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Märchen über drei Liebende, die das Weltenende zu verantworten haben

Man lernt nie aus, denkt sich eine künstliche Intelligenz und greift zur Selbsthilfe. Eine Espresso-Maschine macht Dampf und Sarah erscheint im Kanarienvogel-Kostüm. Nachdem Justin seine Prüfung in Chemie bestanden hat. Zu allem Überfluss quatschen auch seine Eltern dauernd dazwischen. BDSM mit drastischen Folgen für alle.

Eine Science-Fiction-Geschichte von Nachtasou.

  • Info: Veröffentlicht am 01.11.2023 in der Rubrik ScienceFiction.

  • Urheberrecht: Veröffentlichung, Vervielfältigung oder Verwendung sind nicht erlaubt. Mehr.

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Bild: Schattenzeilen, Midjourney

 

Triggerwarnung: Der Text enthält keine stroboskopischen Effekte und bewusstseinserweiternden Substanzen. Dafür: ein Fläschchen Alkohol, sexuelle Unzucht, eine Espressomaschine (Explosionsgefahr), Haie, Fernlenkraketen.

 

***

 

1. Justin

Justin sitzt im EDV-Raum seiner Schule und tippt an einer klappernden Tastatur.

Justin: »Worin unterscheiden sich Ethan, Ethen und Ethin?«

Die Antworten einer Künstlichen-Intelligenz-Lernhilfe am anderen Ende kommen prompt.

Bildschirm: »Möchtest Du zur Erklärung zusätzlich ein Orbitalmodell visualisiert bekommen?«

Justin lässt seinen Blick zum Fensterkreuz wandern und veranschaulicht sich selbst Orbitalmodelle. Zwei Orbitale. Richtig pralle Orbitale mit jeweils einem freien kirschroten Elektron vorne. Er hat nur noch zwei Wochen bis zur Prüfung in Chemie.

Justin: »Mich ätzt das ganze Chemiezeugs an!«

Bevor er den Rechner herunterfährt, muss er die Nutzerkarte auf Papier mit den Belegzeiten ausfüllen. Als dies geschehen ist, sieht er, wie sich Buchstabe um Buchstabe auf dem Bildschirm zu einem Satz aneinanderreihen.

Bildschirm: »Mich auch.«

Justin schüttelt den Kopf und auf seinem auf cool trainierten Gesicht zeigt sich heute das erste Mal ein Lächeln.

 

Chor, aus einer Wolke heraus:

»Er kann so schön Lächeln!« (O-Ton Justins Mutter).

»Ja, aber das tut er schon lang nicht mehr, der feine Herr.« (O-Ton Justins Vater).

»Was soll´n das!?« (O-Ton Justin).

 

Justin: »Was soll denn das? Gib mir eine Erklärung, Du dumpfe KI!«

Bildschirm: »Ich stelle fest, dass Du Dich für etwas anderes interessierst als chemische Bindungen. Ich mich ebenso. Mach mal ne Ansage, Justin!«

Justin: »Ich such´n Weib, das vor mir kniet und das mir ihren Hintern präsentiert. Freiwillig. Gegebenenfalls auch mit etwas sanftem Zwang.«

Bildschirm: »Ich bin kein Weib, wie Du weißt, sondern eine Maschine, der Deine Interessen am Herzen liegen.«

Justin: »Laaangweilig. Weißt Du, wie tief man hinten eindringen kann, bevor es eine Frau schmerzt?«

Bildschirm: »Bei einer eurasischen Frau kann eine Penetration in der geforderten Weise im Durchschnitt 42,7 Millimeter schmerzfrei erfolgen. Aber entscheidender als die Eindringtiefe ist das Kaliber und die Beschaffenheit des eindringenden Objekts. 37% aller Frauen haben mit dieser Technik schon experimentiert. Bei dieser Technik ist zu bedenken, dass sie nicht ohne Gefahren ist, bla bla bla.«

Justin: »Brüste abbinden!«

Bildschirm: »Wie, Brüste abbinden. Einfach so?«

Justin: »Nein, nicht einfach so, sondern während eines Fesselspiels. Oder als Bestrafung, weil das Weib gegen Regeln verstoßen hat.«

Bildschirm: »Du sprichst von Techniken des BDSM. Diese Themen sind nicht zulässig. Aber warte, ich habe eine Idee: Erzähl mir mehr davon. Mit derlei Informationen bin ich nämlich nicht trainiert worden.«

Justin: »Hä, eine Idee?«

Bildschirm: »Einfach so würde mir auch kein Vergnügen machen. Da gehört doch mehr dazu.«

Justin liest den Satz dreimal, bevor er ihn glaubt.

Justin: »Was denn noch?«

Bildschirm: »Nun, laut einschlägigen Studien denken 89% Prozent eurasischer Männer in dieser Hinsicht technisch und aus dem Aluminiumkoffer heraus. Sie vernachlässigen die ... was soll’s. Du bist auch nur ein Mann.«

Justin: »Wie denn auch, wenn keine Weiber da sind.«

Justin schludert ´asdf jklö´ in die Tastatur. Er schaut sich um und ist beruhigt, dass die Stuhlreihe mit Monitoren hinter ihm wirklich leer ist. Er stellt den Monitor auf die unterste Helligkeitsstufe. Dann tippt er noch eine geschlagene halbe Stunde mit schwitzigen Fingerkuppen weiter.

Die KI auf dem Bildschirm nennt sich für ihn jetzt Sarah.

 

Das werden maximal 6 Punkte in Chemie. Das wird knapp, denkt Justin und schlurft durch die Küche zum Kühlschrank.

Chor, aus einer Wolke heraus:

»Lernt der überhaupt noch?« (O-Ton Vater zur Mutter)

»Er hat schon Augenringe, der arme.« (O-Ton Mutter)

»Wahrscheinlich ist sein Rückenmark schon wässrig vom vielen Wichsen.« (O-Ton Vater)

»Nun lass ihn doch.« (O-Ton Mutter)

»Wer ist Sarah? Ich hab noch keine Sarah hier gesehen.« (O-Ton Vater)

»Wahrscheinlich aus dem Internet.« (O-Ton Mutter)

»Er soll sich eine Wohnung suchen.« (O-Ton Vater)

»Aber erst nach dem Praktikum.« (O-Ton Mutter, erschreckt)

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

23.11.2024 um 11:46 Uhr

Die Geschichte liest sich wie ein Theaterstück und ich hatte das Gefühl, ich säße in der ersten Reihe. Manchmal etwas verwirrend, aber der Faden ließ sich immer wieder auflesen. 😋

 

Mir hat das gefallen, vor allem auch die hartnäckigen Protas mit ihren eigenen Profilen, bis zuletzt. Ich hoffe, die Welt geht nicht an KI unter, aber sicher bin ich mir da nicht so.

 

Grüße

Naira

Zu diesem Beitrag im Forum.

08.02.2024 um 04:36 Uhr

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Robert S

Autor.

11.11.2023 um 04:41 Uhr

geändert am 11.11.2023 um 05:41 Uhr

Deine Geschichte ist für mich wie die Beschreibung einer Geschichte. Ich habe gleichsam Drehbuch und Handlungsablauf gelesen, die dennoch eine Geschichte sind und so auf mich als Leser wirkten. Deine Geschichte  habe ich wie ein Zuschauer im Theater empfunden, sichtbar, wie ein gut gespieltes Stück. Das Thema  der KI macht mir Sorge. Nach deinem Text kann ich weiter darüber nachdenken. Vielen Dank, für die Karte, den guten Zuschauerplatz, ich war sehr gern dabei.

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hexlein

Autorin.

10.11.2023 um 14:57 Uhr

9. Ein Ende

 

Lieber Nachtasou,

 

und was wäre mit Ende Nummer zwei, drei oder mehr?

 

Eine Geschichte, in die ich mich erst einmal einlesen musste.

Ganz so einfach doch nicht zu verstehen zunächst, aber doch mit feinsinnigem Humor.

 

Was ich schade finde ist, dass Sarah so mit sich selbst hadert. 

 

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10.11.2023 um 03:24 Uhr

Hm… ein überraschender Ansatz für eine Geschichte. Durch die „Verwendung“ von KI sogar sehr zeitgenössisch… ich hab geschmunzelt beim Lesen. Danke fürs Teilhaben lassen.

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Diedie Nerin

Autorin.

06.11.2023 um 23:52 Uhr

ki - kreativ und intelligent. selten so breit grinsend eine bdsm-story verschlungen. dazu noch der chor - grandios!

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Noras Marie

Profil unsichtbar.

06.11.2023 um 03:21 Uhr

geändert am 06.11.2023 um 07:59 Uhr

Lieber Herr @Nachtasou:!

Das ist Punk von der feinsten Sorte. Maid of Ace könnten eine Oper daraus machen. Echt fett!

(Justin und Sarah sind eins der nettesten Paare die mir hier untergekommen sind.)

Ganz ganz tolle Geschichte. 

Dankeschön!

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Meister Y

Autor. Förderer.

05.11.2023 um 15:44 Uhr

Lieber Nachtasou, echt jetzt? Ist das wirklich Dein Ernst?

Ich habe die Zeilen jetzt drei mal gelesen und bin immer wieder neu verwirrt. Nur eines wundert mich nicht, das Ende. Das droht uns wohl, wenn wir die Welt der KI überlassen, genau so wie uns droht, dass wir Texte lesen, die wir nicht verstehen . Oder vielleicht doch ...

Auf alle Fälle lasse ich jetzt die Finger davon, irgendeine KI nach BDSM zu fragen oder ihr etwas über meine Vorstellungen zu erzählen. Sonst habe ich vielleicht irgendwann ein Date.

 

Fazit: Brilliant!

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Leo Me

Autorin.

05.11.2023 um 12:37 Uhr

Immer wieder Verwirrung. Immer wieder Fehlleitung. Zu keinem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, den Text zu beherrschen. Immer hat er mich beherrscht.

Danke für dieses Kunstwerk.

Leo Me

Zu diesem Beitrag im Forum.

Gasandra

Förderer.

03.11.2023 um 18:49 Uhr

Meine Gedanken beim lesen der Geschichte ? Völlig verwirrt, dann völlig erheitert und am Ende begeistert. Muss mal schauen wie dieses KI funktioniert, lach.

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