Für mich stand der entscheidende Satz nicht einmal im Ausgangsposting, sondern in Campanula Nachschlag:
„Dieser Text - er wollte unbedingt in Gedichtform gegossen werden, weiß der Himmel, warum.“
Wenn weder die Autorin selbst, noch der Himmel die Antwort auf die Frage weiß, warum eine Prosafetischistin, und keine Jüngerin Eratos´, sich für diese Form entscheidet, schreit die Warum-Frage desto lauter.
Um gut oder böse geht es ja gar nicht. Sondern: „Manchmal ist der Moment, in dem ein Wunschtraum sich zu erfüllen droht, furchteinflösender als alles andere.“
„Solche Inseln sind lebensnotwendig, um sich im Spiel der Leidenschaft nicht völlig aufzulösen.“
Die Angst vor der Auflösung des Ichs ist uns als Kreatur eingebaut, und es gibt keinen Weg daran vorbei. Das begegnet in guten Zeiten in der Sexualität, in schlechten Zeiten geht´s um die gesamte Existenz; zum Beispiel bei Krankheit oder unbarmherzig fortschreitendem Altern und dessen Begrenzung.
Das Zauberwort nennt : Ambivalenz. Es kann eben nicht Ziel sein, das Spagat zwischen Verschmelzung in der Liebe und Kontrollversuchen aufzulösen. Der Preis, eine eindeutige Entscheidung herbeizuführen, ist zu hoch. Sondern: einfach aushalten.
Tricky am BDSM ist, dass er diese Aufgabe auf zwei Personen aufteilt, indem er eine Rollenaufteilung vornimmt. Motto: Wenn man sich die Beine ausreißt und nebeneinander legt, hat man auch einen Spagat.
Etwas ganz anderes:
Bei „Lyrik“ begegnet man einem Reflex: Man fühlt sich ins 9. Schuljahr zurück gebeamt. Das Zerpflücken von Gedichten. Das ist aber nur die erste Reaktion. Die zweite ist: Dankbarkeit denjenigen Gegenüber, die einem die „Worte“ und „Wortbilder“ nahebrachten. Damit waren sie mit die wichtigsten und prägendsten Personen im Leben, was man aber erst spät merkt. Die „Worte“ sind´s, mit denen wir uns begreifen und andere berühren. Wovon man keinen Begriff hat, kann auch nicht begriffen werden.
Es ist keine Schande, „verzagt zu haben“ (oder zu sein). Der Versuch zählt.