Wenn ich mir manche Kommentare hier so durchlese, kommt mir das kalte Grausen.
Über diese komplette Abwesenheit von jeglicher Empathie und Respekt kann ich mich nur wundern. Der viel zitierte und meines Erachtens nach dabei häufig missbrauchte „Wunschzettel“ ist nichts anderes als die andere Seite der Medaille mit den Grenzen und Tabus.
Aber wozu reden wir eigentlich noch darüber? Über safewords und SSC/RACK? Ist doch anscheinend alles nur pillepalle und komplett unnötig, wenn, wie hier an manchen Stellen beschrieben, es dem dominanten Part doch anscheinend völlig egal ist, wie es dem submissiven Teil der Beziehung(?) in der jeweiligen Situation geht. Ich würde mich fragen, ob ich jemand mit so einer Einstellung vertrauen würde? Einem solchen Dom im Wortsinne meine Gesundheit anvertrauen könnte?
Wie würde ein völlig devoter Mensch (re-)agieren, wenn der dominante Teil alle seine Grenzen und Tabus verletzt, weil es ihm gerade gefällt? Tabus, die ihm aber schlicht egal sind, weil Sub so etwas gefälligst zu ertragen hat? Die Grenzen, die er als allwissender Dom selbstverständlich kennt, denn er kann ja hellsehen und Gedanken lesen, eine der Grundbedingungen, wenn Kommunikation seitens der Submissiven so wie geschrieben nicht gewollt. Sub hat gefälligst die Klappe zu halten.
Was würde passieren, wenn es in diesem Zusammenhang zu massiven Verletzungen kommt, psychisch oder physisch, weil sich der Dom halt mal so richtig austoben will und ihm der Zustand seines „Objektes“ dabei völlig egal ist? Wenn Bottom eben so richtig am Boden ist, weil nur das nach Ansicht Einiger der wahre Zustand, das zu erreichende Ziel ist. Was passiert bei einem möglichen Absturz mit so jemand als Gegenüber? Kann ich von so einem erwarten, dass er mich auffängt? Oder erwartet einem nur völlige Verständnislosigkeit?
Und wo letztendlich verläuft hier die Grenze zu pathologischem Sadismus?
Manche Kommentatoren maßen sich an, die eigene Einstellung zu BDSM als die einzig „richtige“ darzustellen, nur wer als Dom genauso ist wie sie, so wie beschrieben agiert, ist auch ein echter Dom. In einer absolut intoleranten Manier werden alle, die das anders sehen, daher als Weicheier, Pseudo-BDSM’ler und was weiß ich noch alles tituliert. Wer es nicht genauso sieht wie sie, kann logischerweise kein echter BDSM’ler sein.
Und die Diskussionen in dieser Richtung haben übrigens bereits dazu geführt, dass von Anfängern entschuldigenderweise gesagt wird, dass sie, weil am Anfang ihrer BDSM-Erfahrungen stehend, wohl noch Redebedarf hätten. Als wenn Kommunikation beim BDSM etwas wäre, was nur Anfänger nötig haben.
Es ist die alte Leier: statt leben und leben lassen, anstatt zu akzeptieren, dass es neben der eigenen (Vorstellungs-)Welt mit derselben Berechtigung auch noch viele andere Einstellungen gibt, nehmen sich einige wenige heraus, die (BDSM-)Weisheit gepachtet zu haben und beharren in immer derselben rechthaberischen Attitüde darauf, Vertreter der einzig wahren Dominanz (respektive Submission) zu sein.
Dass sich außerdem in diesem Zusammenhang anders agierende Doms zusätzlich noch in einer unglaublich arroganten Art und Weise herabwürdigen lassen müssen, ist dann schon fast logisch. Bleibt aber trotzdem inakzeptabel.
BDSM hat für mich, meinen Mann und die allermeisten, die ich hier kenne, etwas mit Liebe und vor allem Respekt, Hingabe und Vertrauen zu tun. Oder, in Anlehnung an Matthias T. J. Grimme: nur wenn ich merke, sehe, höre, fühle, dass sich mein submissives/masochistisches Gegenüber mir hingibt und vertraut, wenn ich weiß, dass alle meine Aktionen letztendlich zu - beiderseitiger - Befriedigung führen, dann ist es für mich wirklich gut. Nur wenn ich weiß, dass auch mein Mann letztendlich „Spaß“ an den gemeinsamen Sessions hat, ist es auch für mich erfüllend. Ich empfinde keinerlei Befriedigung dabei, einfach so draufzuschlagen oder jemand mit übelsten Beschimpfungen zu beleidigen, nur um mich abzureagieren oder es dem anderen „mal so richtig zu zeigen“. Ich fühle mich nicht besser, wenn der andere am Boden zerstört ist. Mein Selbstbewusstsein als dominanter Mensch, meine „Qualifikation“ als Top benötigt keinerlei derartigen Methoden.
Handlungen, die absolut einseitig und ausschließlich nur meiner eigenen Befriedigung dienen sollen, von denen ich im Vornherein weiß, dass mein Gegenüber, in welcher Art und Weise auch immer, nicht partizipiert, haben für mich absolut nichts mit BDSM zu tun. Das ist für mich bestenfalls nichts anderes als eine spezielle Art der Selbstbefriedigung, mit einem lebenden Menschen als (Hilfs-)Objekt.
Männer, die ausschließlich auf den eigenen Vorteil bedacht so wie beschrieben agieren, erzeugen bei mir immer den Verdacht, lediglich zu versuchen, sich damit selbst zu erhöhen.
Wenn sie das Ganze dann auch noch in herablassenden Kommentaren unter dem Deckmantel des einzig wahrhaftigen und „richtigen“ BDSM verkaufen wollen, dessen einzig echte Vertreter selbstverständlich nur (vermeintliche) Hardcore-Doms wie sie sind, dann wird es für mich völlig absurd.