Ist es leicht, sich fallen zu lassen, während man an einen Baum gefesselt, gestreckt und durch ein Korsett geschnürt mitten in der Natur steht? Wie empfindet man, wenn eine lang gehegte Fantasie in diesem Umfeld zur Realität wird? Stellt man sich diese Fragen überhaupt, während man völlig ausgefüllt seinen Empfindungen folgt?
Die Sonne scheint durch das dichte Grün über uns und zaubert ein Lichtspiel auf den Waldweg unter uns. Der Wind streicht sanft durch die Baumwipfel, hin und wieder ist ein Vogel zu hören. Wir haben uns einen Tag unter der Woche frei genommen und sind zu einem recht unbekannten, kleineren Berg der bayrischen Alpen gefahren. Einfach mal einen Tag ausspannen und diesen gemeinsam verbringen. Nachdem die restliche Nation arbeiten muss, kommen uns nur selten vereinzelte Wanderer entgegen.
Wir beide genießen die angenehme Stimmung, gehen Hand in Hand langsam den Berg hinauf.
Ich fühle mich sehr wohl, genieße seine Nähe. Ein Gespräch ist nicht nötig. Ich genieße auch die Stille, das Gefühl, einfach zusammen zu gehören. Mit einem Lächeln auf den Lippen gehe ich an seiner Seite durch den Wald, freue mich, dass er diesen Weg ausgesucht hat und fühle mich sehr aufgehoben.
Plötzlich zieht er mich an meiner Hand vom ausgetretenen Weg hinunter auf einen kaum sichtbaren Trampelpfad. "Aber wo willst du denn hin?" frage ich mit leicht entrüstetem Unterton, da ich den Weg nicht verlassen will, auf dem ich mich gerade so wohl gefühlt hatte.
"Pssst" ist alles, was ich von ihm zu hören bekomme.
"Aber..." setze ich gerade wieder an, als er mir einen Blick zuwirft, der mich spontan zum Verstummen bringt.
Schlagartig wird mir klar, wen ich nun an meiner Hand spüre. Wie schon so oft hat er sich von einer Minute auf die andere von meinem Freund in meinen Dom verwandelt. Dieses Gefühl aus einer Mischung von Erregung, Spannung, Angst vor dem Ungewissen und aber auch eine gewisse Unlust machen sich in mir breit. Denn eigentlich bin ich doch gar nicht in der Stimmung, habe es gerade so genossen, einfach nur an seiner Seite durch den Wald zu wandern. Außerdem kennt er doch meine Meinung zu Outdoor-Spielen. Ich habe einfach immer Angst, mich dann nicht fallen lassen zu können, wegen der ständigen Gefahr, dabei entdeckt werden zu können.
Aber ich wage es nicht, weiteren Protest von mir zu geben. Sein Blick hat mir zu verstehen gegeben, dass mir das nicht gut tun würde.
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