Lanika:
Ich danke für Deine Überlegungen am Beispiel meiner Geschichte. Ich versuche ein paar Gedanken.
Das Schreiben von BDSM-Geschichten empfinde ich als gelebtes Kopfkino, real mit sexuell unverzerrtem Geiste nur ansatzweise umsetzbar. Ich würde mich einweisen lassen, wäre ich eine Figur aus meinem Geschichtenband, den ich auf den Schattenzeilen bewerben darf.
Wahrscheinlich heißt das Zauberwort der Kurzgeschichte nicht Wahrheit, nicht Anspruch an Erwartungshaltungen, sondern „Authentizität“.
Ich nehme ein Beispiel. Lem schrieb Utopie, Sternenstaub. Alles Unfung. Anspruch hat er in seine Figuren gepackt, Wahrheit aus seinem Kopf, seiner Moral, seiner Fantasie gezogen, und trotz aller Fiktion wirken seine Geschichten authentisch. Du bringst es auf den Punkt. Ich muss mich als Leser mit der Hauptfigur der Kurzgeschichte identifizieren können, in sie einsteigen. Vielleicht ist das schon die halbe Arbeit.
In Kurzgeschichten sollte alles möglich sein, auch die Umkehr von Machtverhältnissen, auch zum Ende des 19. Jahrhunderts. Warum auch nicht? Schauen wir zur Tochter des Hoftrompeters Enke und Friedrich Wilhelm des Zweiten Ende des 18. Jahrhunderts.
Du bringst eine gute Definition. Die lerne ich auswendig.
„Tabus, Absprachen, Vorstellungen von Monogamie können in der Fiktion einfach weggelassen werden. Man muss sie nicht thematisieren und damit die fiktiven Figuren an dem, was man real erwarten würde, auch nicht messen. Es kann härter werden, als man sich das je in der Realität antun würde.“
Deine Frage im Anschluss, wie weit Austauschbarkeit des SM-Partners, SM und Verleih gehen können, liegt, real gelebt, immer bei beiden Partnern und ihrem gemeinsamen Konsens. Es gibt eine Ausnahme. Schreibe ich eine Geschichte, bin ich allein. Also mache ich es mit mir aus, überdrehe dabei entsprechend meines Plots, auch um Wirkung zu steigern.
Ich lege noch eine These nach. Vielleicht würde Uwe Johnson heute noch als alter Mann mit noch größeren Geschenken an uns leben, hätte er sich krachende Kurzgeschichten geleistet, nur so, zur Entspannung.
Lanika, hast mich ins Nachdenken gebracht. Dank Dir, lieber Gruß, Gregor.