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Diese Geschichte erreichte den fünften Platz im Schreibwettbewerb »Blindflug«. (»Schreibwettbewerb: Blindflug«).
»Ich freue mich über Ihren Besuch, Frau Ina. Weißwein, Rose oder Rotwein?«
»Wasser und von dem Single Malt auf der Anrichte. Bitte nur, wenn es keine Mühe macht. Waren wir nicht schon beim Du?«
»Ich habe es verdrängt, Frau Ina. In geschäftlichen Dingen sollte das Sie verwendet werden. Erst recht bei gescheiterten Geschäften.«
»Also gut, Herr Franz. Ich gehe nicht davon aus, dass Sie mich für das Scheitern Ihrer Beziehung verantwortlich machen. Worum geht es Ihnen?«
»Es ehrt Sie, dass Sie meiner Bitte nach einem Treffen gefolgt sind, Frau Ina. Natürlich sind Sie verantwortlich. Von Ihnen kam der Vorschlag, Sie haben die Sache begleitet und auch noch einen erheblichen Profit aus der Session mit Claudia gezogen.«
»Ja, Herr Franz, habe ich. Doch das ist meine Sache. Haben Sie vergessen, dass ich Ihnen finanziell entgegengekommen bin? Wie viel zahlten Sie? Soweit ich mich erinnere, keinen Cent.«
»Ich habe enorm viel bezahlt. Claudia ist weg. Auf uns, Frau Ina.«
»Danke. Auf uns. Ihre junge Freundin hat ihr Studium beendet. Ein Sugardaddy ist für sie nicht mehr erforderlich.«
»Das verbitte ich mir. Sie war glücklich. Was hatten wir für Sessions! Das war wie Fliegen, frei, umfassend erfüllend, befriedigend, das Beste, was uns passieren konnte.«
»Wie alt sind Sie, Herr Franz? Wie alt ist Claudia?«
»Das spielt keine Rolle. Sie hat mich geliebt, wie ich sie. Wir waren glücklich.«
»Sie sind siebenundfünfzig, Claudia ist sechsundzwanzig. Das sind drei Stufen, Herr Franz. Eine Stufe sind zehn Jahre, im Altersunterschied kein Problem. Zwei Stufen sind bedenklich, drei unmöglich.«
»Sie hatte alles bei mir, Frau Ina. Eigenes Appartement in meinem Haus, Essen frei, einen Kleinwagen. Besser ging es nicht.«
»Im Gegenzug stand Ihnen eine junge Partnerin zur Verfügung, Herr Franz. Für einen älteren Dom sind Sessions mit einer frischen, knackigen Sub wie ein Jungbrunnen. Kommt noch eine Pille Sildenafil dazu, ist das Glück perfekt. Damit werden Sie Ihr Alter bei Claudia überspielt haben. Täusche ich mich?«
»Sie lenken von Ihrer Verantwortung für das Scheitern meiner Beziehung mit Schlägen unter der Gürtellinie ab, Frau Ina.«
»Soweit sind wir nicht, Herr Franz, es sei denn, Sie wünschen es. Denken Sie in diesem Fall daran, dass ich finanzielle Interessen habe.«
»Sie können sich nicht vorstellen, was ich gern mit Ihnen tun würde. Noch einen Whisky?«
»Gern. Und nehmen Sie es nicht persönlich. Beziehungen scheitern.«
»Sie waren dabei, Frau Ina! Sie haben Claudia die ganze Zeit begleitet auf diesem Junggesellenabschied. Sie hätten Einfluss nehmen können.«
»Das habe ich. Die gesamte Zeit über war ich bei ihr. Es ging um die Erfüllung von Claudias Fantasie. Sie hat bekommen, was sie wollte. Vergessen Sie nicht, Herr Franz, ich habe Claudia zu Ihnen zurückgebracht. An meinem Job gibt es nichts auszusetzen. Ihre Sub ist, Sie sagten es selbst, zwei Wochen nach ihrer Rückkehr ausgezogen. Zwei Wochen nach Abschluss meines Jobs hat sie Sie verlassen.«
»Erzählen Sie mir von der Fahrt.«
»Hat Claudia das nicht getan, Herr Franz? Ich muss mich wundern.«
»Vergessen Sie es. Es war ein Fehler, dass ich Sie eingeladen hatte. Es gibt für mich weder Erklärung noch Klarheit.«
»Ich habe es Ihnen erklärt, Herr Franz. Hören Sie nicht zu? Es ist der Altersunterschied. Dreißig Jahre sind drei Stufen. Es mag nett sein für eine devote junge Frau mit einem bedeutend älteren Mann. Aber nur für eine bestimmte Zeit. Und bitte, weshalb hatte Claudia diese Fantasie? Nackt, gefesselt, eine Maske über Augen und Ohren, mehrere Männer, mehrere Tage. Weshalb wollte sie nach Abschluss ihres Studiums eine so kräftige, lange Session, wenn sie bei Ihnen zufrieden war?«
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