Entschlossen packte sie sein Haar und zog ihn mit einem Ruck vom Sofa. Erschreckt von der eigenen Courage sah sie auf ihn. Er rieb sich das Steißbein und verbiss sich offensichtlich das Jammern. Tapfer. Er war tapfer. Das ärgerte sie.
„Was willst du denn? Was soll ich machen, Schatz?“, fragte sie gewohnt dienstbeflissen.
„Muss ich immer was wollen wollen?“
„Hä? Das ist doch unser Ding. Du willst, ich machs.“
„Ich will mich aber auch mal nur gewollt fühlen und nichts machen.“
Der Satz drückte Bedürftigkeit aus. Sie war bestürzt. Denn Bedürftigkeit war in ihrem Wertesystem eng an den Ekel geschmiegt. Erwartungsvoll sah er sie an. Sein selbstgerechtes Lümmeln veränderte sich merklich. Die Knie wanderten zusammen, er setzte sich aufrechter aufs Sofa, senkte den Kopf und setzte einen Lady-Di-Blick auf. So von unten nach oben.
„Hör auf, mich so treudoof anzuglotzen!“, kreischte sie und klatschte ihm ein Sofakissen ins Gesicht.
„Das ist ein guter Anfang, ja, zeigs mir.“
„Du bist ein Arsch, jetzt hör doch auf mit dem Scheiß!“ Wütend hockte sie sich auf seinen Schoß und fing an, ihm unbeholfen auf den Brustkorb zu hauen. So kleine Mädchenschläge, ein bisschen hysterisch und ungezielt. Er ließ sie gewähren und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
„Jetzt hör aber auf zu lachen. Du musst mich schon ernst nehmen.“
„Wie soll ich so`n Gehampel ernst nehmen?“, fragte er lachend.
Sie fühlte sich in der Schwebe. Spürte die Erwartung, die in der Luft hing, ihre Ahnungslosigkeit, wie es weiter gehen sollte, ein bisschen Wut und den Wunsch, es ihm recht zu machen.
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Kommentare von Leserinnen und Lesern
Gelöscht.
26.10.2022 um 13:59 Uhr
Welch ein Glücksfall für ihn. Ähnlich bin ich vor rund 50 Jahren in eine Dreierbeziehung geschlittert. die ich dann ca 9 Monate auskosten konnte (er bi sowie dom/sad, sie seine Sub und ich wurde ihr auch unterstellt)!
Ich habe hier nicht die Bedürftigkeit beispielsweise eines Kindes oder eines Menschen in Not gesehen, sondern eher so eine Jetzt-will-ich-auch-mal-Bedürftigkeit mit Tendenz zum Gejammer.
Ich wusste nicht, dass das der Lady-Di-Blick ist. Aber dieser Gesichtsausdruck so von unten herauf würde, müsste ich ihn bei meinem Eheherrn ertragen, auch in mir Aggressionen auslösen.
Man muss aber nicht alles nachvollziehen können. Wie so oft habe ich mich hier einfach am Text erfreut, der erfrischend unkompliziert daherkommt und, auch wenn es nicht gewollt ist, manches über die Beziehung verrät. Freilich nichts, womit ich nicht leben könnte.
Den Bezug zwischen Bedürftigkeit und Ekel kann ich irgendwo auch nachvollziehen, wobei ich Ekel durch Unbehagen ersetzen würde und zudem meine, dass das hier auch situationsbezogen ist.
Sprachlich ist der Text richtig gut, ich sehe die vielbeschworene Einheit von Inhalt und Form.
Schöne Geschichte zum Thema Rollentausch und für jeden Nicht Switcher gut nachvollziehbar. Der Wunsch zum Tausch ist nachvollziehbar und der Wunsch zurück ebenso.