Petra Neufert legte Wert auf Anonymität. Niemand aus den Kreisen des Internets kannte ihren wirklichen Namen. Man sah sie auf keinen Fotos, hörte nie ihre Stimme. Details aus ihrem Privatleben plauderte sie selbst in den lockersten Chats nicht aus. Sie wunderte sich häufig, wie leicht andere Menschen ihre Intimitäten in die Öffentlichkeit trugen. Diese Menschen wirkten auf Petra wie Getriebene, geil auf ungewöhnliche Spielarten der Liebe. Doch wer Nacht für Nacht im Internet saß, bediente meist nur sein Kopfkino. Handlungen blieben aus.
Jeder Mensch, so dachte Petra, suchte einen Ausgleich zu seinem Alltag. Frauen und Männer zeigten sich am Laptop dominant oder submissiv, saßen dabei aber auf ihrem Sessel daheim, meist nahe bei ihrem fernsehenden Partner.
Neben den harmlos Suchenden gab es Sammler von Daten. Sie versuchten, zu kompromittieren, übten sich in kleinen Erpressungen.
Petra Neufert blieb äußerst vorsichtig. Niemand aus dem Internet kannte sie. Als Moderatorin eines regionalen Radiosenders hielt sie ihr privates Hobby streng geheim. Selbst vor ihren beiden submissiven Freunden verbarg sie ihren Namen. Keinen Rückschluss ließ sie auf die Adresse ihrer Jugendstilwohnung in besserer Gegend Berlins zu. Ihr Ehemann, die zwei Kinder und der Hund hatten niemanden zu interessieren.
Keiner ahnte, dass Frau Neufert häufig an ihre beiden Bekannten, an Enno und Sven aus der Chatgruppe dachte, wenn sie ihren Hund ausführte.
Nach und nach hatte Petra die beiden Männer aus ihrem Kopfkino heraus in die Wirklichkeit gezogen. Sven traf sie das erste Mal vor drei Jahren, Enno vor acht Monaten. Beide Männer gehorchten ihr, täglich im Internet, real bei den seltenen Treffen.
Petra Neufert liebte die Kraft des Willens, der Stimme. Wirkliche Macht beruhte niemals auf der Stärke des Körpers. Beide Männer hatten sich in ihrem Wunsch nach weiblicher Dominanz geöffnet. Das war eine gute Voraussetzung, aber nur ein erster Schritt. Beide Männer hatten genaue Vorstellungen, Wünsche, Tabus. Diese Wünsche kannte Petra Neufert. Sie nutzte devote männliche Neigungen nicht nur für ihre Befriedigung. Das reichte Petra nicht. Erst wenn ein Mann das tat, was sie wünschte, wenn sein Wille keine Rolle mehr spielte, hatte sie gewonnen. Ab diesem Moment konnte sie den unterworfenen Mann sogar lieben.
Sie mochte Blicke voller Scham, Zweifel und Unsicherheit, die Wehrlosigkeit eines Mannes. Sein Wille, ihr zu dienen, schafften die Voraussetzung für ihre Liebe. Wenn Gesten einen Mann dirigierten, wenn ihr Spielzeug ohne die Androhung von Strafen gehorchte, sie keinesfalls enttäuschen wollte, wurde er genau zu dem Menschen, den sie wollte. Dann war er ihr Kunstwerk, von ihr geschaffen. Konnte sie einen Mann formen, steuern, ihn hörig machen, dann erst liebte sie ihn auf ihre Art. Er wurde zu ihrem Eigentum, ihrer Schöpfung und bekam seinen Platz. Er wurde wie ein gehorsames Haustier, groß, aber vor ihr klein, beherrschbar, zu ihren Füßen liegend.
Lange hatte Petra Neufert auf einen außergewöhnlichen Tag hingearbeitet. Ein sanfter, prickelnder Strom aus Energie und Wärme pulsierte in ihrem Bauch. Sie spürte ihren Puls bis in den Hals, fühlte im Kopf eine nie dagewesene Weite. Sie flog bei dem Gedanken daran, was sie heute erleben würde.
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