Du hast den Rohrstock gewählt, weil du ihn fürchtest, und die Augenbinde, weil du dich mit ihr zurückziehen kannst. Lege Beides wieder zurück. Denn ich erwarte von dir, dass du heute ganz bei mir bist. Und die Aufgabe, die ich für vorgesehen habe, benötigt keine Belohnung und keine Bestrafung.
David ließ Leonie nicht eine Sekunde aus den Augen. Er hatte ihr befohlen, die Augen zu schließen und zu warten. David ging vor ihr auf und ab. Er sagte noch kein Wort, beobachtete nur. Er ließ die Zeit verstreichen und wusste genau, dass die Minuten für Leonie wie zäher Honig dahin tropften.
Er richtete ein Tablett her, auf dem er die verschiedensten Schlagwerkzeuge sowie eine Augenbinde und einen Knebel ausbreitete.
»Leonie, öffne deine Lider und schau mich an. Nur mich! Ich will deine Augen sehen und deine Augen sollen nur mich sehen. Hast du mich verstanden?«
Er beobachtete, wie ihre Lider erst leicht flatterten und sich dann ihre blauen Augen, schimmernd wie Bergseen, auf ihn richteten. Er musste höllisch aufpassen, dass er nicht aus seiner Rolle fiel. Am liebsten wollte er sie mit seinen Armen umschlingen und nie wieder loslassen. Aber das war jetzt nicht der richtige Augenblick.
»Ja, ich habe verstanden, Sir.«
»Wann solltest du heute hier bei mir erscheinen?«
Er beobachtete, wie sich ihre Augenbrauen zusammenschoben und sie heftig schluckte.
»Um 18:00 Uhr, Sir.«
»Wann hast du, wie befohlen, geläutet?«
»Um 18:17 Uhr, Sir, aber ...«
Ein Blick von Leonie in die blitzenden Augen ihres Herrn ließen sie verstummen.
»Also warst du 17 Minuten zu spät! Merke dir diese Zahl!«
Liebe versetzt bekanntermaßen Berge, Liebe kann Grenzen verschieben, manchmal braucht es aber mehr, nämlich Geduld. Hier durfte ich nun von einem einfühlsamen David lesen, der einen Versuch unternommen hat, eine Grenze zu verschieben und am Ende gar verspricht, sie dauerhaft zu respektieren. Dabei tritt die Verfehlung, ob nun selbst verschuldet oder nicht, völlig in den Hintergrund, wird zu einem Zeitmaß, zu mehr nicht.
Nicht nur David sollte stolz sein, nein auch Leonie. Sogar aus zwei Gründen. Zuerst, weil sie es tatsächlich versucht hat und, weil sie ihr Safeword nutzte, nicht Scham und Angst die Oberhand gewinnen ließ.
Danke für eine kleine, feine, wirklich liebevolle Geschichte!