Ich habe mir beim Lesen der Geschichte eine Nackenverspannung zugezogen. Weil ich mich bis zum letzten Satz nicht mehr bewegt habe. Ich war wohl gebannt. In einem Spiegelkabinett war ich noch nie gewesen.
Die Geschichte wird getragen durch die Wahl des Ortes, dem Du so viele Möglichkeiten entlockst, dass es mir als Leser wohl wie der Frau geht: subjektiv vergeht viel Zeit. Eine eigene Zeitachse aufzumachen in einem Text, die beim Lesen spürbar wird, ist etwas Besonderes, meine ich. Und ein Drittes noch: in der Geschichte baut sich eine eigene Atmosphäre auf über das vielfältige Erleben.
Eine Abkehr vom Herkömmlichen ist, dass die Hauptperson kein Ziel i.e.S. verfolgt; sie muss ja nur rausfinden, und wirkliche Gefahrenmomente bestehen nicht. Dennoch: Es baut sich etwas auf, weil sich die Frau wirklich einlässt auf diese Anforderungen an die Sinne und auf die verzerrte Welt. Als Leser habe ich die Wahl, ob ich das mitmache. Wenn ja, ist die Geschichte voller Stimmung.
Leider verwechselt man in der Belletristik zunehmend Stimmung mit Spannung. Das wird mir an Deiner „kleinen Heldenreise“ wieder mal bewusst. Keine Plotpoints, kein Minidrehbuch, sondern einfach sinnliches, wiederholendes, und – wie das Leben auch – „sinnloses“ Empfinden und Staunen. Mehr Lyrik als Epik. Mir gefällt ausnahmsweise an Deiner Geschichte, dass sich die Protagonistin selbst jeglicher Deutungshilfen enthält. Die Metaphorik ist reichhaltig genug.
Du kannst sicher genauso Gedichte schreiben, Alma. Ich habe mich gefreut, auf diese Geschichte gestoßen worden zu sein.