustür und ein Blick durch den Spion genügt. Anna steht vor der Tür. Ich dachte, sie wäre in ihrer Wagenburg und wollte mit ihrem Kollektiv von Minimalisten etwas für den Winter bauen?
„Morgen, mein Schatz. Lass uns mal rein. Hier ist es hundekalt.“ Schneebedeckt wie ein Eskimo schiebt sie mich aus dem Weg und drei weitere Gestalten bahnen sich ihren Weg in den Flur. In Sekunden ist alles klatschnass.
„Ich habe dich auch lieb, Anna. Was ist passiert, dass ihr hier mitten in der Nacht aufkreuzt?“ Schnee fällt mir auf die nackten Füße und nötigt mich, nach meinen Schlappen zu suchen.
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Merry Widow alias das Mängelexemplar. Reifes Mädchen mit blonden Haaren. Für vieles offen, aber zu nichts zu zwingen. Sucht Partner für feste Beziehung. Handwerklich begabt, aber wenig häuslich. - Wer sich auf diese Kontaktanzeige in einem BDSM-Magazin einlässt, muss sich auf einiges gefasst machen.
Alle sind auch untenrum rasiert? Warum? Ist das so eine Art Vorgabe für diese SMler? Was machen SMler denn anders? An den Brüsten aufhängen? Hat es schon mal eine länger bei dir ausgehalten? Ich mache dir einen Vorschlag: Ich bleibe eine Woche und wir proben, ob wir zusammen passen. Und dieses Bondagefoto, das will ich demnächst auch probieren.
Was soll ich sagen? Mein jüngstes Date hat es in nicht einmal achtundvierzig Stunden geschafft, mich betrunken zu machen und dem Beischlaf eines Köters auszusetzen, einem Junkie zu einem Schuss zu verhelfen, nackt in mein Bett zu kommen, ohne mich weiter zu beachten und obendrein mein Schlafzimmer in ein Trainingszentrum für Sadisten zu verwandeln. Eigentlich wäre es an Zeit für einen kleinen Herzkasper. Die Frage ist nur, ob vor Freude oder vor Angst.
Auf dem Tisch liegt eine aufgeschlagene Fetischzeitung. Ein überteuertes Hochglanzmagazin mit phantastischen Bildern. Anna hat einen Artikel über Stiefelladys gelesen. Hochgewachsene Blondzetten mit Schuhwerk, die bis in den Schritt reichen. Soll mir das etwas sagen, meldet sich mein männlicher Verstand plötzlich? Eine bebilderte Anzeige lässt mich endgültig aus meinem naiv intellektuellen Dasein erwachen.
Das Mängelexemplar (Teil 5)
Die ersten sieben Tage vergingen wie im Flug und ich habe manchmal das Gefühl, als stecke ich in einem Traum, der mal mehr, mal weniger greifbar ist. Für Anna war es unter anderem die Erkenntnis, dass sie im Sinne der Erotik zuweilen erhöhten Druck und Schmerz für eine vollständige Befriedigung benötigt. Doch nun begann das Spiel nach ihren Regeln.
Anna kommt aus dem Bad und trägt nur ihr Halsband. Leicht rosa gefärbte Striemen über ihrem Brustansatz sind immer noch zu sehen. Sie schüttelt ihre Locken in Form und schaut aus dem Fenster. Ihr Hintern hat sich schneller und besser von der Flagsession erholt. Endlich hat sie ihr Glück gefunden. Endlich.
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Kommentare von Leserinnen und Lesern
Einfach klasse, Peter seine Umsiedlung in die Bauwagenkolonie,
ich würde sagen, dass muss schon Liebe sein, ein solches Opfer zu bringen,
im Sommer könnte man das ganze noch als Survival Ausflug betrachten,
aber im Winter grenzt das ganze schon an ein Himmelfahrtskommando...
Toll geschrieben, danke.
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Ich fühle mich zurückversetzt in meine Studentenzeit .
Geschichten die nur das Leben schreiben kann.
Bin sehr gespannt wie es weitergeht.
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auch bei diesem Teil habe ich vergnügt gelesen, mich manchmal gefragt, ob die Geschichte hierher gehört, aber: die Sprache und die Personenbeschreibungen sind es wert gewesen. Ich kann mich 'dienerin' von gestern nur anschließen: wie fallen dir solche Sätze ein?
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Du beschreibst eine Lebenswelt, die ich nicht kenne,
das aber sehr lebendig.
Du schaffst es Bilder zu malen, ein Kopfkino in Gang zu setzen,
derb und mit einer Ausdruckskraft die ich unglaublich fasznierend finde
Wie fallen einem solche Sätze ein?
Danke für diese Geschichte
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