Die Geschichte wirkt auf mich im ersten Moment mitreißend, und geil. Allerdings bleibt einiges ungeklärt. Wir erfahren, dass sie ihn in der Vergangenheit mehrfach und über längere Zeit massiv verletzt haben soll. Hmm, dazu gehören immer zwei. Er hat sich eben auch verletzen lassen, anstatt eine so unerfreuliche Beziehung zu beenden. Natürlich gibt es Beziehungen, in denen man sich schlecht behandeln lässt, weil man nicht loskommt, in gewisser Weise abhängig ist. Das spräche eher für einen submissiv geprägten Mann (mit Selbstwertproblemen oder anderen seelischen Verletzungen), der sich von einem "Blauen Engel" verbrennen lässt. und nicht für einen Mann, der so einiges SM-Equipment in seinem Wohnzimmer vorrätig hält, scheinbar um es öfter mal zu benutzen.
Worüber wir gar nichts erfahren, ist die interessante Frage, was in ihrem Leben passiert ist, dass sie nun alles in einem völlig neuen Licht betrachten kann, sehen kann, wie sehr sie ihn verletzt hat und dies nun bedauern und bereuen kann. Aber das würde den Rahmen der Geschichte sprengen und darf in einer Kurzgeschichte sicher auch unerwähnt bleiben, wenn die Geschichte in sich stimmig ist.
Wieso sinkt sie nach der Entschuldigung auf die Knie? Das passt an der Stelle für mich nicht. Eine ehrlich vorgebrachte Entschuldigung wäre für mich im Stehen oder Sitzen glaubwürdiger.
Die letzte Ungereimtheit ist für mich, dass ein BDSM-erfahrener Mann seinen Zorn und Schmerz ausraucht, indem er die Protagonistin, die bisher offensichtlich nicht in diese Richtung orientiert ist, malträtiert. Geht für mich gar nicht und spräche, wenn es wirklich passierte, für einen gefährlichen Mann, den man am besten schnell weit hinter sich lässt.
Also alles in allem: Von der psychologischen Warte aus gesehen quietscht die Geschichte arg und bekommt von mir die Bewertung: anregend, ansonsten eher schwach.
Ich mag lieber Geschichten, die sich komplett auf BDSM-Terrain, mit ebensolchen Regeln bewegen, oder aber Geschichten, wo aus dem Kontext hervorgeht, dass es sich dabei um eine ganz andere Beziehungsform dreht. Wenn dann uneinvernehmliche Gewalt eine Rolle spielt, möchte ich (wenigstens andeutungsweise) gerne erfahren, wie es dazu kommt und wo die seelischen Verletzungen der Protagonisten liegen. Eine Mischform aus beiden Varianten hat vielleicht im ersten Moment eine anmachende Wirkung auf mich, dann bin ich aber irritiert, weil es einfach nicht "passt" und im "Abgang" hat eine solche Geschichte für mich einen faden Nachgeschmack.