Sabine und Achim sind sich uneins. Er möchte Weihnachten und Silvester verreisen, sie wünscht sich, er wäre Silvester bei ihr. Es ist unmöglich, einem Dom etwas zu befehlen, das weiß Sabine. Doch es kann sich als fatal erweisen, wenn Sub etwas strikt verweigert wird, das ihr viel bedeutet. D/S ist nun mal keine Einbahnstraße.
Sabine und Achim waren noch nicht sehr lange ein Paar. Vor drei Monaten, als sie sich das erste Mal trafen, war noch Sommer, aber bereits beim zweiten Date erzählte er ihr, dass es in seiner Familie weder Geburtstags- noch Weihnachtsgeschenke gäbe. Schließlich sei man ja erwachsen und inzwischen so weit, sich Wünsche einfach selbst zu erfüllen, ohne warten zu müssen, dass irgendein spezieller Tag kommt.
Sabine nickte, wenn auch nicht wirklich überzeugt, zu seinen Ausführungen. »Klar, kann ich mir selbst kaufen, was ich haben möchte, aber sich Gedanken zu machen, was man seinem Liebsten schenken könnte, ist auch etwas Schönes. Und selbst überrascht zu werden, natürlich auch«, dachte sie bei sich, sagte aber nichts. Stattdessen nickte sie nur und war ein wenig enttäuscht, ihm nichts unter den Baum legen zu dürfen. Wie peinlich wäre es denn, wenn sie etwas für ihn besorgt hätte, während er mit leeren Händen dastünde.
Er wäre zu Recht sauer. Nicht nur, weil es ihm vermutlich unangenehm sein dürfte, sondern vor allem, weil sie sich nicht an seine Regel gehalten hätte. Und genau das war aber der Deal zwischen ihnen - er hat das Sagen und sie gehorcht, beziehungsweise handelt entsprechend. Diese Vereinbarung sollte wesentlicher Teil ihrer Beziehung sein, so hatten sie es beide gewollt und so war es beschlossen.
Aber es kam noch schlimmer. Kaum hatte sie die Geschenklosigkeit geschluckt, kam er mit der nächsten Kröte um die Ecke. »Was ich dir noch erzählen wollte«, fing er an, »ich bin immer über Weihnachten und Silvester auf Reisen, werde also vermutlich um diese Zeit nicht da sein«.
Sabine musste sehr entsetzt ausgeschaut haben, denn er fragte beinahe verständnislos: »Wo ist denn da das Problem? Das sind doch sowieso nur Tage, wie alle anderen auch. Ich war dieses Jahr noch nicht in Urlaub und brauche dringend eine Auszeit.«
Sabine fühlte sich plötzlich, als hätte sie einen Schlag in die Magengrube bekommen. Ihr war Weihnachten nicht wirklich wichtig, aber Silvester, dieser Abend hatte für sie schon seit ihrer Kindheit eine besondere Bedeutung - man beendet das alte und beginnt das neue Jahr gemeinsam mit Menschen, die einem etwas bedeuten. Und nun sollte sie plötzlich ohne ihn feiern, nur mit ihren Freunden? Das tat weh. Und irgendwie konnte und wollte sie das gar nicht glauben.
Zögerlich fragte sie: »Sag mal, Achim, hast du wirklich all die Jahre deine Frau oder deine Partnerin wirklich über die Feiertage allein gelassen? Hat deine Familie da nichts gesagt?«
»Weißt du«, meinte er, »bei uns haben es alle nicht so mit Familienfeiern. Als ich Kind war, sind meine Eltern mit mir über die Feiertage zum Skilaufen gefahren, später meine Frau und ich mit den Kindern, und meine Mutter ist auch immer unterwegs gewesen. Das war bei uns halt so.« Dann ergänzte er. »Seit ich Single bin, gehe ich immer kurz vor Weihnachten ins Reisebüro und buche etwas für Kurzentschlossene. Keine Ahnung, wo ich dieses Jahr landen werde.«
Sabine war den Tränen nahe, wollte sich aber nichts anmerken lassen. »Achim, aber jetzt bist du doch nicht mehr Single und zudem weißt du genau, dass ich dieses Jahr nicht mitfahren könnte«, wollte sie ihm ins Gesicht brüllen, aber natürlich tat sie das nicht. Stattdessen versuchte sie, ihm in möglichst ruhigem Ton zu erklären, dass er Weihnachten gerne tun und lassen könne, was er möchte, es ihr aber wirklich wichtig sei, Silvester mit ihm zu verbringen. Sie versuchte, ihm zu erklären, was Silvester für sie bedeutet und wie schade sie es fände, wäre er an diesem Abend nicht bei ihr. Beinahe ungehalten beendete er das Gespräch und verbat sich jede weitere Diskussion.
Hallo liebe Hortensia, ich habe Deine Geschichte mit großem Interesse gelesen und mir gefiel besonders wie ehrlich Du die Gefühle von Sabine rausgearbeitet hast. Offen, direkt, aber auch mit großem Einfühlungsvermögen und trotzdem mit Biss bzw. einer gesunden Form von Selbstreflexion.
Liebe hortensia, dass sich Sabine bei so einem Tagtraum noch auf die Straße konzentrieren konnte...
Die Innenansichten, die Schmerzen, die aufbrechenden Gefühle hast Du wirklich brillant beschrieben. poet hat es schon gesagt, es geht bei D/S immer auch um die emotionale Komponente, um das Zusammengehörigkeitsgefühl um Gemeinsamkeit. Zumindest ich/wir können D/S nicht anders, auch wenn es sicherlich dominante Menschen gibt, die weniger emotional ticken.
Danke für eine wirklich tolle Geschichte zum Jahresabschluss, die ich sehr gern gelesen habe. Starte gut ins neue Jahr!
"D/S ist nun mal keine Einbahnstraße." Dieser Satz aus der Einführung sollte die Überschrift dieses tollen Textes sein. Es geht ja nicht nur um Silvester oder Weihnachten, sondern um die emotionale Ausstattung dieses Verhältnisses generell. Kann ein echtes Zusammen, egal ob sm-lich oder vanillig, funktionieren, wenn jeder nur macht, was er will , ohne emotionale Komponente? Sicher, erotisches Gekribble mag kurzzeitig helfen, wie hier sehr gut gezeigt, aber am Ende wollen Kopf und Herz doch auch mitgenommen werden und nicht nur die Gegend zwischen den Beinen. Danke für diesen Text!
Dass die Nachricht doch nur ihre Träumerei im Auto war, hast du zwar klar erklärt, es hat mich beim Lesen trotzdem ein bisschen überrumpelt. Ich weiß nicht, wie man das besser einfädeln müsste, vielleicht schon einen Hinweis, dass die Erzählerin etwas unzuverlässig ist.
So wie du es hier beschrieben hast, hat mich das etwas aus der Geschichte geworfen.
Oh Je ich war wohl noch so früh am Morgen.
Dank Obscurius Optissimus musste ich doch noch mal deine Geschichte Lesen hortensia und ja es war mein Fehler . Ich hatte es tatsächlich überlesen das es ein Traum war von ihr das er am 30ten wieder zurück kommt.
Deine Geschichte hat was. Mir gefällt der innere Kampf, den deine Protagonistin führt.
Sie hat klare Bedürfnisse. Versteht sich als Sub, gesteht sich deshalb nicht ein, diese Wünsche klar fordern zu wollen und schmort und schmollt dann lieber vor sich hin und hat gedanklich schon mit Achim abgerechnet, während er wahrscheinlich entspannt auf einer Liege an Strand liegt.
Ich glaube, so eine Dynamik ist sehr typisch. Ich habe zu solchen Szenarien bisher auch noch kein Urteil gebildet.
Es ist ja sein gutes Recht, seine Freizeit so zu gestalten, wie er es will. Vor allem nach gerade einmal einen halben Jahr Beziehung, kann sie doch nicht erwarten, dass er seine Pläne so grundsätzlich für sie ändert.
Genauso glaube ich, dass sie sich genau deshalb so in ihrer Unzufriedenheit verrennt, weil sie sich nicht erlaubt, ihre Bedürfnisse zu kommunizieren.
Wirklich cool umgesetzt. Danke dafür.
Dass die Nachricht doch nur ihre Träumerei im Auto war, hast du zwar klar erklärt, es hat mich beim Lesen trotzdem ein bisschen überrumpelt. Ich weiß nicht, wie man das besser einfädeln müsste, vielleicht schon einen Hinweis, dass die Erzählerin etwas unzuverlässig ist.
So wie du es hier beschrieben hast, hat mich das etwas aus der Geschichte geworfen.
Ich fand das Gespräch, bzw die Gedanken der beiden Protagonisten über Weihnachten und Silvester irgendwie lustig und spannend. Ja so ist das wenn sich zwei Menschen sich annähern. Erwartungen mit den eigenen Wünschen kollidieren.
Ich fand es sehr spannend das Du dann nach der Nachricht von Achim bezüglich dem 30.12 aus der Vergangenheit erzählt hast. Auch was Achim und Sabine dachte und fühlte.
Was mich aber nachdenklich machte, ist das Sabine am Ende der Geschichte davon ausgeht Silvester alleine zu bleiben obwohl sie ihn ja vom Flughafen abholen sollte.
Ich fand deine Geschichte toll und auch irgendwie spannend.
Es ist schön wie Sabine innerlich, zornig war auf Achim und dennoch auch zurückhaltend reagierte.